Schöne neue Demokratie in Serbien

16.04.2003

Über 8.000 Verhaftete, Ausschaltung politisch Missliebiger

In den vergangenen 27 Tagen wurden 8.688 Menschen verhaftet und gegen 871 Klage erhoben, so Chef des Bezirksgerichtes in Belgrad, Branislav Todic gegenüber Tanjug. Von diesen 8.688 Personen seien laut Polizei 422 Mitglieder organisierter Gruppen. 2.214 werden weiter festgehalten. Die Anzahl der Verhafteten pro Region: Belgrad 3.217, Pancevo 731, Sombor 522, Sabac 489, Kraljevo 43 Personen. Diese Woche werden die Gefangenen von "internationalen Experten" in den Gefängnissen besucht, sagte Rori Kin gegenüber Beta. Die Ergebnisse sollen nur der serbischen Regierung zugänglich gemacht werden. Den verhafteten Personen wird jeglicher Kontakt mit einem Anwalt verweigert. Derzeit darf die Polizei jeden Verhafteten 30 Tage lang ohne gerichtliche Anhörung festhalten. In allen Städten Serbiens sind Steckbriefe ausgehängt. Viele Menschen, die sich gegen die Verhaftung gewährt haben, wurden extralegal "bestraft", berichtet die Zeitung "Vecernje Novosti" von 15.4.2003. Diese Aktion wird "Säbel" genannt – mit dem Ziel politische Gegner zu verfolgen, politische Parteien aufzulösen und Medien, die nicht im Sinne der jetzigen Regierung berichten, einzustellen. Sollen im Frühjahr 2004 bei den Wahlen keine Gegner mehr existieren?

Laut Polizei-Berichten sind bis jetzt folgende Politiker verhaftet:

Borislav Mikelic, ehemahliger Premier der Republika Srpska Krajina und Mitarbeiter des ehemaligen Präsidenten, Slobodan Milosevic.

Ivan Markovic

Uros Suvakovic

Goran Matic, ehemaliger Funktionär der Jugoslawischen Linken (JUL)

Svetozar Simovic, ehemaliger Vertreter des Polizei-Ministers

General Nebojsa Pavkovic, bis vor kurzem Oberkommandierender der Armee VJ

Aco Tomic, abgesetzter Vorstand des Militärgeheimdienstes (Perisic-Affäre)

Rade Bulatovic, Berater für Sicherheit des ehemaligen Präsidenten der SRJ, Dr. Vojislav Kostunica

Es kursieren Gerüchte, dass selbst Kostunica inhaftiert werden solle. Der Außenminister, Goran Svilanovic, sagte für BK-TV, er glaube nicht daran, dass Vojislav Kostunica verhaftet werden würde, außer die weiteren Ermittlungen würden das erforderlich machen.

Vojislav Seselj (SRS – Serbische Radikale Partei) verlangt vernommen zu werden und weist alle Behauptungen zurück, in die Ermordung des Premierministers involviert zu sein.

Am 14. April wurde eine Gesetzesänderung beschlossen, die zur engeren Kooperation mit dem "Haager Tribunal" führen soll. Die Auslieferung serbischer Staatsbürger, unabhängig vom Zeitpunkt der Anklage, ist nun möglich. "Internationale Experten" sollen aus den Verhafteten jene aussortieren, die für das Tribunal interessant sein könnten. Politische Gegner sollen zur Strecke gebracht werden. Vom Ministerium für Menschenrechte wurden SOS-Telefone eingerichtet. Aber es fragt sich, ob die Menschen es überhaupt wagen werden es zu benutzen.

Jugoslawisch-Österreichische Solidaritätsbewegung
15. April 2003