An den Vorsitz des 11. Strafgerichts für schwere Strafsachen

31.03.2005

Verteidigungsschrift von Sandra Bakutz

Mein Name ist Sandra Bakutz. Ich bin eine österreichische Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin. Darüber hinaus bin ich Mitarbeiterin eines Radios. Seit Jahren kämpfe ich gegen Rechtsverletzungen weltweit an, schreibe dazu Artikel.
Selbstverständlich habe ich dadurch zahlreiche Menschen, die in verschiedenen Ländern in demokratischen Einrichtungen arbeiten und dort auf legaler Basis Menschenrechtskampagnen führen kennen gelernt.
Aufgrund meiner besonderen Sensibilität gegenüber Rechtsentzug, Misshandlungen und Isolation in den Gefängnissen, habe ich mich in diesem Rahmen zahlreiche Aktivitäten angeschlossen. Aus demselben Grund habe ich mich an einer Menschenrechtsdelegation aus verschiedenen europäischen Ländern beteiligt, die in die Türkei gereist ist, um die am 11. Februar 2005 stattgefundenen Verhandlungen der Angeklagten im 1. April Prozess, welche sich seit 1 Jahr in den FTyp Gefängnissen befinden, zu beobachten, Am 10. Februar wurde ich mit diesen fadenscheinigen Behauptungen am Flughafen festgenommen und verhaftet, ohne überhaupt an der Verhandlung teilnehmen zu können.
Ich bin weder Mitglied der verbotenen DHKP/C, noch habe ich Verbindungen zu irgendeiner bewaffneten Organisation. Ich weise diese Anschuldigungen daher zurück. Ich habe mit der Protestaktion gegen den ehemaligen Außenminister der Türkei, Ismael Cem, nichts zu tun. Wohl aber habe ich häufig Gespräche im Europäischen Parlament geführt. Ich habe von der Protestaktion erfahren, weil sie großes öffentliches Aufsehen erregt hat. In dem Zeitungsartikel, der als Beweismaterial angeführt wird, ist weder mein Name noch ein Foto von mir enthalten.
Ein solcher Zeitungsartikel wird als Beweis gegen mich eingesetzt. In der Anklageschrift wird überdies eine Beziehung zwischen mir, Deniz Demirkapi und Avni Er hergestellt und behauptet, dass diese Personen Organisationsmitglieder seien. Als Journalistin kenne ich zahlreiche Menschen aus verschiedenen Ländern mit verschiedenen Anschauungen. Es ist möglich dass ich diese Personen schon mal getroffen und kennen gelernt habe, aber es existiert zwischen uns auf keinen Fall eine organisatorische Beziehung. Ich weiß auch nicht, ob sie Verbindungen zur verbotenen Organisation DHKP/C haben. Genauso wenig ist mir bekannt, ob die genannten Personen mit den, der Organisation zugehörigen Fahnen ständig Protestaktionen durchführen. Ilhan Yelkuvan ist ein in Deutschland inhaftierter politischer Gefangener. Aufgrund massiver Isolationsbedingungen ist er in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Darüber hinaus hat dieser Hungerstreik mehr als 50 Tage bis zur Todesgrenze angedauert, ich bin gegen Isolation und jegliche unmenschliche Praxis.
Isolation ist langjährigen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge, aufgrund der physischen und psychischen Schäden, die sie hervorruft unmenschlich und als Folter angesehen. Als Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin habe ich gegen die Isolationspraxis, der Ilhan Yelkuvan ausgesetzt war, mit verschiedenen demokratischen Vereinen und Personen eine Kampagne gestartet. In diesem Zusammenhang habe ich u.a. mit den Ärzten ohne Grenzen und verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen zahlreiche Gespräche geführt. Ob Ilhan Yelkuvan irgendeine Organisation oder Anschauung vertritt, war für mich nebensächlich, ich mache hierbei keine Trennung. Ich habe diese Kampagne weder in Verbindung mit der Organisation, noch um diese zu unterstützen oder aus Propagandazwecken geführt. Sie war rein menschlich motiviert. Obwohl meine Verhaftung den, von der Türkei unterzeichneten internationalen Abkommen und Vereinbarungen widerstrebt, dauert meine Haft mehr als 1,5 Monate an. In diesem Zeitraum wurde ich diversen willkürlichen Maßnahmen ausgesetzt, in meiner Freiheit eingeschränkt, an meiner Arbeit gehindert. Auch meine in Österreich lebende Familie, die tagelang keine Nachricht von mir erhielt, hat wie ich materiellen und moralischen Schaden erlitten. Ich ersuche daher das Gericht, meiner und der Misslage meiner Familie ein Ende zu bereiten und für meine Freilassung und Freispruch zu entscheiden.

Sandra Bakutz