Von der Gemeinde die Zukunft eines neuen Venezuela aufbauen

13.10.2005

Europareise von Josà© del Carmen Alvarado, Bürgermeister der venezolanischen Grenzstadt Guasdualito

Kontaktperson: Gernot Bodner
Tel.: 0699 1 9206395
gernot.bodner@chello.at

Termine:

Wien:
Freitag, 4. November, 19 Uhr
Gußhausstr. 14/3, 1040 Wien
Bolivarianisches Fest zur Begrüßung von Josà© Alvarado in Europa
Vorstellung der Gemeinde Guasdualito und der Ziele der Europareise

Montag, 14. November, 19 Uhr
Gußhausstr. 14/3, 1040 Wien
Venezuela auf dem Weg zu einem "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" (Hugo Chávez)?
Die bolivarianische Revolution aus der Sicht einer Gemeinde der Volksmacht

Tirol
Mittwoch, 16. November, 19 Uhr
Innsbruck, ÖGB-Saal, Südtirolerplatz 14-16/7. Stock

Allgemeine Länderinformation

Venezuela ist seit der Wahl des gegenwärtigen Präsidenten Hugo Chávez Frà­as 1998 zum dynamischsten Punkt der neueren Entwicklungen am lateinamerikanischen Kontinent geworden. Grund ist die neue "bolivarianische" Richtung, die das Land unter seinem neuen Präsidenten genommen hat, eine Entwicklung mit nationalen Prioritäten und sozialer Umverteilung. Das Erdölland Venezuela ist durch die antiimperialistische Orientierung seines Präsidenten rasch in Ungnade der US-Administration gefallen, die eine Destabilisierung der Region durch den jahrzehntelangen Rohöllieferanten fürchtet.
Besonders in der Grenzregion zu Kolumbien, dem venezolanischen Bundesstaat Apure, konzentrieren sich die potentiellen Konfliktlinien zwischen den traditionellen in- und ausländischen Mächten und den neuen bolivarianischen Bewegungen. Kolumbien ist einer der wichtigsten Verbündeten der USA, die in dem Land mit etwa 400 Kampftruppen zur "Drogen- und Terrorismusbekämpfung" stationiert sind. Venezuela werfen sie vor, die Guerilla im Nachbarland zu unterstützen, während Hugo Chavez wiederum eine Bedrohung seines Landes durch die US-Präsenz in Kolumbien sieht. Auch die Auseinandersetzungen zwischen der alten Grundbesitzerelite des Landes und den armen Bauern konzentriert sich in Apure. Die armen Bauern und Landlosen sehen sich durch ihrem "Comandante Chavez" und sein Landreformgesetz berechtigt, das ungenutzte Land der Grundbesitzer zu besetzen und es "in die Hände derer, die es bearbeiten" zurückzuführen. Während die "bolivarianische Revolution" bisher eine weitgehend friedliche Reformbewegung war, sind in Apure in den Kämpfen zwischen Paramilitärs und Bauernbewegung bereits 115 Bauern ermordet worden.

Die Gemeinde Guasdualito

Guasdualito liegt im Bundesstaat Apure und ist nach der Provinzhauptstadt San Josà© de Apure, die zweitgrößte Stadt des Bundesstaates. Die Gemeinde befindet sich nur eine halbe Autostunde von der kolumbianischen Grenze entfernt. Diese Grenznähe hat die Gemeinde durch Jahre hindurch geprägt. Der kolumbianische Bürgerkrieg hat seine Spuren immer wieder bis nach Guasdualito gezogen. Kolumbianische Paramilitärs und Guerillas bewegten sich frei über Grenze. Die in Guasdualito stationierten Militärs beschäftigten sich weniger mit Grenzsicherung, als mit dem Schmuggel von billigem Benzin nach Kolumbien in Zusammenarbeit mit den paramilitärischen Banden der anderen Seite.
Die am Rio Apure gelegene Gemeinde ist traditionell von der Landwirtschaft und Fischerei geprägt. Der Erdölboom hat jedoch auch hier seine Spuren hinterlassen und das landwirtschaftliche Potential brach liegen lassen. Dagegen konnte sich der Großgrundbesitz ausbreiten, nicht zuletzt auch als Brückenkopf zur kolumbianischen Drogenmafia. Doch auch die Bauernbewegung hat in und um Guasdualito mit der "Revolutionären Bauernfront Simà³n Bolivar" ein historisches Zentrum.

Zur Person: Josà© "Pepete" Alvarado

Josà© Alvarado, geboren am 26. Februar 1966, hat seinen politischen Ursprung in der Bauernbewegung von Guasdualito. Aus seinem sozialen Engagement heraus schloss er sich der Linkspartei "Patria para Todos" (PPT, Vaterland für Alle) an, die die Kandidatur und Regierung von Hugo Chávez unterstützte. Die PPT erwies sich jedoch trotz Loyalität zu Chávez in ihrem Verhalten zur einfachen Bevölkerung als eine traditionelle Partei. Nach den Wahlen vernachlässigte sie die tägliche Arbeit für soziale Verbesserungen zugunsten der armen Schichten und fühlte sich viel mehr als Opposition in den Kreisen der alten politischen Klasse daheim. Josà© Alvarado, der aufgrund seiner Verbindung zur sozialen Bewegung große Popularität genoss, trennte sich deshalb von der PPT und kandidierte im Herbst 2004 als unabhängiger Kandidat mit der Basisbewegung des Volkes (MBP). Sein Wahlspruch war "Für die Macht des Volkes" und er wurde damit von einer eindeutigen Mehrheit zum Bürgermeister gewählt. Seitdem versucht er mit seinen Mitstreitern, die zum Großteil junge Menschen zwischen 15 und 30 sind, eine neue Form der direkten Demokratie in Guasdualito umzusetzen, um so ein Beispiel der "Volksmacht" für ganz Venezuela zu zeigen.

Zur Reise

Im Rahmen seiner Europareise wird Josà© Alvarado nicht nur von den Entwicklungen im bolivarianischen Venezuela berichten. Besonders die Erfahrungen einer neuen Form der Gemeindeverwaltung und der direkten Demokratie können auch über den konkreten Kontext hinaus interessanten Anregungen für eine alternative Politik bringen. Josà© Alvarado wird Gemeinden besuchen, die von progressiven Bewegungen verwaltet werden, um auch in Europa Anregungen und Erfahrungen sammeln zu können und mögliche Gemeindepartnerschaften anzuregen.
Josà© Alvarado wird im Rahmen seiner Reise u.a. ein Projekt einer "Schule der Volksmacht" vorstellen, das die Gemeinde begonnen hat, um die alte politische Kaste durch neue, dem Volk Menschen zu ersetzen, die sowohl in technischen, Verwaltungs-, als auch in politischen Angelegenheiten in der Lage sind, das Projekt der "Gemeinde der Volksmacht" zu realisieren.
Darüber hinaus wird Josà© Alvarado und seine Bewegung MBP im Januar 2006 zu einem internationalen "Antiimperialistischen Bolivarianischen Treffen" (Campo Bolivariano Antiimperialista) nach Guasdualito einladen, das im Rahmen seiner Reise vorgestellt wird.