Und wieder haben sie ihm die Kapuze übergezogen!

03.10.2005

Berlusconi-Fini Regierung verweigert die Ausstellung eines Visums für Haj Ali, Folteropfer von Abu Ghraib

Kommunique der italienischen Komitees Freier Irak

Am Morgen des 29. September ging Haj Ali, Symbolfigur der Folterungen in Abu Ghraib, zur italienischen Botschaft in Amman (seit seiner dramatischen Erfahrung lebt er zur Zeit in Jordanien), um das ihm zugesagte Visum zum Zweck seines Europabesuchs in Empfang zu nehmen. Nach drei Wochen der Pilgertour zur Botschaft wurde ihm nun letztlich erklärt, er werde kein Visum erhalten.

Die Botschaft bediente sich des lächerlichen Vorwands, daß Haj Ali keine jordanische Staatsbürgerschaft besitzen würde und sie ihm daher kein Visum zuerkennen könnten. Absurd! Jeder weiß, daß eine Staatsbürgerschaft des Landes, in dem der Visaantrag gestellt wird (tatsächlich von der Botschaft im letzten Moment ausgedacht) keine Vorbedingung einer Visaerteilung ist. Diese einzigartige und ausschließende politische Entscheidung kommt direkt aus den Palästen der römischen Regierung. Sie ist nur durch die willentliche Unterordnung unter das US-Diktat zu erklären. Aber da ist ein weiterer Gewinn für sie: Sie wollen Haj Ali, der die höchst menschliche Form der Anklage gegen die entsetzliche Besatzung seines Landes repräsentiert, zusätzlich demütigen. Und sie wollen mit ihm auch die wachsende Solidaritätsbewegung mit dem Widerstand des irakischen Volkes demütigen.

Nach Aussage des verantwortlichen Beamten der Botschaft muß Haj Ali "lediglich" in der diplomatischen Vertretung Italiens in Baghdad vorsprechen. D.h. innerhalb der "Green Zone", die eine amerikanische Festung im Herzen Baghdads darstellt. Nach Wochen der Versuche des Visaerhalts sind wir damit letztlich an dem Punkt angelangt, daß das Folteropfer zu seinen Peinigern geschickt wird, um sich ein weiteres "Nein" abzuholen – oder etwas noch viel Ärgeres.

Die Berlusconi-Fini Regierung hat sich daher selbst übertroffen. Sie vereitelten, daß mit Haj Ali das Symbol der Brutalität der militärischen Besatzung des Irak nach Europa kommt, wo er in dutzende Städte ebenso eingeladen ist, wie von mehreren großen Medienanstalten. Das stellt eine weitere schillernde Bestätigung sowohl der Arroganz der Regierung als auch ihrer Unterordnung unter die USA dar.

Diese schändliche Entscheidung, zu der die Regierung nicht einmal den Mut fand, sich zu bekennen, wurde auch durch das Stillhalten der Führer der Mitte-links Opposition im Kampf um die Visaerteilung für die Chianciano Konferenz möglich. Sie unternahmen nichts im Angesicht der Verletzung der Menschenrechte und des Bruchs des Rechts auf freie Meinungsäußerung, ganz abgesehen vom Maulkorb, den sie dem "Mann mit der Kapuze von Abu Ghraib" damit verpassen.

Wir müssen einen starken demokratischen Alarm läuten. Nachdem sie die internationale Konferenz "Für einen gerechten Frieden, mit dem Widerstand" vereitelten wollen sie ebenso verhindern, daß die barbarische Folterung am unmittelbarsten durch die Person, die sie erlitt, bloßgestellt wird.

Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir weder aufgeben oder klein beigeben können, noch wollen. Das ist nicht nur unser Kampf. Mehr und mehr wird es zum Kampf aller ernsthaften Demokraten. Nichts weniger als das Recht auf Wahrheit steht derzeit auf dem Spiel.

Der Kampf geht weiter. Wir haben Schritte gesetzt, um Visaansuchen an andere europäische Staaten zu richten. Nichtsdestotrotz wird es Haj Ali nicht möglich sein, am internationalen Treffen in Rom am 2. Oktober anwesend zu sein. Aber wir werden das Projekt seiner Europatour nicht aufgeben; das Projekt, ihn in jede Ecke des Kontinents zu bringen und dadurch die monströse Verletzung der Menschenrechte durch die US-Regierung öffentlich zu brandmarken.

Das Treffen in Rom stellt daher eine Gelegenheit dar, den herrschenden Despotismus in Italien anzugreifen, ist Zeitpunkt und Anlaß, gegen die Verletzung der durch die Verfassung garantierten Rechte zu protestieren, stellt einen Punkt der Wiederaufnahme des Kampfes dar, nicht nur Haj Ali, sondern auch die legitimen Vertreter des irakischen Volks nach Europa zu bringen, um die geplante internationale Konferenz abhalten zu können.

29. September 2005