Wesley Clark: Vom Kriegsverbrecher zum Präsidentschaftskandidaten

28.09.2003

Bush wird von den Demokraten "herausgefordert". Der langgediente Ex-General Wesley Clark, eine Person, die dem "Sicherheitsbedürfnis" der USA gut zu dienen weiß, stellt sich der Herausforderung. Die Waffen des Wahlkampfs sind gewählt: Kriegsverbrecher Bush, als erklärter Haupt-Feind der Anti-Kriegsbewegung, tritt gegen Kriegsverbrecher mit Erfahrung, Wesley Clark, als Held der Anti-Kriegsbewegung, an.

"Seine Kandidatur wird mit Sicherheit die Friedenskräfte stärken und den amerikanischen Präsidenten Georg Bush aus dem Sessel heben." schreibt Jim Lobe, Inter Press Service. Clark steht laut Wahlprogramm gegen den Krieg im Irak, gegen den "Krieg gegen den Terror", für demokratische Rechte, für das Recht auf Abtreibung und für ein besseres Gesundheitswesen. Das alles macht ihn zum Sprachrohr der liberal orientierten amerikanischen Machtriege. Michael Moore, Bestsellerautor von "Stupid White Man", gibt ihn auf jeden Fall seine Stimme und macht damit dem Namen seines Buches alle Ehre.

Wesley Clark ist der maßgeschneiderte Kandidat, um der kriegstreiberischen und völkerrechtswidrige Politik der USA in all ihren Facetten gerecht zu werden: Von der "humanitären" Politik eines Bill Clintons, im Zuge derer Jugoslawien 1999 unter einem Bombenteppich der NATO begraben wurde, bis zur Terror-Politik eines Bush, der im Alleingang für die Vorherrschaft der USA kämpft. Immerhin hat Clark im Gegensatz zu Bush auch noch eine Vergangenheit mit Kriegserfahrung vorzuweisen:

Bereits zu Zeiten des Vietnamkriegs hat er sich als General profiliert. 1994 leitete er die militärischen Intervention in Haiti. In den Jahren 1996/97 befehligte er das "US Southern Command" für Lateinamerika, welches in letzter Instanz verantwortlich zeichnet für die Ermordung von 2400 politischen Aktivistinnen und Aktivisten Kolumbiens alleine in den besagten Jahren und den permanenten Terror der paramilitärischen Einheiten der Armeen in Peru, Guatemala, Mexiko und Bolivien.

1999 übernahm er schließlich den Oberbefehl über den Angriff der NATO auf Jugoslawien. Clark selbst hat in einem Interview am 3. Mai 2000 die Frage, welches Ziel die NATO dort verfolgte, ehrlicher beantwortet als es zu erwarten wäre: "Die potentiellen Feinde mussten erkennen, dass die Westmächte militärisch, politisch, diplomatisch und industriell durchaus im Stande sind, Kämpfe auf hoher Intensität, Bodentruppen eingeschlossen, zu führen, wenn ihre lebenswichtigen Interessen verletzt werden oder sogar ihre weniger lebenswichtigen." (Interview IHT, 3. Mai 2000)

Wesley Clark ist einer der Hauptverantwortlichen für tausende Todesopfer, die dieser völkerrechtswidrige Krieg gegen einen Staat, dessen Regierung und Volk nicht bereit waren, sich dem Diktat der USA und deren europäischen Komplizen zu beugen, forderte. Er ist verantwortlich für den Einsatz von Streubomben und von Uranmunition, deren Einsatz als Kriegsverbrechen gilt, und zu Langzeitschäden führt. Er ist mitverantwortlich für die gezielten Zerstörungen der Infrastruktur Jugoslawiens, wodurch Millionen Menschen ihrer wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen beraubt wurden.

Clark forderte damals im Mai die Genehmigung von der politischen Führung der NATO, die jugoslawische Stromversorgung anzugreifen. Es sei nicht akzeptabel, meinte er, dass die Luftangriffe der NATO bis dato die "einzigen der Geschichte waren, während denen Liebespaare entlang des Flussufers in der Abenddämmerung spazieren gingen und vor Cafà©s im Freien aßen, um dem Feuerwerk zuschauen zu können." (The New Yorker, 2.8.2000)

Wesley Clark befürwortete auch den Einsatz von Bodentruppen im Kosovo und meinte im Gespräch mit US-Verteidigungsminister Cohen, dass die vorgesehenen 28.000 Mann für die Bodentruppen auf 50.000 Mann erhöht werden müssen, da dies wegen der massiven serbischen Verminungen notwendig sei.

Besondere Dreistigkeit bewies er mit dem Befehl an den britischen KFOR-General Jackson, die in Pristina stationierten russische Einheit anzugreifen. Jackson verweigerte diesen Befehl mit der Begründung, er wolle nicht den Dritten Weltkrieg verursachen.

Und heute? Heute wird Clark als Anti-Kriegsheld und Experte für inneren Sicherheit lanciert. Doch auch im Falle des Irakkriegs war Clark nicht, wie heute behauptet wird, gegen den Krieg. Der Kern seiner Kritik an Bushs Angriffskrieg auf den Irak ist nicht die plötzliche Läuterung und Besinnung auf das Menschen- und Völkerrecht, sondern eine "Einsicht" die angeblich seinen Erfahrungen im Kosovokrieg entspringt: "Ich hätte zuerst die UN und die NATO als Verbündete gegen al-Quaida gewonnen. Wenn dann die Zeit reif ist, um gegen den Irak, Iran oder Nordkorea vorzugehen, hat man eine starke, geschlossene Gruppe von Alliierten." (Time Magazine 14.10.2002)

Er verlangte also lediglich eine längere und bessere Vorbereitungszeit (mehr Truppen und mehr Verbündete) für den Angriff. Am 5. Februar diesen Jahres sagte er auf CNN, dass "die Glaubwürdigkeit der USA auf dem Spiel" stünde, und dass die USA den Krieg notfalls alleine auch ohne UNO führen müssten.

Nach Berichten versuchte Clark nach Ende seines Diensts als Oberbefehlshaber NATO-Europa in das nationale Sicherheitsteam von Präsident Bush aufgenommen zu werden. Dort war man nicht an ihm interessiert. Verärgert wandte sich daraufhin General Clark den Demokraten zu, wo er anscheinend mehr Erfolg hatte.

Nach dem Motto: "Einen müsst ihr ja wählen, um eure Stimme nicht zu …‚verschenken´. Ein hoch auf das Zwei-Parteien-System" wird einer das Rennen machen. Sowohl Demokraten wie Republikaner finden ihre Stützen im Militär. Sowohl Clark als auch Bush haben die Bedeutung der militärischen Vormachtstellung der USA, um als Zugpferd der kapitalistischen Weltwirtschaft zu funktionieren, verstanden. Sowohl Demokraten wie Republikaner werden weiterhin völkerrechtswidrige Angriffskriege im Namen der "Gerechtigkeit" beginnen und die Souveränität der Staaten und Völker auf der ganzen Welt bedrohen. "Es lebe Amerika, es lebe die Demokratur des wilden Westens!"

Irina Vana, Wien, 26. September 2003