Türkisgrünes Terrorpaket zum Rohrkrepierer machen

16.12.2020
Die ÖVP kann ihr Feindbild politische Muslime nur mit halber Wucht treffen – trotzdem ist das Gesetz eine Gefahr für die Grund- und Freiheitsrechte, die es vorgibt zu schützen
von Wilhelm Langthaler
Fast trotzig verkündet die VP-Ministerin für Desintegration, Susanne Raab, dass sich das Gesetz sehr wohl gegen den Politischen Islam richten würde. Die Türkisen führen damit ihre Kampagne gegen die Muslime fort, die sie von der FP übernommen und zur Regierungslinie gemacht haben – obwohl ihr Kampfbegriff „Politischer Islam“ nicht im Gesetz auftaucht und von der FP auch gleich angekreidet wurde.
Das ist für österreichische Gerichte "Gutheißung des Terrorismus"

Die im Sommer aus der Taufe gehobene „Dokustelle gegen den Politischen Islam“ sollte das dazugehörige Gesetz bekommen. VP-Parlamentspräsident Sobotka ist sich wohl als genialer Taktiker vorgekommen, die ex-linken „Antisemitismus“schreier des DÖW in seinen Sold zu nehmen, (politische) Muslime zu Nazis umzudefinieren und sie dann mit einem Verbotsgesetz totzuschlagen.

Doch dieser geschickt mit Antifa getarnte Anschlag auf die Meinungsfreiheit ist nicht im vollen Umfang gelungen. Zunächst hatte man nach der Bluttat in Wien angekündigt, die islamischen Unmenschen noch dieses Jahr legistisch zur Strecke zu bringen – einschließlich der alten Schutzhaft. Dann diskutierte man wochenlang und kritische Stimmen wurden lauter: Einerseits dämmerte es, dass die Rambo-Razzia gegen langjährig tätige und vielfach öffentlich unterstützte muslimische humanitäre Vereine eine juristisch substanzlose Propagandaaktion war. Andererseits stieß die eklatante und offensichtlich erwünschte Ungleichbehandlung von Muslimen auf. Zu allem Unglück für Kurz & Co kippte dann noch der Verfassungsgerichtshof aus diesem Grund das Kopftuchverbot, denn Kippa und andere religiöse Kopfbedeckungen waren nicht untersagt worden.

Um dieses Jahr doch noch irgendetwas vorweisen zu können, wurde auch das Projekt der Sicherungshaft, also Leute wegen einer angenommenen Gesinnung ohne Verurteilung wegzusperren, auf später verschoben, um so den Weg für ein Rumpfgesetz gegen die Meinungsfreiheit freizumachen.

 

Iteration des § 247a StGB Staatsfeindliche Bewegung

Man darf spekulieren, dass es bei der Textierung zu größten Schwierigkeiten gekommen ist. Daher mag man den Text des Paragraphen gegen die Reichsbürger als Basis genommen haben und statt der Staatsfeinde die „religiös motivierten Extremisten“ eingesetzt haben.

Der Paragraph § 247a ist an sich problematisch, weil er wie der Terrorparagraph § 278b in Absatz (1) nicht eine Tat ins Ziel nimmt, sondern das Vehikel einer Organisation zur Tat dazwischenschaltet.

Damit ist der Willkür Tür und Tor geöffnet und werden der Organisation zugeordnete oder unterstellte politische Ideen verhandelt und nicht mehr Taten. Das sah man sehr deutlich am Terrorprozess gegen die Tierschützer, gegen linke türkischen Aktivisten und natürlich zahlreiche Muslime.

Doch zumindest konkretisiert § 247a in (3) dann was unter einer „staatsfeindlichen Bewegung“ zu verstehen sei: nämlich wenn die Hoheitsrechte der Republik rundweg abgelehnt oder behauptete Hoheitsrechte selbst angemaßt würden.

Wie haben die Moslemjäger und ihre grünen Behübscher den Paragraphen nun gegen Muslime transponiert? Wir entnehmen den Medien (denn der Gesetzesentwurf ist bis dato noch nicht öffentlich), dass analog Absatz (1) die religiös-extremistische Verbindung auf „gesetzeswidrige Art und Weise die wesentlichen Elemente der demokratischen rechtsstaatlichen Grundordnung durch eine ausschließlich religiös begründete (...) Ordnung zu ersetzen versucht“. Analog (3) besteht die „ernstzunehmende gesetzeswidrige Handlung“ der Vereinigung dann darin, dass „sie die Vollziehung von Gesetzen (...) zu verhindern oder sich religiös begründete Hoheitsrechte anzumaßen oder durchzusetzen versucht“. Die islamischen Reichsbürger sind also kunstvoll zur Strecke gebracht. [https://www.derstandard.at/story/2000122537911/ministerrat-will-umstrittenes-anti-terror-paket-beschliessen]

Allein, diese Kombination von islamisch und Reichsbürger gibt es kaum. Will ein Richter eine Verurteilung eines politischen Muslims mit dem Gesetzestext rechtfertigen, dann muss er den konkreten Teil der unmittelbaren Ablehnung der Staatsgewalt unterschlagen und sich allein auf den Meinungs- und Gesinnungsteil beziehen. Womit wir dort wären, um was es der neoliberal-autoritären Regierung geht, nämlich jene zu verfolgen, die das bestehende Herrschaftssystem politisch ablehnen, auch wenn sie es konkret im unmittelbaren Vollzug akzeptieren, so wie die historische kommunistische Bewegung das ebenso getan hat. Es ist ja gerade das Charakteristikum demokratischer Grundrechte, dass man sich politisch auch gegen die bestehende Ordnung richten darf. Sonst wäre beispielsweise eine Verfassungsänderung demokratisch nicht möglich.

Das Gesetz ist also im Kern gefährlich, auch weil es ein bereits in § 278b etabliertes Prinzip der Strafbarkeit von politischer Opposition, Meinung und Gesinnung gegen die neoliberale und zunehmend autoritäre Grundordnung fortsetzt und festigt.

 

Verbot weiterer Organisationssymbole

Schon unter Schwarzblau waren Symbole der Muslimbrüder, der PKK, der Ustascha, der Grauen Wölfe oder der Hisbollah (nur der militärischer Arm, weil die Partei ja die libanesische Regierung dominierte und somit dann Kurz einen weiteren Schurkenstaat ausgerufen hätte) verboten worden. Das war damals reine Symbolpolitik, den bösen und gefährlichen Ausländern müsse das Maul gestopft werden. Doch keine dieser Gruppen ist in irgendeiner Weise eine Bedrohung für die Republik. Viel mehr sind die Gruppen Ausdruck von teilweise schon vergangenen Konflikten, auf die sich verschiedene eingewanderte Bevölkerungsteile nur mehr identitär beziehen. Zudem war der Westen und damit Österreich nicht selten beteiligt. Die Grauen Wölfe genossen beispielsweise die feste Unterstützung der Nato, solange sich ihre Gewalt gegen die linke Opposition richtete. Die politische Auseinandersetzung mit der Geschichte und den gegenwärtigen internationalen Konflikten sollte durch keine willkürlichen identitär motivierten Verbote behindert und damit sogar Konflikte geschürt werden.

Türkisgrün fügt nun nach dem gleichen Strickmuster Symbole weiterer Gruppen hinzu, wie der Hisb al Tahrir. Diese ist das klassische Beispiel für eine quietistische Organisation, wie sie das neue Gesetz eigentlich nicht erfassen würde. Die spricht vom Kalifat, lehnt aber Gewalt ab und hält sich an die bestehenden Gesetze, sosehr sie sie ablehnt. Um das scheinbar links abzudecken, wurden die Identitären von den Grünen gleich dazu gepackt. Dann musste wohl die ÖVP nachdoppelt und die linksrevolutionäre türkische DHKP-C noch dazunehmen.

Lichtet sich der Kampagnennebel gegen Muslime und Ausländer bleibt eines übrig: Widerstand gegen die ungerechte globale Ordnung des Neoliberalismus soll bestraft und unterdrückt werden, sowie die politische Solidarität mit diesem. Damit ist die Grundlage dafür gelegt, auch politisch-soziale Opposition hier gegen das neoliberal-autoritäre Regime mundtot zu machen.

Wehren wir uns dagegen – weg mit den antidemokratischen Terrorgesetzen!