Grexit: Merkels Falle

02.06.2012
Errikos Finalis, führendes Mitglied der Kommunistischen Organisation Griechenlands (KOE), die Teil von Syriza ist, über Griechenland und die Eurozone
Von Wilhelm Langthaler
Die IWF-EU-EZB Troika ist ein Regime von kolonialer Art der politischen und wirtschaftlichen Besatzung, innerhalb der EU, welches die letzten Spuren der bürgerlichen Demokratie und nationalen Unabhängigkeit tilgt. Sie führt eine Politik der sozialen Auslöschung. Das Diktat aus Brüssel und besonders Deutschland führt Griechenland in die Richtung des Ausstieges aus der Eurozone um das griechische Volk zu bedrohen und es politisch unter Kontrolle zu halten.

Die Syriza Koalition wird in eine Partei umgewandelt. Besteht hierbei nicht die Gefahr, dass der linke Flügel von Syriza marginalisiert und unterdrückt wird?

Die Wahlbestimmungen führen dazu, dass dieser Schritt praktisch obligatorisch ist. Der Erste bekommt einen Bonus von 50 Sitzen - unter der Bedingung, dass es sich um eine Partei handelt. Es ist also auch eine Botschaft an das Volk, dass wir wirklich gewinnen und eine Volksregierung bilden wollen, sofern wir dem enormen Druck der auf uns lastet standhalten.
Wir halten die Transformation in eine Partei für ein technisches Detail ohne weitergehende politische Implikation. Synaspismos (Euro-kommunistische rechte Spaltung der Kommunistischen Partei) hält ohnehin die Mehrheit und es bleibt eine Art proportionale Vertretung in der Führung erhalten, auch mit der Transformation in eine Partei. In jedem Fall müssen wir kämpfen.

Syriza ist gegen das Sparprogramm der Troika aber will gleichzeitig in der EU und der Eurozone bleiben. Ist das nicht ein Widerspruch sowohl zur Realität als auch zu eurer langjährigen Position?

Der Austritt aus der Eurozone ist unter den derzeitigen Umständen keine unmittelbare Forderung der KOE. Mit der Unterzeichnung des ersten Abkommens im Mai 2012 mit der IWF-EU-EZB Troika von einer Regierung, die zum damaligen Zeitpunkt bereits jegliche demokratische Legitimität verloren hatte, wurde ein spezielles Regime über Griechenland verhängt. Es ist ein Regime von kolonialer Art der politischen und wirtschaftlichen Besatzung, innerhalb der EU, welches die letzten Spuren der bürgerlichen Demokratie und nationalen Unabhängigkeit tilgt. Es führt eine Politik der sozialen Auslöschung. Das Diktat aus Brüssel und besonders Deutschland führt Griechenland in die Richtung des Ausstieges aus der Eurozone um das griechische Volk zu bedrohen und es politisch unter Kontrolle zu halten. Unter deutscher Kontrolle bereiten sie sich auf einen griechischen Ausstieg zu ihren Bedingungen vor. Wir müssen gegen den alternativen deutschen Plan sein, eine extrem entwertete nationale Währung einzuführen

Aber die Troika wird ein Abgehen von den Sparmaßnahmen nicht dulden.

Sie haben aber auch ein riesiges Problem. Es ist nicht sicher, dass sie diese harte Linie beibehalten können wenn sie sich massivem Widerstand aus dem Volk gegenübersehen. Vielleicht benötigen sie die Inszenierung eines Staatsstreiches?

Glauben Sie wirklich, dass eine Lösung innerhalb der Eurozone möglich ist?

Es ist klar, dass es nicht möglich ist ein Land wie Griechenland innerhalb der Eurozone wiederaufzubauen. Um das Ziel sozialer und nationaler Emanzipation zu erreichen müssen wir die EU und die Eurozone verlassen. Das bleibt unser historisches Ziel. Aber wir sollten nicht in die Falle tappen, die von Merkel vorbereitet wurde, nämlich ein sofortiger Ausstieg unter ihrer Führung und zu ihren Konditionen. Das unmittelbare Ziel ist es, dieses spezielle extrem neoliberalistische Regime, das von der Troika eingeführt wurde, zu stürzen, welches unser Volk in die Armut stürzt. Die Leute müssen von der Notwendigkeit eines Ausstieges überzeugt und vorbereitet sein.

Gibt es in der Volksbewegung einen wichtigen Teil der diese Position unterstützt?

Eine große Mehrheit würde das Ende der extremen Sparmaßnahmen und des diktatorischen Regimes, welches von der Troika eingesetzt wurde, unterstützen. Aber die Ideen, was das genau bedeutet und wie es erreicht werden kann bleiben unscharf. Wenn man plump den Austritt aus der Eurozone fordert wird man keine Mehrheit um sich sammeln können. Aber gleichzeitig sagen die Leute klar, dass sie nicht um jeden Preis drinnen bleiben wollen.
Man muss auch bedenken, dass die soziale Basis von Syriza sich verändert hat. Zuvor war es eine Koalition aus der Mittelklasse und Intellektuellen, aber jetzt sind die Volksmassen die Hauptbasis.

Meinungen in Interviews sind nicht notwendigerweise Positionen der Antiimperialistischen Koordination