Was Haider nicht sagte:

17.02.2002

Aufhebung des Embargos gegen den Irak!

Geifernd stürzen sich die Medien auf den Bagdad-Besuch Haiders. Selbst die ihm sonst so treu ergebene Kronen-Zeitung kritisiert seinen letzten Coup. Ausnahmslos verurteilt auch die politische Klasse Österreichs die symbolische Geste in einer Zeit massiver amerikanischer Kriegshetze gegen den Irak. SP-Geschäftsfühererin Doris Bursch spricht vom Irak als Schurkenstaat und Grünen-Chef Van der Bellen bezeichnete die Reise als "durchgeknallt". Und die kläglichen Reste der Linken schweigen aus Angst mit der Haiderei assoziiert zu werden. Die heilige Allianz der "westlichen Demokratie und Zivilisation" steht wieder einmal vereint!

Dass das andauernde Embargo gegen den Irak bereits an die zwei Millionen Todesopfer gefordert hat, dass es sich dabei um einen regelrechten Völkermord im Namen vermeintlicher westlicher Werte handelt, das ist noch niemandem in den Sinn gekommen. Alle stehen sie brav habt-acht, wenn die "freien Medien" die skrupellose Durchsetzung der neokolonialen Interessen der USA und ihrer Verbündeten zum Kampf für die Demokratie machen – da ist kein Verbrechen zu groß, um nicht als zivilisatorische Wohltat dargestellt zu werden. Frei nach Goebbels: Je größer die Lüge, desto eher wird sie geglaubt.

So bleibt es wieder einmal dem Rechtspopulisten Haider vorbehalten, Kritik an der Kriegshetze und am Embargo gegen den Irak zu äußern. Dass er dabei nicht von antiimperialistischen Motiven geleitet wurde, ist klar. Zu einem guten Teil handelt es sich um einen PR-Gag eines aus dem Rampenlicht verdrängten Egomanen. Doch letztendlich enthalten die Provokationen einen politischen Kern: Diffuse demokratische Momente des Unmuts des Volkes gegen das ungehemmte Wüten des Neoliberalismus, der Globalisierung und des Militarismus werden aufgegriffen, um in einem reaktionären Ganzen mit bisweilen rechtsradikalen Versatzstücken wieder auf die Mühlen des herrschenden kapitalistischen Systems gelenkt zu werden. (Manchmal kann so die breite Masse, manchmal aber auch nur eine Minderheit bewegt werden.)

Saddam Husseins Baath-Regime ist sicher nicht demokratisch. Doch der schleichende westliche Völkermord am irakischen Volk ist es noch weniger. Demokratie ist im Zeitalter der Globalisierung nur international zu fassen und bedeutet vor allem das Recht auf Selbstbestimmung der Völker und Nationen der "Dritten Welt". Denn wie es Marx schon sagte, ein Volk, das andere unterdrückt, kann selbst nicht frei sein.

Die so viel gepriesene westliche Demokratie ist für Milliarden von Menschen die schlimmste Diktatur und Tyrannei. Jeder Mensch, der sich noch den Funken eines demokratischen Verständnisses bewahrt hat, muss für die Aufhebung des Embargos und gegen den Krieg gegen den Irak sein. Es nimmt also nicht wunder, dass Haider diese demokratischen Forderungen mit keinem Wort ausgesprochen hat.

Indes schweigt die "Linke" oder reiht sich gar in die Front der "Zivilisation" ein. Sie macht sich damit des Völkermords mit schuldig. Als linke Variante des Liberalismus ist sie zu einer Stütze des Neokolonialismus geworden und trägt damit wesentliche Mitverantwortung für die Haiderei, die ihrerseits mit ihrem Scheinprotest den Liberalismus letztlich ebenfalls deckt.