Durchbruch der Solidarität: Lebenszeichen oder Einzelfall?

31.08.2008


Die gelungene Aktion der Free-Gaza-Bewegung, bei der die israelische
Blockade gegen den Gaza-Streifen mit zwei Booten durchbrochen
wurde, schlug weltweit Wellen. In einer Zeit, in der die Aushungerung durch das Embargo und die täglichen
israelischen Angriffe auf Palästinenser fast selbstverständlich
geworden sind, für viele sogar als Selbstverteidigung gegen die Hamas gelten, stellt die Aktion von Free Gaza neuen Wind in den Segeln der westlichen
Anti-Kriegsbewegung dar.

Tiefschlaf der Antikriegsbewegung
Die Antikriegsbewegung ist an der Tatsache gescheiter, dass der Krieg gegen den Irak und seine globale Ausweitung - trotz der Opposition einer breiten, öffentlichen Meinung - nicht verhindert werden konnte. Außerdem verstummte sie vor der Frage des Widerstands, der sich im assymetrischen Krieg gegen die Besatzungsarmeen formiert hat. Die westliche Anti-Kriegsbewegung versank damit in einen Tiefschlaf. Die Tatsache, dass sich die Kriegsopfer nicht mehr mit der Rolle von mitleidserregenden "Miserables" begnügen wollen und sich gegen die Besatzung wehren, war für die "Passivisten" ein Problem. Außerdem verfolgten die Träger dieses Widerstands eine andere Ideologie, ja ein anderes Weltbild, und sie schickten auch viele der "fortschrittlichsten" Kriegsgegner nach Hause. Seit den Wahlen wurden die Palästinenser für ihre demokratische Meinungsäußerung bestraft. Die Welt schaute zu.

Die Aktion von Free Gaza brach erstmals das mediale Schweigen. Eine gut koordinierte Aktion solidarischer Menschen, darunter prominente Friedensaktivisten aus verschiedenen Ländern, eine 80-jährige Nonne, eine britische Journalistin, die in Afghanistan entführt wurde und danach zum Islam konvertiert ist - eine bunte Truppe eben.

Palästinensische Pässe für Aktivisten
Die zwei Boote segelten aus Gaza am 28. September nach Zypern zurück. Auf den Schiffen sind auch sieben kranke Palästinenser, die bisher wegen der Blockade an keine medizinische Behandlung kommen konnten. In einer symbolischen Geste verlieh der palästinensische Primierminister Ismail Haniyyeh den 35 Aktivisten palästinensische Pässe diplomatischen Grades. "Sie gelten als Palästinenser und sollen Botschafter des palästinensischen Volks in ihren jeweiligen Ländern sein", sagte Haniyyeh auf einer Pressekonferenz.

Die zwei Boote waren seit 41 Jahren die ersten Schiffe aus dem Ausland, die am Hafen von Gaza andockten. Die Tatsache, dass sie mit ihrer vorgekündigten Aktion die israelische Blockade durchsegeln konnten, zeigt, dass auch die israelsche Armee Angst vor Öffentlichkeit hat. Die Boote mit Medikamenten und Nahrungsmittel aufzuhalten wäre unklug gewesen. Diese zu versenken wäre eine politische und mediale Katastrophe für "die einzige Demokratie im Nahost". Dem Staat blieb nichts übrig als den israelischen Teilnehmer, den prominenten Friedensaktivisten und Universitätsprofessor Jeff Halper, bei der Heimkehr zu verhaften. Dies weil er den Militärbefehl verletzt habe, der israelischen Staatsbürgern verbietet, Gaza ohne Sondergenehmigung zu betreten.

Es zeigt sich, dass erfolgreiche und effektive Solidaritätsaktionen möglich sind, wenn der politische Wille vorhanden ist. Jedoch bleibt die Blockade über Gaza immer noch aufrecht und es benötigt mehr, um diese endgültig zu beenden. Es hat bisher nicht einmal die Massenüberquerung der ägyptschen Grenzen gereicht. Die Feier darf das Einschlagen der israelischen Granaten nicht übertönen. Die weltweite Solidaritätsbewegung muss zeigen, ob diese Aktion den Beginn des Verfalls der israelischen Blockde markieren kann, oder ob diese nur eine spektakuläre Einzelaktion von wunderbaren Menschen bleibt.

Mohammed Aburous