AntiimperialistInnen und PalästinenserInnen dürfen nicht ausgeschlossen werden

05.02.2003

Brief an die Plattform der Wiener Anti-Kriegsdemo vom 15.2.

Werte Unterstützerinnen und Unterstützer der Anti-Kriegsdemonstration vom 15.2.!

Angesichts der heftigen Debatten am Vorbereitungstreffen vom 4.2.2003, die unseren Status als Antiimperialistische Koordination (AIK) in der Plattform noch immer im Unklaren gelassen hat, wollen wir auf diese Wege nochmals zum Ausdruck bringen, dass wir nicht nur die Demonstration, sondern auch die Plattform unterstützen. Da es offensichtlich Kräfte innerhalb des Bündnisses gibt, die die Vielfalt der Positionen nicht akzeptieren und wir uns andererseits nicht aufdrängen wollen, bitten wir Euch darum, bis zum oder auch am kommenden Treffen vom 11.2.2003 eine Entscheidung über unser Ansuchen zu fällen. Wie auch immer sie ausfallen wird, wir werden sie zur Kenntnis nehmen, auch wenn wir uns das Recht vorbehalten sie politisch zu kritisieren.

Nochmals zu den bisherigen Konfliktpunkten: Wir hatten in den vorangegangenen Treffen einerseits vorgeschlagen, die Demonstration zur US-Botschaft zu führen, was mit dem Hinweis auf die notwendige Abgrenzung zum Antiamerikanismus zurückgewiesen wurde – eine Entscheidung, die angesichts der 93% der Bevölkerung, die gegen den Krieg sind und sehr wohl wissen, wer der Verantwortliche dafür ist, kaum verständlich ist und die Linke rückständiger als die Bevölkerung erscheinen lässt. In die gleiche Richtung läuft unsere Kritik an jener Passage im Aufruf, die mit den Worten, dass der Krieg "eine Katastrophe für die Menschen dieses Landes bedeuten wird, die bereits unter dem UN-Embargo und dem Regime Saddam Husseins zu leiden haben", suggeriert, dass die Schuld gleichermaßen verteilt sei. Wir sind gegenüber dem Baathismus kritisch und auch bereit das in einem Aufruf darzutun, doch sollte man vermeiden mit den Wölfen zu heulen und die Propaganda zu reproduzieren, mit der der Krieg gerechtfertigt werden soll. Diktaturen gibt es in der Welt genug. Wir sollten also nicht im Gleichklang mit der "internationalen Gemeinschaft" selektiv nur jene zum Problem machen, die sich gegen die westlichen Machtinteressen richten. Es kann nicht angehen, dass das mühsam erstrittene Völkerrecht und die nationale Souveränität unter dem durchsichtigen Titel der "Menschenrechte" oder noch schlimmer den "nationalen Sicherheitsinteressen" der USA durch ein Embargo verletzt werden, dass sich zum Völkermord auswächst. Während die Diktaturen in der Umgebung unter dem Schutz derselben "internationalen Gemeinschaft" munter unterdrücken, vertreiben und ermorden, wird das Elend des irakischen Volkes noch zu gleichen Teilen Saddam in die Schuhe geschoben – obwohl selbst UN-Beamte wie Graf von Sponnek ursächlich die Sanktionen dafür verantwortlich gemacht haben.

Aber all das war nicht der Grund warum wir bis dato nicht als Unterstützer der Plattform figurierten. Vielmehr war es die unsägliche, über die Medien verbreitete Verleumdungskampagne einiger exlinker Wendehälse, die uns des Antisemitismus ziehen, weil wir an der historischen Forderung der palästinensischen Befreiungsbewegung nach einem demokratischen Staat in ganz Palästina festhalten. Einige TeilnehmerInnen der Plattform scheinen gegenüber diesen reaktionären Angriffen nicht genügend Stehvermögen zu besitzen. Statt einer kurzen und schlichten Verurteilung solcher kolonialistischer Anwandlungen auf der Basis des international verbrieften und durch zahllose UN-Resolutionen affirmierten Selbstbestimmungsrechts, wurde die Frage immer wieder auf die lange Bank geschoben. Es drängt sich der Verdacht auf, dass einige, so wenig sie diese Vorwürfe teilen können, sie dennoch im Raum stehen ließen, um eine Auseinandersetzung über unsere politischen Positionen zu vermeiden.

Anhand der Frage nach einer RednerInnen der Palästinensischen Gemeinde in Österreich brach der Konflikt doch wieder auf. Nicht nur wir betrachten es als Selbstverständlichkeit, dass ein offizieller Vertreter der PalästinenserInnen als einer der Hauptopfer des kommenden Krieges sprechen soll, sondern so ist es auch in fast allen anderen Mobilisierungen weltweit. Auch in Florenz wurde an die Verbindung zwischen dem US-Krieg gegen den Irak und der Verschärfung der israelischen Kolonialpolitik erinnert.

Wir möchten darauf hinweisen, dass es international einmalig wäre, wenn Palästinenservertretern das Rederecht verweigert und die antiimperialistische Strömung gar ausgeschlossen würde. Es handelte sich um eine fatale Spaltung und Schwächung der Bewegung, die jedem Anspruch auf Pluralität spotten würde.

Was die Fortsetzung der Demonstration zur US-Botschaft betrifft so ist der Vorwurf der Spaltung hingegen gänzlich unberechtigt. Es handelt sich dabei schlicht um den antiimperialistischen Teil der Bewegung, der solidarisch an der gemeinsamen Demonstration teilnimmt und erst in der Folge den Zug im Sinne der politischen Vielfalt fortsetzt.

Mit solidarischen Grüßen
Antiimperialistische Koordination