"Es ist ein Kolonialkrieg um Ölreserven und globale Dominanz"

01.02.2003

Treffen mit Naji Sabri

Naji Sabri war lange Zeit irakischer Botschafter in Wien. Heute ist er Außenminister des Irak und führt in dieser Funktion die Verhandlungen mit der UNO. Die Internationale Solidaritätsdelegation traf ihn am 2. Januar in seinem Amtssitz in Bagdad. Wir geben seine Ausführungen zusammengefasst wieder:

Die UNO wird derzeit als Instrument gegen den Irak eingesetzt. Die politische und militärische Kampagne, die gegen uns geführt wird, hat ein unvergleichliches Ausmaß. Wir sind natürlich nicht in der Lage, dieser Kampagne auf dem gleichen Niveau zu begegnen. Doch kein Land dieser Welt wäre in der Lage, das zu tun, auch kein europäisches.

Es handelt sich um eine kolonialistische Kampagne. Diesen kolonialistischen Zug zu bekämpfen, liegt im Interesse aller Länder der Welt, nicht nur im Interesse des Irak. Das Ziel dieser US-Kampagne ist es, die Erdölreserven in der Nahostregion unter ihre Herrschaft zu bekommen. Damit wollen die USA die volle Kontrolle über den Nahen Osten erlangen. Ist aber einmal die erdölreichste Region in den Händen der USA, so können sie damit die ganze Welt kontrollieren, denn Erdöl ist ein unabdingbarer Rohstoff für alle Länder.

Die Geschichte dieser kolonialistischen Mission für irakisches Öl ist lang. Ich beginne mit dem Jahr 1990. Am 6. August 1990 verabschiedete die UNO ihre Resolution Nr. 660 und verhängte damit Sanktionen über den Irak. Damit sollte unser Land dazu gezwungen werden, seine Truppen aus Kuwait abzuziehen. Nach dem Krieg, als der Irak keine Truppen mehr in Kuwait stationiert hatte, hätten die Sanktionen per Gesetz am 28. Februar 1991 aufgehoben werden müssen. Das war nicht der Fall. Am 3. April 1991 wurde hingegen eine neue UN-Resolution verabschiedet, Nr. 687, die dem Irak wiederum Sanktionen auferlegte. Vorwand war der angeblich Besitz von Massenvernichtungswaffen. Die Resolution verlangte die vollkommene Entwaffnung des Irak.
Ende 1991 war das Abrüstungsprogramm beendet. Alle irakischen Waffen oder Waffenproduktionsstätten waren zerstört worden. Zusätzlich waren auch eine Menge ziviler Einrichtungen zerstört worden, etwa Fabriken, die Impfstoffe gegen die Maul- und Klauen-Seuche von Rindern herstellten.

1997 verlangte die UNO die Präsidentenpaläste zu inspizieren. Laut Übereinkunft begannen die Inspektionen im Mai 1998.

Im Zuge der Inspektionen wurde den irakischen Behörden von der UNO bestätigt, dass sie zu 99% mit den Waffeninspektoren zusammenarbeiten würden. Doch diese Kooperationsbereitschaft wurde von den USA mit wiederholten Luftschlägen gegen irakische Einrichtungen, vor allem im Süden des Landes, beantwortet. Die USA forderten die UNO auf, die Inspektoren abzuziehen.

Im Laufe des Jahres 2002 appellierten viele Länder der Dritten Welt angesichts der sich verschärfenden Lage an den Irak, die neuerlich geforderten Inspektionen zuzulassen, um so einen Krieg zu verhindern. Am 16. September 2002 akzeptierte der Irak die neuen UN-Untersuchungen. Auch heute wird international unsere vollkommene Kooperationsbereitschaft allgemein bestätigt. Allein die von den USA veranlasste UN-Resolution 1441 ist voll Hass gegen unser Land und zielt darauf ab, unter allen Umständen einen Krieg herbeizuführen.

Wir wissen, dass der Bericht der UN-Waffeninspektoren positiv sein wird, da er positiv sein muss. Der Irak besitzt keine Massenvernichtungswaffen. Unter diesen Umständen würde ein Krieg gegen den Irak Implikationen weit über die Grenzen des Irak hinaus haben. Die Bevölkerungen aller arabischen Länder würden sich ebenso angegriffen fühlen und viele würden als Freiwillige auf der Seite Iraks kämpfen wollen.

Heute geht es um die Verteidigung unseres Landes. Wir laden daher jene Teile der Opposition, die sich als Patrioten verstehen und ihr Land nicht den USA überlassen wollen, ein, zurückzukommen. Wir haben bereits Verbindung mit ihnen und ihren Leuten im Irak aufgenommen. Wir bereiten ebenso die Überarbeitung der Verfassung und ein neues Parteiengesetz vor, um die Zusammenarbeit mit der Opposition zu ermöglichen. Für jene Oppositionelle allerdings, die von den USA finanziert und unterstützt werden, gibt es keinen Platz im Irak. Sie sind auf die Seite des Gegners übergelaufen und unterstützen die Aggression gegen ihr eigenes Land.

Trotz der militärischen Übermacht ist der Irak in der Lage sich zu verteidigen. Wir haben bereits Waffen an die Bevölkerung verteilt. Auch die Stämme in den ländlichen Gebieten sind bewaffnet. Zivilisten, sowohl Frauen als Männer, werden militärisch ausgebildet. Das irakische Volk steht hinter der Regierung und ist bereit sein Land zu verteidigen. Unsere Partei, die Arabische Sozialistische Baath Partei, ist in der Bevölkerung tief verankert. Sie existiert seit 55 Jahren und hat viele hunderttausend Mitglieder. Sie ist die größte Massenpartei im arabischen Raum.

Wir sind stolz auf jede Unterstützung aus dem Ausland, doch was die Verteidigung unseres Landes betrifft, so greifen wir allein auf unsere eigenen Kräfte zurück. Wir sind in der Lage dem Angriff zu widerstehen. Es wird den USA nie gelingen, unser Land unter ihre Kontrolle zu bekommen. Wir sind 26 Millionen, die Hälfte von ihnen wird ihr Land mit der Waffe in der Hand verteidigen.