Abu Ghraib Folteropfer Haj Ali straft "Die Presse" lügen

28.12.2005

Irakischer "Informant" machte sich nicht einmal die Mühe der
Recherche

Am 13.12.2005 veröffentlichte "Die Presse" einen Artikel,
der zwar nicht versuchte Haj Alis Martyrium im US-Gefängnis von Abu Ghraib in
Zweifel zu ziehen, aber ihm nicht nur eine Nähe zum Baath-Regime unterstellte,
sondern auch seine persönliche Beteiligung an Verbrechen behauptete.

Zur Erinnerung: Haj Ali ist jener Mann, dessen Bild mit
Kapuze und Elektroden an den Armen die Welt erschütterte. Ihm wurde die
Einreise sowohl nach Italien als auch nach Österreich verweigert. Man muss
nicht Anhänger von Verschwörungstheorien sein um zu vermuten, dass dahinter das
Interesse steht, die Beziehungen zum Großen Bruder in Washington nicht aufs
Spiel zu setzen auch wenn man so die Meinungsvielfalt und -freiheit der
Staatsräson zum Opfer bringt.

Zurück zum Presse-Artikel: Bereits die Quelle musste den
aufmerksamen Leser stutzig machen. Ali al-Zahid ist der Hofiraker der
US-Botschaft in Wien und erhält damit das Recht immer wieder im ORF für die
Bombardierung und Besetzung seines Landes einzutreten. Damit nicht genug,
scheint er ganz eng mit den ultrabellizistischen Kräften verbunden zu sein, die
den Krieg gegen den Iran fordern und damit weit über die offizielle US-Position
hinausgehen. So gehörte er de facto zu den Mitveranstaltern eines
Diskussionsabends mit dem deutschen Kriegstreiber Thomas Becker am 9.3.2005 in
Wien, der angesichts der Proteste von Kriegsgegner abgesagt werden musste.

Unter dem Gesichtspunkt der journalistischen Seriosität ist
es mehr als bedenklich jemandem die schlimmsten Bluttaten anzulasten ohne einen
einzigen belastenden Namen zu nennen - weder den eines Opfers noch den eines
Zeugens. Nun stellt sich heraus, dass Haj Ali zum behaupteten Zeitpunkt der
Ereignisse die Funktion des Mukhtars gar nicht innehatte.

Die offensichtliche Raubersg'schicht scheint unabhängige
Bestätigung dadurch zu erfahren, dass der Vermerk im Schengen-Register laut
Bericht von Deutschland stamme und es dabei "um Dinge aus der Zeit von Saddam
Hussein" ginge. Schade nur, dass es in das Register keine öffentliche Einsicht
gibt und somit eine Behauptung eine solche bleiben muss. Aber auch hier kontert
Haj Ali. Er habe nie einen Visumsantrag für die BRD gestellt und ein kleiner
Dorfvorsteher wird wohl kaum dienstlich nach Europa reisen. Ohne Antrag aber
auch kein Eintrag ins Register.

Doch lassen wir Haj Ali nun selbst zu Wort kommen: "Was die
Anwürfe gegen meine Person betrifft, die laut 'Presse' von einem gewissen Ali
al-Zahid stammen, so war ich im besagten Jahr 1998 kein Bezirksvorsteher und
habe diese Funktion erst ab dem Jahr 2002 ausgeübt. Ich wohnte in diesem
Bezirk, dessen Vorsteher ich später wurde, überhaupt erst seit 2000. Ich war ebenso wenig 'Dorfvorsteher von Saddams Gnaden',
denn ich wurde ins mein Amt nicht von der Regierung bestellt, sondern von den
Bewohnern gewählt. Mein Konkurrent konnte anfangs durch Bestechung der
Wahlkommission die Wahl für sich entscheiden. Als diese Bestechung aufflog,
habe ich die Stelle schlussendlich doch erhalten. Ich habe die Leute meines
Bezirks verteidigt. Der Grund meiner Verhaftung seitens der Amerikaner könnte mein
Protest gegen die Deponierung von Giftstoffen und menschlichen Leichenteilen,
die mutmaßlich von der Schlacht beim Flughafen stammen, sein.
Im Gegenteil zu den Behauptungen wurde ich 1994 unter
Saddams Regime selbst verhaftet. Einige meiner damaligen Haftgenossen stehen
heute an der Seite der Besatzung und halten angesehene Posten. Ich habe meine
Verhaftung in der Zeit des Baath-Regimes nicht ausgenützt, um heute daraus
politischen Gewinn zu schlagen. Ich sprach nicht darüber, weil ich der heutigen
Besatzung durch den oft angewandten Umkehrschluss in keiner Weise Legitimität verleihen
wollte und will.
Und in der deutschen Botschaft war ich nie, ich weiß nicht
einmal wo diese liegt.
Haj Ali (Ali
Shalal Abbas al Qaisi)"

Abschließend sei
noch die Bemerkung gestattet, dass es bezeichnend ist, dass weder über die
Visumsverweigerung noch über die politische Initiative, die sich gegen die zu
enge Anlehnung an die USA und ihren Kriegskurs zur Wehr setzt, berichtet wurde.
Wenn es jedoch möglich scheint, ein Folteropfer ins Zwielicht zu bringen, dann
findet sich allemal Platz in den Spalten der Zeitungen.

Willi Langthaler

Nähere
Informationen: 0699 17233113