Rassistische Kündigung wegen Weigerung an WTC-Opfer Trauerfeier teilzunehmen

02.11.2001

Liebe KollegInnen,
anbei ein Schreiben des VK-Leiters von BSH wegen der Kündigung von Metin
Serefoglu, der sich weigerte an der verordneten Trauerkundgebung für die
WTC-Opfer teilzunehmen

Hakan Doganay Berlin,den 31.10.2001
Betriebsrat
B/S/H Fabrik Berlin
Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH
Gartenfelderstr. 28
13623 Berlin

An den
Betriebsratsvorsitzenden
der Fa. Leopold Kostal GmbH & Co. KG

Fristlose Kündigung Metin Serefoglu

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die außerordentliche Kündigung des Koll. Metin ist für uns weder
politisch noch rechtlich nachvollziehbar. Um so schlimmer ist es, dass
ihr als Betriebsrat dieser außerordentlichen Kündigung ohne politische
und rechtliche Wertung zugestimmt habt. Mit euer Entscheidung habt ihr
nicht nur den Koll. Metin in Schwierigkeiten gebracht, sondern auch die
freie Meinungsäußerung im Betrieb unterbunden. Es ist in der heutigen
Zeit unvorstellbar, dass ein Mensch durch nicht folgsamen Gehorsam seine
Existenz aufs Spiel setzt. Übrigens, wer entscheidet, wie man seiner
Trauer Ausdruck verleiht. Gibt es eine kollektive Trauerpflicht?? Oder
muss man das jedem Einzelnen überlassen. Seit dem 11. Sept. herrscht in
Deutschland ein gewisses Phänomen, dass alle Menschen mit ihrer Trauer
ausschließlich auf der Seite der Amerikanischen Bevölkerung stehen
müssen. Natürlich ist es legitim, wenn ein Mensch in dieser Situation,
die Trauer um andere Opfer mit anspricht.

Als Betriebsrat stellen wir fest, dass ihr mit eurer Entscheidung weder
das BetrVG, den Kündigungsschutz, noch den gewerkschaftlichen Anstand in
Erwägung gezogen habt. Was uns sehr überraschend ist, dass die sozialen
Umstände des Mitarbeiters in keiner weise berücksichtigt wurden.
Übrigens eure Stellungnahme am 25.10.2001 im Bezug auf Koll. Metin zeigt
uns, dass ihr eine Entscheidung gegen den Koll. getroffen habt und
mittlerweile nicht in der Lage seit, dies zu begründen. Sonst hättet ihr
nicht geschrieben, hier müssen besonders schwierige Vertragsverletzungen
vorliegen, sondern ihr hättet dies auch einzeln begründen können. Nach
unseren Informationen stellen wir fest, dass ihr innerhalb 3 Std. eine
Entscheidung gegen Koll. Metin getroffen habt, dass ist für uns als
Betriesratsmitglieder nicht nachvollziehbar, wo man doch 3 Tage Zeit
hat. Ist der Koll. für euch ein so gefährlicher Mitarbeiter, den man
sofort loswerden muss? Oder ist euere Entscheidung sehr leichtsinnig.

Übrigens was für eine Belegschaft wollt ihr in eueren Betrieb haben,
eine Belegschaft, die das tut, was der Arbeitgeber und der Betriebsrat
für richtig halten. Oder wollt ihr im gewerkschaftlichen Sinne eine
Belegschaft, die sich kritisch gegenüber dem Arbeitgeber und der
Gewerkschaft äußert.

Wir sind der Auffassung, dass ihr einen schwerwiegenden Fehler gemacht
habt und mittlerweile auf eurem Fehler beharrt. Es wäre aus
gewerkschaftlicher Sicht sinnvoll, wenn ihr zumindest in der
Öffentlichkeit euren Fehler eingesteht und seht, was ihr durch euer
Verhalten dem Koll. Metin angetan habt. Und gleichzeitig erkennt was für
eine Auswirkung eure Entscheidung auf die freie Meinungsäußerung der
Belegschaft im Betrieb hat. Es ist für uns unerträglich, dass die IGM
Verwaltungsstelle Lüdenscheid die gleiche Linie verfolgt wie der
Betriebsrat. Anscheinend vertritt die IGM Verwaltungsstelle die Politik,
was die Betriebsräte in der Fa. Kostal entscheiden ist immer richtig.
Wir hoffen, dass die Ortsverwaltung in der Verwaltungsstelle Lüdenscheid
zumindest die politische Demission der Kündigung und seine Auswirkrungen
neu bewertet.

Mit freundlichem Gruß
VK- Leiter
Hakan Doganay