Neue Informationen zur Lage der Gefangenen in der Türkei

11.01.2002

Hoffnung auf eine Lösung im Todesfasten

Die Anwaltskammer aus Ankara, Izmir, Antalya und Istanbul hatten in den letzten Wochen mit einem Vorschlag die Aufhebung der Isolationshaft gefordert. Ihre Aufruf an die Regierung und an den Justizminister 3 Türen mit 3- Bett- Zellen zu öffnen und so die Zusammenkommen von 9 Gefangenen zu ermöglichen, findet Zustimmung in der Öffentlichkeit. Die Todesfastenden Gefangenen und die Angehörigen haben erklärt, dass sie diesen Vorschlag annehmen würden. Nach dem der Justizminister wieder einen seiner klassischen Erklärungen abgegeben hat, nämlich dass diese Lösungsvorschlag "nicht akzeptabel" sei, haben nun auch Künstler und Schriftsteller eine Erklärung abgegeben und die Forderung unterstützt. Weiter forderten sie den Staat auf, weitere Todesfälle zu verhindern und erforderliche Schritte einzuleiten.

Der Abgeordnete der sozialistische Partei, Mehmet Bekaroglu sagte, "in einer Hochsicherheitsgefängnis würde die Zusammenkommen von 9 Menschen die Sicherheit des Staates nicht gefährden".

Aktuelle Informationen

Wie der Vorsitzende der Anwaltskammer Ankara, Sadik Erdogan, mitgeteilt hat, betrachtet Justizminister Hikmet Sami Türk den Vorschlag "Drei Türen, drei Schlösser" positiv. Möglicherweise sei eine Einigung im Todesfasten in Sicht. Erdogan beatwortete auf einer Pressekonferenz im Vorfeld des von der Anwaltskammer Ankara zwischen dem 8. und 11. Januar durchzuführenden "Internationalen Rechtskongress 2002" die Fragen von JournalistInnen. In diesem Zusammenhang teilte er mit, er sei am Samstag mit Justizminister Türk zusammengetroffen: "Möglicherweise kann es zu einer Einigung kommen. Ich habe festgestellt, dass der Minister die Situation mit Sympathie betrachtet."

Auf die Bemerkung, der Minister habe zuvor negativ auf den Vorschlag der Anwaltskammern von Istanbul, Izmir und Antalya reagiert, erklärte Erdogan: "Dabei handelt es sich um ein Missverständnis. Wir schlagen nicht vor, zum Grosszellensystem zurückzukehren. Mit der Öffnung von jeweils drei Türen von Drei-Bett-Zellen können jeweils neun Gefangene zusammenkommen und damit das Problem gelöst werden. Der Minister sagt etwas vollkommen anderes: "Es gibt die Büchereien, die gemeinsam genutzten Sportanlagen, etwas anderes ist nicht nötig", sagt er. Dabei handelt es sich bei dem von uns hervorgebrachten Vorschlag um die Öffnung von jeweils drei Dreibett-Zellen."

Während die Regierung und Justizministerium weiterhin die Aufrufe der Öffentlichkeit zur Lösung des Problems ignorieren, sterben weitere Gefangene.

Zeynel Karatas, 25 Jahre alt, geboren in Dersim, starb am 5. Januar um 00.30 Uhr im F- Typ Isolationsgefängnis. Er wurde am 29. Dezember 2001 wegen der Mitgliedschaft in der Organisation TKP(ML) verhaftet.

Lale Ocak, 27 Jahre alt, geboren in Sivas, starb am 8. Januar um 02.00 Uhr in einem Istanbuler Krankenhaus. Lale Ocak wurde am 21. Dezember 2001 wegen Haftunfähigkeit entlassen, sie beteiligte sich im Widerstand am 27. Mai 2001 in der 4. Todesfastengruppe als Mitglied der Organisation TIKB. An ihrer Beerdigung wurde der Staat ein weiteres Mal aufgefordert, die Isolationshaft aufzuheben.

Staatliche Repressionen über Andersdenkende und Vereine

Im Dezember letzten Jahres wurden in der Türkei alle fortschrittlich progressiven Instutitionenen und Kulturzentren erstürmt, Besucher und Anwesende sowie Mitarbeiter verhaftet. Am 22. Dezember wurde Anatolien Verlag und Technische Redaktion der Zeitschrift Vatan von der Polizei geschlossen. Die Zeitschrift Vatan berichtet über die aktuellen und politischen Ereignisse in der Türkei, und somit eine Alternative zu den Medien, die ihre Nachrichten von der Staat diktieren lassen. Auch die Angehörigenorganisation der politischen Gefangenen TAYAD Anatolien wurde am 27. Dezember von der Polizei versiegelt und geschlossen. Jede Stimme des Volkes, die sich gegen die Tyrannerei erhebt, wird brutal unterdrückt.

Kücükarmutlu

Die Polizei terrorisiert weiterhin die Anwohner, dort herrscht Ausnahmezustand. Bei der Erstürmung dieses Stadtteils am 5. November durch die Antiterroreinheiten wurden in einem der Widerstandshäuser vier Menschen getötet, das Haus wurde unbewohnbar verwüstet. Beim zweiten Erstürmung am 13. November wurde es zum Teil abgerissen. Der Besitzer des
Hauses Yücel Hanoglu, wird daran gehindert, Renovierungsarbeiten durchführen zu lassen. Er selber oftmals und die beauftragten Handwerker sind oftmals von der Polizei festgenommen und bedroht worden. Die Polizei verlangt willkürlich eine Renovierungserlaubnis vom Staatsicherheitsgericht (DGM).Daraufhin beantragte er eine Genehmigung. Der Staatsanwaltschaft bei der DGM drohte Y. Hanoglu damit, dass ihm eine Anklage wegen Missbrauch des DGM`s eröffnen kann, da sie dafür nicht zuständig seien.