Kritik an Vertreibung und Kolonialismus muss erlaubt bleiben!

Boykott von Apartheid ist ein demokratisches Recht
Details
Date: 
Mittwoch, 22. Januar 2020 - 16:30
City: 
Wien
1010 Wien, Stephansplatz
Kundgebung 22.1.2020, Wien

Redner und Rednerinnen:

 

Bernhard Heitz, Bischof der Altkatholischen Kirche (emer.)

 

·       Stefan Grasgruber-Kerl, entwicklungspolitischer Aktivist und Sektionsvorsitzender SPÖ

·       Christl Meyer, Frauen in Schwarz Wien

·       Imad Garbaya, Antiimperialistische Koordination (AIK)

·       Franz Sölkner, Steirische Friedensplattform

·       Boris Lechthaler, Solidarwerkstatt Österreich

·       Rula Al Harbi, Palästinensische Ärzte und Apotheker Vereinigung Österreich (PAAV), Handala

·       Fritz Weber, evangelikaler Antizionist

·       Iman Elghonemi, BDS Österreich

·       Dar al Janub

·       Koordinationsforum zur Unterstützung Palästinas

·       Antifaschistische Aktion Wien

 

Etwas Ungeheuerliches ist im Gange. Ein von allen Parlamentsparteien unterstützter Entschließungsantrag will Kritik am Kolonialismus, an Apartheid und an ethnischer Säuberung als „antisemitisch“ kriminalisieren!
[141/A(E) vom 11.12.2019 (XXVII. GP)]

Es scheint wie ein Rückfall in die Zeiten von Diktatur, Faschismus und Imperialismus – doch es ist die nackte Realität. De facto erhalten Kritiker seit längerem bereits keine öffentlichen Räume mehr. Nun soll auch die aktive Verfolgung der freien Meinungsäußerung für demokratische Grundrechte auf den Weg gebracht werden.

Hier der harte Kern der Argumentation, die direkt von Netanjahu-Trump-Kurz stammt:

„Die […] „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) Gruppierung bedient sich hierbei dieser antisemitischen Muster: […] sie stellt durch die Forderung des Rückkehr­rechts palästinensischer Flüchtlinge und all ihrer Nach­fahren das Existenzrecht des jüdischen Staates in Frage.“

Der Nationalrat stellt sich mit dieser Aussage diametral gegen das Völkerrecht und die UNO, die in unzähligen Resolutionen kolonialen Landraub, ethnische Säuberungen und Apartheid nicht nur verurteilt, sondern den Widerstand dagegen legitimiert und die Rückgängigmachung fordert. Die bekannteste diesbezügliche UN-Resolution ist Nr. 194. Artikel 11 lautet: „Die Generalversammlung, nach weiterer Erörterung der Lage in Palästina, beschließt, dass denjenigen Flüchtlingen, die zu ihren Wohnstätten zurückkehren und in Frieden mit ihren Nachbarn leben wollen, dies zum frühestmöglichen Zeitpunkt gestattet werden soll.“

Der Nationalrat tritt also das Völkerrecht und damit die gesamte Entkolonisierung sowie die Errungenschaften des Kampfes gegen die Apartheid mit Füßen.

Diese Attacke auf demokratische Grundprinzipien würde ohne die Umdeutung des Antisemitismusbegriffs,

ja dessen Missbrauch, nicht funktionieren: Wer für gleiche Rechte für alle Bewohner eintritt, aberkennt laut Nationalrat das „Recht des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung“. Dieses „für Österreich unverhandelbare Existenzrecht Israels“ wird so stillschweigend mit dem exklusiv-jüdischen Charakter Israels verbunden, etwas, was Menschen unterschiedlicher Wertigkeit etabliert, allgemein Apartheid genannt. „Gleiche Rechte für alle Einwohner“ ist demnach das „antisemitische Muster“, dessen sich BDS bedienen würde – obwohl sie lediglich friedlichen Widerstand gegen Vertreibung und Unterdrückung durch politischen Boykott nach südafrikanischem Vorbild leistet.

Dann kommt noch eine antimuslimische Attacke, der von NR-Präsident Sobotka in Auftrag gegebenen „Studie“ entnommen: „Bedenklich höher liegen die Prozentsätze [für antisemitische Ressentiments] bei den türkisch und arabisch sprechenden Menschen, die in Österreich geboren sind oder seit mehr als zehn Jahren bei uns leben.“ Die Autoren der „Studie“ mussten bezüglich dieser Aussage einräumen, dass sie nicht wissenschaftlich untermauert sei.

Um dann zur „Krönung“ überzuleiten, der Vorbereitung der Verfolgung von Allen, die für gleiche Rechte für alle Bürger eintreten: „Schließlich wurde im Juni 2017 eine Antisemitismus-Resolution mit großer Mehrheit im Plenum des Europäischen Parlaments verabschiedet, u.a. mit der Forderung, dass alle EU-Mitgliedstaaten die von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) [eine israelische Lobby-Gruppe] erarbeitete Definition von Antisemitismus übernehmen und ihre Polizei- und Justizbehörden dahingehend schulen, Antisemitismus strafrechtlich zu verfolgen.“ – gemeint ist mittels der Umdeutung als „antisemitisch“ punzierte demokratische Kritik am israelischen Kolonialismus.

Nein zur Umdeutung des Antisemitismus zum Zweck der Kriminalisierung der Kolonialismuskritik!

Keine Einschränkung der Meinungsfreiheit durch den Nationalrat!