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Leben und Funktion Sharons

14. Mai 2001

Zum Verständnis des palästinensischen Widerstands, Teil 1

Es gibt kaum eine Person im Staatsapparat Israels, in der in derartig konsequenter Weise die unbarmherzige Logik des Araberhasses, des Kriegertums und des politischen Fanatismus vereint sind, wie in der Gestalt des Ariel Sharon.

In frühester Jugend zog es ihn – nicht zum Kosmopolitismus, ergo zur interethnischen Verständigung und Vermittlung, einem der großen atouts der jüdischen Kulturen -, sondern zum Militär und er nahm konsequent an der – später staatlichen – Terrorbewegung teil, deren Ziel es war, mit den Mitteln der Vertreibung und Vernichtung den ansässigen Palästinensern ihr Land wegzunehmen. Mit 14 Jahren bereits war er Mitglied eines paramilitärischen Jugendbataillons, später trat er der Hagganah bei. Mit 17 Jahren nahm er an einer Ausbildung zum Offizier teil.

Zwei Jahre später wurde er selbst Ausbilder der Polizeitruppen, die zum Schutz der bäuerlichen Siedlungen eingesetzt worden waren. 1948, zu Beginn des Unabhängigkeitskrieges, wurde er Kommandant einer Elitebrigade. Ein Jahr später ging er zur militärischen Aufklärung. Seine damalige Geheimdiensttätigkeit im Heere befaßte sich mit der Ausforschung arabischer Guerillagruppen in Syrien und im Libanon. In Kern hat er als Polizeiinstrukteur für die strategischen Enklaven des Besetzerstaates in den arabischen Gebieten und als Geheimdienstler bereits seine beiden späteren Funktionen als Landwirtschafts- und als Verteidigungsminister vorweggenommen.

In den Jahren 1952 und 1953 führte er Strafexpeditionen an, bei denen jordanisches Territorium überfallen wurde. 1956 eroberte er mit seinen Truppen einen strategisch wichtigen Paß auf der Sinai-Halbinsel. Das gelang ihm ein zweites Mal im 7-Tageskrieg, und während all der Zeit stieg er natürlich in der militärischen Hierarchie nach oben.

Hand in Hand damit ging eine gediegene, wenn auch etwas einseitige wissenschaftliche Ausbildung. Er studierte – sehr konsequent – Landwirtschaft, Politik und Heereswesen, später Geschichte des Nahen Ostens, dann ging er ins imperialistische Mutterland, nach England, und absolvierte dort eine universitäre Spezialausbildung für Kriegstheorie und schließlich machte er noch ein Diplom in Jus an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Da war er schon 38.

Wenn Politik die Umsetzung des Krieges mit etwas anderen Mitteln ist, dann hat er das mit seinem Eintritt in die (im engeren Sinne verstandene) Politik perfekt illustriert.

1973 wechselte er vom militärischen Mordapparat in die Knesset über, als Vertreter der rechts-außen-Formation Likud schließlich wurde er Landwirtschaftsminister. Es gelang ihm, während dieser Zeit die Anzahl der jüdischen „Siedlungen“, sprich brutalen, überfallsartigen Kolonisierungen arabischen Landes, in den 1967 annektierten Gebieten zu verdoppeln. Diese „Siedlungen“ sind ein strategisches Instrument zur Zerstörung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhanges der arabischen Gebiete und eine Vorbereitung für die endgültige Vertreibung, oder auch Vernichtung der arabischen Bevölkerung. Von 1981 bis 1983 war er dann Verteidigungsminister.

Den Massenmord an mehr als 3000 Libanesen sowie palästinensischen Flüchtlingen in den Lagern Sabra und Shatila in Beirut hat zum großen Teil Sharon zu verantworten. Zusammen mit dem damaligen Generalstabschef Eitan koordinierte er auf mehreren Sitzungen mit den mit Israel verbündeten faschistischen Phalange-Milizen deren Überfall auf die Palästinenserlager. Die Aktion wurde von Eitan und Sharon schließlich am 14. September 1982 beschlossen. Wer die damaligen Berichte über dieses Wüten gegen menschliches Leben liest, oder auch die heutigen Erinnerungen der Menschen, die heute noch verzweifeln, aber durch die Ereignisse auch zum Widerstand ermutigt worden sind (eine dieser neuen Zeugenschaften bringen wir im zweiten Teil unserer Folge), der versteht erst die ungeheure Provokation, die darin bestand, daß ausgerechnet der vielfache Kriegsverbrecher und Massenmörder am Donnerstag den 28. September eine der Moscheen am Al-Harem Al-Sharif, den Tempelberg besuchen wollte.

Als ob Küssel mit seinen bewaffneten Getreuen die Synagoge in der Seitenstettengasse heimgesucht hätte.

Der Befehl, der Sharon damals an die faschistischen Milizen gegeben hat, hat ihm sogar bei den US-Amerikanern einige Schwierigkeiten gemacht: sie mieden ihn einige Zeit lang, und das will viel sagen, wo er immerhin deren neues Konstrukt von der Weltgefährlichkeit des arabischen Blocks und des Iran mitvertrat und mitvertritt – ein israelischer Huntington. Schließlich mußte er sich einem Untersuchungsausschuß stellen, dem sogenannte Kahane-Ausschuß, und da wurde er ein bißchen angekratzt, sie konstatierten seine Mitverantwortung für die unmenschlichen Massaker in Sabra und Shatila und forderten seinen Rücktritt. Er trat tatsächlich zurück.
Aber ohne Schwierigkeiten ging die ministerielle Karriere des Stehaufmanderls bald wieder weiter: sechs Jahre lang war er Industrie- und Handelsminister in der Likud-Regierung. Die Likud-Regierung beschäftigt also Massenmörder.

1990 trat er aus Protest gegen die neue konziliantere Politik von Jizhak Shamir zurück. Im selben Jahr wurde er dann Wohnbauminister und setzte ein altes Faible von sich fort. Die „Siedlungen“ auf der Westbank wurden vorangepusht, besonders mit Hilfe von Emigranten aus der Sowjetunion.

Mit dem kalkulierten Überfall auf den Harem Al-Sharif ist seine kriegerische Tätigkeit wieder effizient weitergegangen. Durch seine neue Provokation ist es dem Aufklärer, Geheimdienstler und Militärstrategen gelungen, alle Ansätze von (wenn auch fauler) Verständigung, alle Ansätze eines (wenn auch faulen) Kompromisses vollkommen zu zerschlagen. In dieser psychologischen Strategie hat sich der nackteste, rechteste Zionismus geoffenbart.

Und auf Geld und Besitz versteht er sich auch: 1973 gelang es ihm, mit Unterstützung die größte Privatfarm Israels zu kaufen. Ein Großgrundbesitzer wie Haider.

No das private, das ist ja der succus von Politik!

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