Es gibt keinen islamischen Antisemitismus

13.02.2018
Von Murat Gürol, Wien
Wer vom schwarzen Rassismus gegen Weiße sprach, versuchte die Apartheid zu rechtfertigen

Canan Yasar, Bundesvorsitzende der MJÖ, geht mit ihrer Verlautbarung, MuslimInnen seien nur für einen Teil antisemitischer Vorfälle verantwortlich, in die Offensive: die MJÖ sei bereit, sich kritisch mit Antisemitismus in den muslimischen Reihen auseinanderzusetzen. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180124_OTS0054/mjoe-startet-ka...

Damit zielt Yasar offensichtlich auf das nichtmuslimische Publikum. Unter MuslimInnen stößt so ein Vorstoß dann schon eher auf Unverständnis oder gar auf Empörung, setzt diese Ankündigung doch schon voraus, dass man die Anschuldigung des Antisemitismus implizit annimmt. Und so entspreche die aliquote Aufteilung antisemitischer Übergriffe zwischen NichtmuslimInnen und MuslimInnen den gesellschaftlichen Anteilen zwischen NichtmuslimInnen und MuslimInnen. Die Message ist klar: MuslimInnen seien nicht mehr und nicht minder antisemitisch wie die Mehrheitsgesellschaft.

Eine kleine Auseinandersetzung mit dem Begriff des Antisemitismus als eine Form des Rassismus hätte hier schon gereicht, um die Absurdität dieser impliziten Selbstzuschreibung zu erkennen; dass der Antisemitismus ein weißer Rassismus ist, dass er sich gegen als kulturfremd wahrgenommene JüdInnen gerichtet hat. Und dass Antisemitismus sich gegen alle Semiten richtet, JüdInnen und AraberInnen, solange sie orientalisch genug sind, kulturell ausgegrenzt zu werden. Dass MuslimInnen aufgrund ihrer semitischen Religion und orientalischen Kultur ausgegrenzt werden, alle Kritierien von Antisemitismus erfüllt. Dass auch heute orientalische JüdInnen unter dem Antisemitismus der weißen JüdInnen zu leiden haben.

Weiters hätte Frau Yasar erkennen können, dass der Antisemitismus als europäisches Phänomen aufgrund religiöser und ideologischer Rationalisierung ein spezifisch europäisches Phänomen ist, das mit dem Antizionismus der MuslimInnen nichts zu tun hat. Sie hätte die Anti-Apartheid-Bewegung der Achtzigerjahre in Südafrika antiburisch nennen können, nur um eine weit entfernte Analogie als Gedankenhilfe zu konstruieren; um dann vielleicht zu erkennen, dass ein legitimer Widerstand in Palästina sich natürlich gegen die Oppressoren richtet. Auch in seiner Rhetorik.

Das alles hat die MJÖ nicht getan.

Stattdessen "solidarisiert" sie sich im Antisemitismus mit den weißen Herren, schlüpft in die Rolle der "good muslims", die sich ja so kritisch mit sich selbst auseinandersetzen, um elegant auf die aufklärungsbedürftigen "bad muslims" zu zeigen. Und um so vielleicht ein bisschen wenigstens selbst weiß zu scheinen.

Verweise