Völker zerschlagt Amerika!

02.05.2003

Italien: Antiamerikanisches Manifest

Der Zusammenstoß zwischen uns und der islamischen Welt ist keiner der militärischen Art. Er ist von kulturellem, von religiösem Charakter. Die Wahrheit ist nicht in der Mitte, sondern nur auf einer Seite.
Oriana Fallaci

Der Westen muss sich der Überlegenheit seiner Zivilisation bewusst sein. Einer Zivilisation, die den Völkern breiten Wohlstand und den Respekt vor Menschen-, und religiösen Rechten gebracht hat, etwas, was den islamischen Ländern fehlt.
Silvio Berlusconi

Antiamerikanismus, ob rechts oder links, katholisch oder säkular, nährt sich durch besonders zu verurteilende Härtefälle, um eine allgemeinere Aversion gegen all das, was eine liberal-demokratische Gesellschaft charakterisiert, zu zeigen: Individualismus versus Kollektivismus, Kapitalismus versus einer staatlich kontrollierten Wirtschaft, ökonomische Entwicklung versus Pauperismus, technologischer Vorrang versus philosophischen Spekulationen, breiter Wohlstand versus Austerität, Pragmatismus versus Ideologie, Modernität versus rückwärtsgewandte Tendenzen. Die Vereinigten Staaten sind nicht schuldig für das, was sie tun, sondern für das, was sie sind.
Piero Ostellino

Es ist lächerlich einen Vergleich zwischen einem demokratisch gewählten Präsidenten eines der ältesten demokratischen Länder und Hitler zu ziehen. Wir Deutschen vergessen nicht, dass wir von den Vereinigten Staaten befreit wurden. Die Identifikation des Guten mit amerikanischen Soldaten geht zurück auf meine Kindheit. Und, immerhin haben sie uns vor dem Kommunismus während des Kalten Krieges beschützt.
Joschka Fischer

Antiamerikanismus geht Hand in Hand mit der Position der Neubewertung und Verteidigung des Nationalstaates als einen antiimperialistischen Schützengraben; dieser Versuchung erlagen auch manche Sektoren der Bewegung, wie wir in Porto Alegre sehen konnten. Diese Position einzunehmen wäre wirklich ein Fehler.
Toni Negri


Die Vereinigten Staaten werden – mit oder ohne UNO – den Irak besetzen, um den Nahen Osten zu kontrollieren und ihr weltweites Imperium voranzutreiben. Mit derselben Arroganz reißen sie den Atomwaffensperrvertrag und die Kyoto-Protokolle in Stücke, erpressen die Welt und drohen ihr mit ihren Atomwaffen. Mit unglaublichem Hochmut planen sie Bombardements und Kampfhandlungen, und schaffen neue unterdrückerische Regime um die alten zu erhalten. Sie heben ihr imperialistisches Recht in den Himmel, während sie auf den Rechten der anderen mit Füßen trampeln. Sie sind die größten Produzenten (und Benutzer) von Massenvernichtungswaffen und die größten Kriegstreiber; sie sind die gefährlichsten Terroristen der Welt. Und sie wollen ihr Monopol auf Waffen, Krieg und Terror beibehalten. Sie regieren die UNO, während sie ihre Charter verletzen; sie haben unterwürfige Verbündete, die sie erniedrigen; sie zerstören Völker, deren Willen sie vorgeben auszulegen. Wegen all dieser Gründe müssen wir und sind wir Teil der riesigen Massenbewegung gegen die von den USA geführte Aggression gegen den Irak.

Dieser Krieg, der nichts anderes ist, als ein Schritt in Richtung ihrer absoluten Weltherrschaft, findet sein Fundament in der paranoiden Annahme, dass die Vereinigten Staaten eine "besondere Mission" zu erfüllen hätten – nämlich der Welt ihr liberalistisches System und ihre Kultur aufzuerlegen. Diese Annahme, die in unterschiedlichen kulturellen Milieus ihre Unterstützer findet, kann ihre Ähnlichkeit mit der zionistischen These des "erwählten Volkes", nicht verheimlichen. Selbst in Europa wird jeder, der sich gegen diese totalitaristische, imperialistische und rassistische Ideologie stellt, als "antiamerikanisch" betitelt und der öffentlichen Verachtung preisgegeben. Diese kraftvolle und invasive ideologische und kulturelle Kampagne, die gegen jeden Ausdruck des kritischen Denkens gerichtet ist, soll dazu dienen zu beweisen, dass das amerikanische Imperium von Bush das letzte und größte Bollwerk der menschlichen Zivilisation sei und dass sein Fall die Menschheit in die Barbarei werfen würde. Und plötzlich werden rechte und linke Intellektuelle, nachdem sie das Ende der Geschichte und der Ideologien erklärt und den schärfsten nihilistischen kulturellen Relativismus angenommen haben, zu manichäistischen Fundamentalisten, die sich freiwillig in die Kreuzrittertruppe unter dem Banner der Vereinigten Staaten einreihen, und herausbrüllen, dass die USA auf der guten und richtigen Seite seien, während all ihrer Feinde auf der falschen stündnen. Der frühere liberalistische Skeptizismus wurde durch blindes Vertrauen ersetzt, durch eine wirklich heidnische Religion, deren erleuchtetes Zentrum die USA sind und der Imperator selbst den Ponitfex Maximus verkörpert.

Die Dogmas dieses neuen Kults sind Geld, Konsumismus, Individualismus, Sozialdarwinismus, Technologie und Wissenschaft. Werte wie soziale Gerechtigkeit, Freiheit, Brüderlichkeit und Solidarität werden ausrangiert als nutzloser Ballast. Proamerikaner versuchen die Realität wachsender Ungleichheit und gradueller Verarmung von Millionen von Menschen durch einen Neokolonialismus, der sich alle Ressourcen einverleiben will, zu leugnen; Sie benutzen diesselben ursprünglichen rassistischen Theorien, die von den alten Kolonialisten benutzt wurden, um den Genozid an den Ureinwohnern und die Sklaverei zu rechtfertigen. Unterdrückte Völker "haben keine Seele", und wenn sie sich weigern "entwickelt" zu werden, wenn sie sich nicht amerikanisieren lassen, dann sollen sie zur Hölle fahren: Sie verdienen es bombardiert zu werden. Dieser liberalistische Fundamentalismus spricht die Sprache der Kriminalisierung, der Repression, des permanenten und präventiven Krieges gegen all seine Gegner. Er ist das Signal, dass die bürgerliche Zivilisation den Anspruch der Aufklärung des behaupteten Universalismus verworfen hat und nun ein Opfer einer zwanghaften Todesfahrt geworden ist. Selbst die Beamten dieser totalitären Ideologie werden niemals eingestehen, dass das Ergebnis ihrer Taten genau dasjenige ist, welches sie immer wieder abstreiten bezwecken zu wollen: ein von Hass erfüllter Kreuzzug gegen die islamische Welt, ein Krieg der Zivilisationen.

Wir müssen dieser absichtlichen und vergiftenden Falsifizierung der Tatsachen entgegenstehen und sie eliminieren. Ohne den historischen Kampf der südamerikanischen Völker gegen den Yankee-Imperialismus zu vergessen im Namen eines freien Amerikas, beanspruchen wir das Recht antiamerikanisch zu sein, als Antiamerikaner zu sprechen und so zu fühlen, gegen den Nazismus des neuen Jahrtausends. Amerikanismus ist nicht nur ein Produkt der großen kapitalistischen Interessen der USA, es ist auch ein Ausdruck eines breiteren reaktionären und kolonialistischen sozialen Blocks, der sich selbst zynisch bewusst ist, dass der Wohlstand und die Macht der USA sich aus dem Leid anderer und aus der Plünderung unserer Biosphäre ernährt, und dass dies mit allen Mitteln geschützt werden muss, mit Gewalt und Waffen. Amerikanismus ist nicht nur die politische Ideoloie derer, die glauben, dass die weltweite bewaffnete Tyrannei des Yankee-Imperialismus gerechtfertigt werden muss, legitim und notwendig ist. Amerikanismus ist das letzte ideologische Bollwerk des liberalistischen Denkens, eine Allegorie des Kapitalismus. Wir sind "antiamerikanisch" so wie wir antifaschistisch waren und sind. Wir sind antiamerikanisch weil wir die rassistische Idee einer "auserwählten Nation" ablehnen und auf das Recht der Völker gegen dieses Imperium, das sie droht zu verschlucken, zu kämpfen, beharren.

Wir sind erschüttert über den schrecklichen Niedergang der Intellektualität in den bürgerlichen Schichten; wir lehnen die Unterordnung des Lebens unter eine reine ökonomische Berechnung ab; wir weigern uns eine Konzeption von Reichtum als puren Überschuß an materiellen Gütern gelten zu lassen; wir fordern die Annahme, die kapitalistische Welt sei die einzig mögliche, heraus. Wir denken, dass die Zeit gekommen ist, universelle Werte, auf denen eine neue antikapitalistische Politik begründet wird, zu proklamieren, eine Politik, die als die Kunst, mittels direkter Aktion und der Aktion der Massen einen sozialen Wandel herbeizuführen, verstanden wird. Gegen alle falschen liberalistischen Schlüsse vom Allgemeinen auf das Besondere stellen wir fest:
Die persönliche Freiheit ist unangreifbar, aber sie kann nur dann real werden, wenn die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen aufgehoben ist. Demokratie ist nicht das, wofür Bush vorgibt zu kämpfen, Demokratie impliziert gleiche Rechte für alle Völker und den Respekt der nationalen Selbstbestimmung. Zufriedenheit und Glück sind nur dann ethische Ziele wenn sie nicht durch die immense Akkumulation materieller Güter repräsentiert werden. Eine Sozialisierung ist möglich, und dass bedeutet nicht notwendigerweise eine Verarmung. Wissenschaftlicher Fortschritt ist notwendig, aber wir müssen die fetischgleiche Unterwerfung unter einen technologischen Wissenschaftszwang ablehnen. Modernisierung und Entwicklung sind positive Werte, wenn sie kompatibel mit unserem Ökosystem und den dem Menschen innewohnenden spirituellen Werten sind. Politik muss über die Wirtschaft bestimmen, ebenso wie die Ethik die Wissenschaft regulieren muss. Die Zukunft der Menschen hängt von dem Fall des amerikanischen Imperialismus ab und von der Möglichkeit einen Weg aus dem Kapitalismus zu finden auf der Grundlage einer neuen Gemeinschaft, die auf den universellen Prinzipien von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit begründet ist.

Unterstützer und Unterstützerinnen für dieses Antiamerikanische Manifest melden sich bitte unter aik@antiimperialista.org
Bitte geben Sie Namen, Beruf oder Organisation, und Ort sowie Land an.

Bisherige Unterzeichner in Italien

Unterzeichner und Unterzeichnerinnen:
1)Elisabeth Lindner, Lehrerin, Wien, Österreich
2)Revolutionäre Aktion Niederrhein, Deutschland
3)Elias Davidsson, Komponist, Reykjavik, Island
4)Holger Hermann Haupt, Japanischdolmetscher, Japan
5)Jorge Rojas, Techniker, Chile
6)Thomas Zmrzly, Antifaschistisches Komitee Duisburg, Deutschland
7)Jossif Kowalski, Roter Oktober, Berlin, Deutschland