Kämpferin gegen den irakischen Widerstand:

09.01.2004

Die Arbeiterkommunistische Partei Iran/Irak

Die Deutschlandorganisation der API [Irans] hat am 28.12. "alle freiheitsliebenden Menschen und Organisationen" aufgerufen, gegen die Kampagne "10 Euro für den irakischen Widerstand!" zu protestieren:
(http://www.wpiran.org/germany/aktuell/gegen10euro.pdf)

Nicht nur, dass die API in dieser Erklärung dem irakischen Widerstand jegliche Legitimation abspricht, sie bezeichnet ihn in seiner Gesamtheit als "terroristisch". Dass dies exakt der Methodik und Wortwahl der US Propaganda entspricht, scheint die Verfasser nicht weiter zu stören.

Die API sehnt sich eine irakische Zivilgesellschaft herbei. Wir entgegnen mit Gramsci, dass Zivilgesellschaft nichts anderes als ein Instrument zur Vermittlung von Herrschaftsinteressen ist. Das gilt umso mehr in Ländern, die der Westen militärisch besetzt hat: Um im Irak einen Kampf für demokratische Rechte führen zu können, ist die Erlangung der nationalen Souveränität die erste Voraussetzung - und dies kann nur durch die radikale Bekämpfung des Westens, seiner Militärapparate und seiner Vermittlungsinstrumente bewerkstelligt werden.

Die von der API immer wieder vorgebrachte Beteuerung, sie sei auch gegen die Besatzung, ist schon alleine deswegen absurd, weil die USA mit pazifistischen und diplomatischen Mitteln nicht zum Rückzug gezwungen werden können. Natürlich ist auch ein politischer Kampf nötig - aber dieser hat seine Grenzen, was sich z.B. daran erkennen lässt, dass alle Zeitungen von den Besatzern kontrolliert werden. Nur die Einheit aller politischen Kräfte, die sich gegen die Besatzung richten, wird zum Erfolg führen. Die API torpediert diese Einheit und spaltet den Widerstand.

Die API diffamiert den bewaffneten Kampf als extrem reaktionär: Die säkularen Teile des Widerstandes seien "nationalistisch-völkisch", die islamischen Teile "religiös-faschistisch". Damit übernimmt die API im Wesentlichen die antiarabische und antiislamische Hetze des Westens. Abstrakt wird zwar (in anderen Stellungnahmen) Kritik am Imperialismus geübt, in der konkreten Realität jedoch ist die API offen proimperialistisch: Für die westlichen Propagandaabteilungen und Medienapparate kann es gar keine schönere Referenz geben als antiislamische und antiarabische Araber und Perser, die sich zudem als "Kommunistinnen" und "Kommunisten" bezeichnen!

Die von der API indirekt als "völkisch" bezeichnete Irakische Patriotische Allianz (IPA) ist ein Zusammenschluss heterogener politischer Gruppen und Einzelpersonen. Die IPA betont ausdrücklich die Notwendigkeit eines strömungsübergreifenden, gesamtirakischen Widerstandes. Zum politischen Islam, der von der API als "faschistisch" diffamiert wird, sei angemerkt: Aufgrund des Unterganges der kommunistischen Bewegung in der islamischen Welt blieb den verarmten Massen vielfach nur der politische Islam zur Schaffung und Verteidigung einer eigenen Identität. Nach dem historischen Versagen der Linken war und ist für Millionen Menschen der politische Islam die einzig mögliche Antwort auf die "Segnungen" des Westens, die da lauten: Explodierende Verelendung, politische Unterdrückung und kulturelle Unterwerfung. Es ist zwar richtig, dass die USA den politischen Islam benutzt haben - seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion jedoch benötigen sie ihn nicht mehr.

Natürlich ist nicht zu bestreiten, dass im gegenwärtigen Islam eine Tendenz zum konservativen Traditionalismus existiert, aber das ist nicht die einzige Facette dieser Religion. So fördert im Libanon der politische Islam im Rahmen einer strengen Geschlechtertrennung die Bildung und die Berufstätigkeit von Frauen und unterhält dazu eigene Einrichtungen. Die pauschale Bewertung des politischen Islam als reaktionäre Erscheinung ist unwissenschaftlich und verkennt die Existenz völlig unterschiedlicher historischer, politischer und sozialer Kontexte in der islamischen Welt. Wer indifferent "Fundamentalismus!" schreit, übernimmt den Kampfbegriff des Westens und ist der wahre Reaktionär.

Es sei zum wiederholten Male darauf hingewiesen, dass der bewaffnete Widerstand gemäß Völkerrecht und UN-Charta legitim ist. Bemerkenswert ist, dass die API in ihrem Pamphlet gegen die 10-Euro-Kampagne das Völkerrecht und die UNO völlig ignoriert, an anderer Stelle aber keinerlei Probleme damit hat, die Ablösung der US-geführten Streitkräfte durch die UNO einzufordern.(http://www.wpiran.org/germany/apibrief/api20-21.pdf, S. 6
http://www.uuiraq.org/pdf-german/09.pdf, S. 4)

Eine UN-geführte Besatzung hätte jedoch mit der UN-Charta (und der UN-Vollversammlung) nichts zu tun, sondern wäre vom ersten Tag an ein Kind des von den USA dominierten Weltsicherheitsrates. Die - nach Beendigung der bipolaren Weltordnung verbliebenen - progressiven Normen der Völkergemeinschaft werden von der API bewusst totgeschwiegen, während der UN-Sicherheitsrat, ein imperialistisches Instrument, von ihr hofiert wird.

Selbstverständlich werden wir der Aufforderung der API nicht nachkommen, die 10-Euro-Kampagne zu beenden.

Der Widerstand in all seinen Formen gegen die US - geführte Besatzungsmacht und seine Institutionen ist nicht nur legitim, sondern in letzter Konsequenz die einzige Sprache, die der Westen versteht.

Außerdem: Umso stärker die USA im Irak unter Druck geraten, umso schwieriger wird es für sie, ihre Aggressionspolitik auf andere Länder auszuweiten (z.B. Syrien, Iran...).

Im Übrigen tun wir uns generell schwer damit, Empfehlungen und Aufforderungen von Gruppen zu folgen, welche nicht jederzeit und unmissverständlich Nein zu imperialistischen Kriegen sagen. Die API hat im November 2001 ihre Afghanistan-Resolution veröffentlicht, in der es u.a. heißt:
"Der Sturz der Taliban und die Befreiung der Menschen von Afghanistan von
diesem mafia-islamischen Alptraum, ist die Forderung von der gewaltigen Mehrheit der Menschen von Afghanistan, ein Schritt vorwärts, und eine Vorbedingung dazu, eine freie und menschliche Gesellschaft in Afghanistan zu erreichen (...) Der Standpunkt von oppositionellen Gruppen, welcher einen grundsätzlichen und richtigen Ansatz im Entgegensetzen des USA-Militarismus einnimmt, der aber ankommt beim Aufrechterhalten des horrenden Status quo in Afghanistan, und dem Aussetzen der Menschen von Afghanistan unter dem Joch der Taliban, ist pazifistisch und kehrt wirksam einer menschlichen und progressiven Forderung die Hinterseite zu."
(http://www.wpiran.org/germany/apibrief/api4.pdf, S. 4)

Trotz der ganzen Relativierungen handelt es sich hierbei um nichts anderes als um ein Ja zum Krieg der USA gegen Afghanistan. Insofern verwundert es auch nicht, dass ein Repräsentant der API [Iraks] der Wochenzeitung "Jungle World" vor Kurzem ein Interview gegeben hat:
http://jungleworld.com/seiten/2003/50/2192.php

Die API sollte sich lieber Mal zu diesen Punkten verhalten, anstatt sich anzumaßen, internationalistische Kampagnen als "pervers" zu bezeichnen.

"Wer den rechtmäßigen Volkswiderstand zu Terror erklärt, der betreibt nicht
nur Goebbels-Propaganda im übertragenen Sinn, sondern wortwörtlich.
(Klaus Hartmann, Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes)

Initiativ e.V.