Türkei: Elisabeth ist frei, es bleiben tausende politische Gefangenen

05.07.2004

Die Monate vor dem Nato-Gipfel in Istanbul haben den Charakter des türkischen Regimes als Polizeistaat unter Beweis gestellt. Nicht nur setzte sich die schon "traditionelle" Repression gegen die revolutionäre Bewegung fort, sondern auch die Organisatoren der Anti-Nato-Bewegung kamen in das Schussfeld.

Die Folter gegen die Vorarlbergerin Elisabeth Brunner, welche im Vorfeld des Nato-Gipfels aufgrund ihres Engagements von Polizisten in Zivil entführt, sexuell misshandelt, mit Zigaretten verbrannt und niedergeschlagen wurde, ist nur einer von vielen Fällen. Sie strebt einen Prozess gegen ihre Peiniger an.

Elisabeth, die im Zuge der Proteste in Istanbul verhaftet wurde, ist - auch dank des durch die Mobilisierung entwickelten Drucks – nach drei Tagen wieder frei. In den frühen Nachmittagsstunden des 3. Juni wurde sie entlassen. Auf die befürchtete Anklage nach den berüchtigten "Anti-Terror"-Gesetzen wurde verzichtet.

Im Gegensatz dazu sind die ebenso im Vorfeld des Gipfels seit 1. April verhafteten rund Hundert AktivistInnen demokratischer Vereine – einschließlich der Assoziation der Familienangehörigen der politischen Gefangenen sowie ihres Anwalts - weiterhin in Gewahrsam. Die Verfahren gegen sie wurden noch nicht eröffnet. Allen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation zur Last gelegt mit höchst zweifelhaften Beweisen. Dass keinem Einzigen eine individuell belegte Straftat vorgeworfen wird, verstärkt noch den Eindruck, dass es sich um Meinungsdelikte handelt. So werden am laufenden Band neue politische Gefangene geschaffen.

Insgesamt sitzen heute nach wie vor Tausende politische Häftlinge in den türkischen Gefängnissen. Auch die Berichte über Folterungen reißen nicht ab.

Während die Staaten der Europäischen Union der Türkei die demokratische Absolution erteilen, halten in Ankara die Generäle unverändert die Zügeln in der Hand. Das Selbstbestimmungsrecht der Kurden wird nach wie vor unterdrückt – daran ändern auch ein paar kosmetische Reformen nichts. Die Türkei bleibt als entscheidender Nato-Staat der wichtigste Verbündete der USA und Israels in der Region und damit eine akute Bedrohung für den Frieden – trotz der überwältigenden Ablehnung durch die Bevölkerung.