Einladung zu einem antiimperialistischen Block am 1. Mai

27.04.2003

1. Mai, Wien

"Jede unserer Taten ist ein Kriegsruf gegen den Imperialismus und ein Appell zur Einheit der Völker gegen den großen Feind der Menschheit: die Vereinigten Staaten von Nordamerika"
(Ernesto Che Guevara, Botschaft an die Völker der Welt durch die Trikontinentale, 1967)

Am 1. Mai 1886 marschierten die US-amerikanischen Arbeiter im Generalstreik für die Einführung des 8 Stunden Tages. Das unmenschliche Arbeiter-Elend der frühen Industriegesellschaft scheint in der heutigen westlichen Gesellschaften wie ein Bild aus einer anderen Welt, die längst überwunden scheint. Der Blick in die geschichtliche Ferne, auf die brutalen Kämpfe um die sozialen und politischen Menschenrechte der einstigen arbeitenden Untermenschen (die leider vorläufig in der Integration mittels Modernisierung und Reformierung, statt im Bruch der Unrechtsordnung endeten), scheint ruhig, denn alles scheint eine überwundene Vorgeschichte, die in der liberalen Konsumgesellschaft aufgehoben ist.
Unruhig ist dagegen der Blick auf die gänzlich Entrechteten des imperialistischen Kapitalismus, der Globalisierung: die armen Klassen und unterdrückten Völker der Peripherie. Noch scheint dem westlichen Bürger der Konflikt in sicherer Ferne, aber seine politischen Rückwirkungen auf die imperiale Architektur der "Staatengemeinschaft" wird mit jedem aufbrechenden Konflikt spürbar. Während die relative Ruhe im Westen lange mit der gigantischen Zunahme globaler Ungleichheit erkauft wurde und wird, erleben wir dennoch auch in Österreich seit den 80er Jahren eine Offensive der Bourgeoisie, die allgemein als "neoliberal" bezeichnet wird: Reallohnkürzungen, Pensionsraub, der Abbau des Sozialstaats, Großkonzerne, die sich der Besteuerung entzogen haben. Die Deregulierung des Weltmarktes und die seit den 70er Jahren besehende strukturelle Krise kapitalistischer Verwertung führen weltweit zu einem Wettlauf um den niedrigsten sozialen Standart – und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Über kurz oder lang wird das auch in Westeuropa und Österreich wieder zu einem Aufschwung wirklich antikapitalistischer Kämpfe führen. Das Schwergewicht des Kampfes gegen das imperialistische Weltsystem liegt aber im Süden der Welt.

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind das Rückrad der imperialistischen Weltordnung. Ihr "permanenter, präventiver und globaler Krieg" ist weniger militaristischer Fanatismus der Bush-Administration, als notwendig gewordene Antwort aus die Erosion der westlichen Hegemonie durch die soziale Verwüstung des Neoliberalismus. Europas Friedensrufe vor dem Irakkrieg sind eine rückständige Illusion, eine sozial und politisch untragbar gewordene Weltordnung ohne militärische Gewalt erhalten zu können. Dass es zur US-Politik wenig reale Alternative imperialistischer Herrschaftssicherung gibt ist Europa wohl im Hinterkopf klar und so bleibt nichts als der US-Aggression im "gemeinsamen Wideraufbau des Irak" nachträglich Legitimation auszusprechen.
Der Bruch elementarster demokratischer Normen des Völkerrechts durch seine einstigen Hüter spiegelt die enormen Polarisierung der internationalen Konflikte, den Anfangs eines Zerfallsprozesses der bisherigen Architektur der imperialistischen Gesellschaft wieder, der Rebellionen und Kriege in der nächsten geschichtlichen Periode neuerlich zur Tagespolitik machen wird.
In diesem Prozess entsteht neuerdings die Möglichkeit einer radikalen Aufhebung der Grundlagen für diesen heute internationalisierten Klassenkonfliktes, der kapitalistischen Ausbeutung. Diese antikapitalistische Möglichkeit entsteht aus den Kämpfen der neuen Paria gegen den Imperialismus. Der Kampf gegen die USA, der antiimperialistische Widerstand in all seinen Formen, kann der turbulente Neubeginn des Kampfes um eine Gesellschaft der sozialen Gleichheit sein.
Der irakische Widerstand gegen die Besatzung, die palästinensische Intifada gegen den zionistischen Landraub und die US-Pläne einer neuerlichen entwürdigenden "Oslo II"-Befriedung, Kolumbiens Revolutionäre Streitkräfte im Kampf gegen Oligarchie und US-Interventionismus, Afghanistans ungebrochener Bürgerkrieg den die Besatzerregierung nicht in Griff bekommt, sind einige Konfliktherde, in denen die militärische Überlegenheit der USA keine Garantie für ihre nachhaltige Kontrolle mehr ist. Die Glaubwürdigkeit seiner Verhandlungsbereitschaft hat der Westen jedoch mit dem gescheiterten Oslo-Prozess bereits längst verloren.
In diesem Szenario ist Che Guevara es wert, neuerlich gelesen zu werden, und wir Antiimperialisten können ihm heute nur beipflichten: "Wenn man die Vernichtung des Imperialismus ins Auge fasst, muss man dessen Haupt identifizieren, das von nichts anderem als den Vereinigten Staaten von Nordamerika gebildet wird. (...) Lasst uns unsere Siegeshoffnungen so zusammenfassen: Vernichtung des Imperialismus durch Ausschaltung seines stärksten Bollwerks, der imperialistischen Herrschaft der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Als taktische Aufgabe die schrittweise Befreiung der Völker, wobei man den Feind in einen schwierigen Kampf außerhalb seines Territoriums hineinzieht und ihn seiner Existenzgrundlagen, nämlich der abhängigen Gebiete, beraubt." (Guevara, 1967)

Wir laden daher alle ein, am 1. Mai gemeinsam in einem antiimperialistischen Block zu marschieren

Gegen die US-Besatzung im Irak – USA raus aus dem Mittleren Osten!
In Solidarität mit der Intifada - Freiheit für Palästina!
Gegen die US-Militärbasen und Interventionspläne in Kolumbien und Lateinamerika!
Für das Selbstbestimmungsrecht der Völker gegen den Imperialismus!
Widerstand gegen den sozialen Kahlschlag!

Nieder mit den Vereinigten Staaten von Amerika!
Solidarität mit allen Bewegungen des antiimperialistischen Widerstandskampfes!

Treffpunkt zur 1. Mai Demonstration: 10 Uhr Oper
(Antiimperialistischer Block beim Transparent: United States of Aggression)

Ab 15 Uhr:
Internationalistischer 1. Mai im Vorstadtzentrum XV
Lateinamerikanisches Essen
Arabische, türkische, lateinamerikanische, baskische, korsische und sardischer Lieder aus dem nationalen und sozialen Befreiungskampf