Die Kufiya - Symbol für Widerstand und Solidarität

23.12.2009

Die Kufiya schützt vor Kälte, Sandstürmen, der brennenden Wüstensonne...
Vor allem aber ist kaum ein Kleidungsstück so politisch –das viereckige weiße Baumwolltuch mit seinem spezifischen schwarzen oder roten Muster stammt aus der irakischen Stadt Kufa, verbreitete sich aber rasch als Kopfbedeckung in vielen Variationen in den arabischen Ländern.

Kufiya
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Der Kampf der Palästinenser gegen den britischen Kolonialismus (1922-1948) brachte dem Tuch seine politische Bedeutung: Die Freiheitskämpfer der Revolte von 1936-39 trugen das ursprünglich vor allem von Beduinen und einfachen Bauern genutzte Tuch, um ihre Identität zu schützen, woraufhin die britischen Besatzer versuchten, das Tragen der Kufiya zu kriminalisieren. Festnahmen und Verfolgungen bestärkten aber nur den Widerstandsgeist, sodass auch Frauen das Tuch trugen, damit die Kämpfer schwerer ausfindig zu machen wurden. Seither steht das Tuch als Symbol für den Kampf gegen Kolonialismus und für Selbstbestimmung, vor allem der Palästinenser.

Nach der Katastrophe (an-Nakba) 1948 wurde diese Bedeutung noch wichtiger. Die zionistischen Träume wurden verwirklicht, indem über 750.000 Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben wurden, ihr Land besetzt und „Israels Unabhängigkeitserklärung“ von einem Mann verlesen wurde, der aus seinem verbrecherischen Weltbild nie ein großes Geheimnis gemacht hatte: So schrieb Ben Gurion 1937 in sein Tagebuch: „Die Araber müssen einfach gehen. Aber es bedarf eines günstigen Augenblicks um das geschehen zu lassen, am besten so etwas wie ein Krieg“ – dann, während die ethnischen Säuberungen 1948 ihren Höhepunkt erreichten, verkündete er: „Wir müssen alles tun, um sicher zu gehen, dass sie nie wieder in ihre Häuser zurückkehren... Die Alten werden sterben, und die Jungen werden es Vergessen“. (1)

Die Palästinenser haben aber nichts vergessen. In den Ländern, in die sie fliehen mussten, nutzten sie das Tuch auch, um es weiterhin als Zeichen ihrer Identität im Exil zu tragen. Als der Widerstand der „Palästinensischen Befreiungsorganisation“ (PLO, gegründet 1965) die Sache der Palästinenser in den 70ern international auf die Tagesordnung setzte, trugen es diesmal nicht nur die Freiheitskämpfer und ihr Führer Yassir Arafat, sondern auch große Teile der antiimperialistischen Linken in Westeuropa. Damit war das Tuch nicht nur ein Zeichen für den Widerstand, sondern auch die weltweite Solidarität mit ihm geworden.

In jüngster Vergangenheit tauchte das Tuch dann in der unpolitischen Jugendmode auf. In allen denkbaren Farbkombinationen wird es (wie Chè-Guevara Bilder, Baskenmützen,…) als Teil einer Pop-Kultur angeboten, über deren Nutzung auch Nazis versuchen, ihr altes Image los zu werden und auf junge Menschen attraktiver zu wirken.
Gleichzeitig ereifern sich die „Antinationalen“ über die Beliebtheit des Tuches: In Pamphleten wie „Coole Kids tragen keine Pali-Tücher“ fragen sie „ist Dir kalt oder hast Du was gegen Juden?“. Denn, wer solidarisch mit den Palästinensern sei, müsse ein Antisemit sein. Der vom europäischen Kapitalismus-Imperialismus begangene Holocaust soll den Palästinensern angehangen und damit ihr Kampf gegen den israelischen Kolonialismus delegitiniert werden.
Selbst als Arafat, der seine Kufiya stets so faltete, dass sie die Umrisse Palästinas bildete und der wohl ihr berühmtester Träger ist, das Existenzrecht eines exklusiv-jüdischen Apartheidstaat anerkannte änderte das nichts: er blieb der vermeintlich antisemitische Feind, denn es geht dem Zionismus um nichts weniger als die Auslöschung der Palästinenser als Nation. Darum nützt es auch zahlreichen Hamas-Führern wenig, darauf hinzuweisen, dass ihre Feindschaft mit Israel politischer und nicht religiöser Natur ist.

Wenn die Modeunternehmen das Tuch zu einem Stück Stoff ohne Bedeutung degradieren wollen, Nazis versuchen, ihren Rassismus mit linken Symbolen zu verdecken und Pseudolinke Wirrköpfe die Träger der Palästinensertücher angreifen und verleumden, kann das nur Eines bedeuten: Die ursprüngliche Bedeutung des Tuches darf nicht zerstört oder vergessen werden. Im Gegenteil: Angesichts der weltpolitischen Entwicklungen – das Massaker in Gaza, die vorangegangene erbarmungslose Offensive gegen den Libanon, die illegale Besetzung und Zerstörung des Irak und die gegenwärtigen Säuberungen in Ostjerusalem – ist die Bedeutung des Tuches wohl aktueller denn je. Wer die Kufiya trägt, trägt ein Stück Palästina mit sich, das heißt: Würde, Hoffnung und Widerstandsgeist.

(1) Ben Gurion Zitat von 1937: Tagebuch am 12.Juli 1937: New Judea S. 220
Ben Gurion Zitat von 1948: Tagebuch am 18. Juli 1948, zitiert in Michael Bar Zohar's “Ben-Gurion: the Armed Prophet”, Prentice-Hall, 1967, S. 157

Weiterführende Links:

Dossier zum Antisemitismus-Vorwurf

Und über die Einstaatenlösung

Für einen gemeinsamen demokratischen Staat in Palästina

Ein demokratisches und säkulares Palästina

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