„Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens – Armee des Volkes (FARC-EP) wenden die grundsätzlichen Prinzipien des Marxismus-Leninismus auf die kolumbianische Realität an…“
(aus dem Artikel 2 des Statutes der FARC-EP)
Politisch-militärische Lage: Nach 37 Jahren Kampf kontrolliert die FARC-EP heute 450 der 1075 Landkreise Kolumbiens. In weiten Gebieten dominiert eine zweite Guerillaorganisation, die ELN. Real beherrscht die Regierung in Bogotá etwa ein Drittel des Staatsgebietes. Als „dritte Kraft“ haben sich die Paramilitärs etabliert. Diese kolumbianischen Ableger des Neo-faschismus werden von Drogenbaronen und Großgrundbesitzern finanziert. Die Armee unter-stützt bzw. toleriert sie.
Seit zwei Jahren stehen Regierung und FARC-EP in direkten Friedensverhandlungen. Dazu wurde eine entmilitarisierte Zone geschaffen, flächenmäßig etwa so groß wie die Schweiz. In den anderen Teilen des Landes gehen die Kampfhandlungen weiter. Die USA-Administration versucht die Lage, in ihrem Sinne, in den Griff zu bekommen. Unter dem Vorwand der Be-kämpfung des Drogenanbaus stieg die Militärhilfe für Kolumbien von 65 Mill. US-Dollar (1996) auf 1,7 Mrd. US-Dollar (2000). Bei den europäischen Regierungen werben sie für ih-ren „Plan Colombia“. Der Krieg in Kolumbien hat einen Charakter mit internationalen Aus-maßen angenommen, der sich jeden Tag verstärkt.
Erlebnisbericht: Unterwegs im FARC-Land. Die Fahrt wird mehrere Stunden dauern. Auf der Strecke immer wieder Schilder mit Losungen wie: „No plan Colombia!“ oder „Die USA liefern die Waffen, die Kolumbianer die Toten!“
Aber auch solche wie: „Wasser bedeutet Leben, companeros haltet die Gewässer sauber!“ Unsere Fahrt endet in einem Guerillacamp. Mein „Urlaubsort“ für längere Zeit. Der Wachhabende Julio empfängt mich. Zeigt mir meine Unterkunft. Ein caleta. Eine Liegefläche, zwei mal ein Meter, bestehend aus 4 Brettern, die sich ungefähr 40 cm über den Boden des tropischen Regenwaldes erhebt. Eine Decke und Moskitonetz. Darüber ein Folienzeltdach. Ich stelle erst einmal meinen Rucksack ab. Julio macht mit mir einen Lagerdurchgang. Wir gehen alle wichtigen Örtlichkeiten ab. Küche, Speisesaal, den Versammlungsraum kurz „die Aula“ genannt. „Räume“ sind nach allen Seiten offen. Nur oben befindet sich das obligatorische Zeltdach. Waschen, sich selbst und seine Wäsche, wird am Fluss erledigt. Toiletten sind ungefähr 200 m vom Lager entfernt. Die Einheit hält eigene Schweine und Hühner. Reis, Bohnen, Kartoffeln, Yuka werden geliefert, Fische im Fluss gefangen. Schützen- und Verbindungsgräben durchziehen das Lager im Dschungel. Mir fällt auf, verglichen mit der Anzahl der „cale-tas“, dass nur wenige Guerilleros im Lager sind. Auf Wache oder auf einer „Mission“, antwortet Julio auf meine diesbezügliche Frage. Mission ist die Umschreibung auf alle Aktivitäten außerhalb des Camps. Beim Abendessen lerne ich weitere Guerilleros kennen. Sie tragen Gefechtsausrüstung und haben ihre Handfeuerwaffen am Mann. Sie leben in permanenter Gefechtsbereitschaft. Auch bei „nichtmilitärischen Tätigkeiten“ haben sie ihre Waffen immer in Griffweite. Sie sind höflich und aufmerksam zu mir, wissen aber noch nicht wo sie mich hinstecken sollen. Später erfahre ich, dass schon öfter Ausländer im Lager waren. Journalisten, Vertreter diverser bürgerlicher Organisationen und natürlich auch Unterstützer und Sympathisanten der FARC-EP auf aller Welt. Ich bin noch nicht vorgestellt worden. Sie wissen also nicht, ob ich zu den senores oder companeros gehöre.
Ich lasse mir eine Kalaschnikow geben, nehme sie auseinander und setze sie wieder zusammen. Die Genossen erklären mir die beiden anderen Modelle. Das israelische Gail und das amerikanische AR, Beutewaffen von der kolumbianischen Armee.
Meine Fragen scheinen sie zu nerven. Aber irgendwie scheint ihnen klar zu werden, dass ich zu den companeros gehöre. Eine Genossin gibt mir das Statut. Ich soll erst mal lesen. Das Statut ist ein Grundsatzdokument der FARC-EP und regelt alle Fragen in bezug auf das Selbstverständnis der Organisation und ihrer Normen. Ich studiere erst einmal. Mich interes-sieren vor allem strukturelle Fragen. Also. Die Basiseinheit ist die Escuadra (Gruppe) und besteht aus 12 Mann. Zwei Escuadras bilden eine Guerilla (Zug) mit 26 Mann. Zwei Guerillas wiederum bilden die compania (Kompanie) mit 54 Mann. Und zwei companias eine columna (Bataillon) mit 110 Mann. Die nächsthöhere Form ist die Frente (Front), sie muss mindestens zwei columnas haben. Mindestens 5 Frentes oder mehr bilden einen Bloque (Block). Diese unterstehen dem Oberkommando und seinem Sekretariat. Meine bisherigen Beobachtungen sagen mir, dass ich mich im Lager einer Kompanie befinde. Die Kämpfer der FARC verstehen sich als Berufsrevolutionäre und sind Mitglied der Organisation ein Leben lang. Sie erhalten keinen Wehrsold. Es gibt keine militärischen Dienstgrade, nur Dienststellungsbezeichnungen (z.B. Gruppenführer, Zugführer). Die Stärke der FARC wird auf 20-30000 Mitglieder geschätzt.
Nachtruhe. Es ist 20 Uhr. Bin aber nicht unzufrieden damit. Die zurückliegenden Tage waren etwas anstrengend. 4.30 Uhr ist Wecken. 5.00 Uhr beginnt der Frühsport, eine Stunde lang, amerikanische Gymnastik, eine Mischung aus Sport und Exerzierausbildung. Für Außenstehende bestimmt sehr eindrucksvoll. 6.00 Uhr ist Frühstück. Die Kämpfer bekommen unter Lagerbedingungen 3x täglich ein warmes Essen. Früh, Mittag und am Abend Reis, Bohnen, Linsen, Fleisch. Ich bekomme ein reichhaltig gefülltes Kochgeschirr. Nur nicht auffallen, alles aufessen. Nach Messer und Gabel frage ich nicht, alle essen mit dem Löffel. Die Küchenkräfte wechseln täglich. Jeder kommt mal dran, auch die Gruppen und Zugführer.
Morgenappell. Aufgabenverteilung für den Tag. Heute ist Arbeitsdienst angesagt. Instandhaltungsarbeiten, weiterer Ausbau der Schützen- und Verbindungsgräben. Vorher aber in der Aula, Politinformation. Immer zwei Kämpfer bereiten sich vor. Die anderen ergänzen. Keiner weiß so richtig mit mir was anzufangen. Ich gliedere mich selbständig in eine Arbeitsgruppe ein. Arbeit verbindet. Es spricht sich auch in den anderen Arbeitsgruppen rum. Zum Mittagessen bin ich schon bei allen „compa“.
Das Gros der Einheit trifft im Lager ein. Die Kämpfer der Kompanie sind im Alter von 17-25 Jahren. Der Kompaniechef weiß auch nichts Rechtes mit mir anzufangen. Der Zufall kommt mir zu Hilfe. In der Einheit ist seit längerer Zeit ein ausländischer Mitkämpfer. Er spricht sehr gut deutsch. Ich werde ihn im weiteren „Dolmetscher“ nennen. Jetzt geht vieles leichter. Die Einheit ist aus der gewöhnlichen Befehlsstruktur herausgelöst und steht zur besonderen Verfügung eines „comandante“, der zu den ständigen Sekretärsmitgliedern gehört. Der Kompaniechef ist nicht zu beneiden. Die Aufgaben kommen in der Regel sehr kurzfristig, was sich auf die Planung des Dienstes und der Ausbildung der Kompanie auswirkt. Ohne den „comandante“ läuft hier nichts.
Die FARC-EP befindet sich in einem Transformationsprozess vom Guerillaheer zu einer regulären Armee. Ich kann hier wirksam werden. Was ich beibringen will ist notwendig und für die meisten Genossen neu.
Meine Vorschläge bezüglich der Ausbildung der Einheit finden beim „comandante“ offene Ohren. Er erteilt mir einen Auftrag.
Mit „Dolmetscher“ bereite ich die Ausbildung vor. Mein Spanisch ist nicht perfekt und besonders beim Einführungsvortrag bin ich voll auf ihn angewiesen. „Dolmetscher“ selbst ist begeistert und mir eine große Hilfe.
Eine Weile passiert gar nichts. Der „comandante“ scheint mich vergessen zu haben. Vorgesetzte lieben Papier. Ich entwerfe einen Ausbildungsplan, auf spanisch. Berücksichtige das Dienstregime der Einheit. Am Abend lege ich dem „comandante“ den Plan vor. Er bemängelt die geringe Ausbildungszeit für die Gruppen. Ich erkläre ihm, dass es bei der jetzigen Dienst-organisation nicht anders geht. Er versteht.
Also, pro Gruppe zwei Tage je Ausbildungskomplex. Das Dienstregime wird verändert. Das ist mehr als ich zu hoffen wagte.
Es beginnt der effizienteste Teil meines Hier seins. Einführungsvortrag in der Aula. Viele Genossen schreiben nicht mit, zeichnen aber eifrig das Tafelbild ab. Mitschreiben ist ein Problem, viele haben erst mit 16 Jahren (Eintrittsalter FARC) schreiben und lesen gelernt. „Also, Genossen! Hört erst zu, dann stellt eure Fragen und die letzten 15 Minuten könnt ihr das Tafelbild abzeichnen.“ Bei den anderen Gruppen werde ich es gleich machen. Über das Tafelbild mache ich mir keine Gedanken. Noch am gleichen Tag wird es von den anderen Angehörigen der Kompanie in der Freizeit abgezeichnet.
Praktisches Training im Gelände. Einmal erklären, zweimal vormachen, hundertmal trainieren. Mein alter Grundsatz kommt voll zur Anwendung. Leistungswille und –Bereitschaft der Genossen sind hoch. Das physische Leistungsvermögen enorm. Zwischen Männern und Frauen gibt es keine Unterschiede. Jede Armee der Welt würde sie nehmen, die meisten würden aber die Finger davon lassen, aufgrund ihrer kommunistischen Weltanschauung.
Für viele ist das Einhalten von Zeiten und Normen neu. Also erklären. Warum? Sie werden in absehbarer Zeit Gruppen und Züge führen und müssen dann alles selber können. Wir trainieren die einzelnen Elemente bis sie perfekt beherrscht werden. Als mir etwas zu langsam ging, sage ich den folgenschweren Satz: „Ihr seid Kämpfer der FARC und kein Altersheim!“ “ Noch mal!“ Am zweiten Tag werden die Elemente des Vortages wiederholt. Setze immer wieder neue Genossen als Gruppenführer ein. Am Nachmittag der Gesamtablauf. Humberto, der beste Mann, wird Gruppenführer. Zu Anfang läuft es gut. Doch dann werden die Bewegungen der Gruppe unkoordiniert. Chaos. In dem Bestreben die festgelegte Zeit zu schaffen, haben mehrere Genossen das Kommando an sich gerissen. Vielherrschaft, führt eben immer ins Chaos und damit zur Niederlage.
Ich werte aus. Etwas wütend. Aus Enttäuschung, weil ja bis jetzt alles so gut geklappt hat. So ein Ausbildungsende hat die Gruppe nicht verdient. Humberto schlägt ernsthaft vor, den Uniformaufnäher FARC-EP, durch die Aufschrift „Pensionäre“ zu ersetzen. Dann die Rufe aus der Antreteordnung: „Wir machen das noch mal!“ Gut, ab dem Moment, wo alles schiefgelaufen ist, entscheide ich. Mir ist gar nicht wohl. Die Ausbildungszeit ist rum. Sechs Stunden im freien Gelände, die Sonne brennt, der Truppe stehen die Anstrengungen im Gesicht geschrieben. Aber sie brauchen den Erfolg. Diesmal klappt es. Mein erstes Wort bei der Auswertung, auf deutsch: „Gut!“ „Gut es bien“, flüstern sich die Genossen in der Antreteordnung zu. Ich bin auch froh. Beim Rückmarsch zum Lager fragt Humberto: „Was wird mit den Aufnähern?“ Schreibt „Kindergarten“ drauf! Alle lachten.
Abends sind immer Vorträge. Heute ist Manuel dran. Er spricht über die drei Quellen und Bestandteile des Marxismus. Ich verstehe ihn gut. Zum Schluss lässt er die ganze Einheit im Chor die drei Quellen wiederholen. Er kopiert bestimmte Ausbildungsmethodiken der Gelän-eausbildung.
Nächster Tag. Mehr zum Spaß frage ich Marly: „Was sind die drei Quellen des …?“ Sie überlegt kurz: „Filosofia, economia politica, teoria socialismo cientifico.“ Die anderen Gruppen beginnen mit der Ausbildung.
„Dolmetscher“ fragt mich: „Hast du was gegen Frauen?“ Warum? „Du setzt keine als Gruppenführer ein.“ Also gut. Adriana – neuer Gruppenführer – entscheide ich. Sie macht ihre Sache gut. Bei der Auswertung lobe ich sie. In Zukunft halte ich die „Quotenregelung“ ein. Der Frauenanteil in der FARC beträgt etwa 40%. „Meine Einheit“ hat einen Anteil von 25% Frauen. Sie stehen den Männern in nichts nach. Ich bewundere immer wieder, wie sie dieses Leben meistern. Am nächsten Tag begrüßt mich Adriana auf deutsch: „Guten Tag, Genosse (Vorname)! „Dolmetscher“ hat sie beraten. Ich antworte ebenfalls auf deutsch: „Guten Tag, Genossin Adriana!“ Es wird ab sofort unser tägliches Begrüßungsritual, wenn wir uns das erste Mal sehen.
Die Kampfsicherheit der Einheit wächst. Ich organisiere den Wettbewerb. Täglich werden die Ausbildungsergebnisse an der Wandzeitung veröffentlicht. Genossen bitten drum in einer anderen Gruppe die Ausbildung zu wiederholen um sich selbst zu festigen. Disziplin und Ordnung kehren auch bei bisher vernachlässigten „Kleinigkeiten“ ein. Die Gruppen trainieren in ihrer Freizeit bestimmte Ausbildungselemente selbständig. Eine Truppe mit einer höheren Moral, einem höheren Bewusstsein habe ich noch nie geführt.
Irgendwie läuft die Versammlung heute anders ab. Zu Beginn kein Lied. Thema: Internationalismus. Dann drei Namen, darunter meiner. Jetzt begreife ich – mein Geburtstag – hatte ihn fast vergessen. Die Genossen singen das Geburtstagslied, gratulieren mir. Mein Geschenk, in einem Palmenblatt eingewickelt, ein provisorisches Parteidokument. Illegale Kommunistische Partei Kolumbiens. Wem werde ich zu Hause meine Doppelmitgliedschaft melden müssen? Diesen Geburtstag werde ich wohl nicht vergessen. So oft wird man ja auch nicht mit Bolivar und Che in einem Satz genannt.
Ein Feiertag. Zum zweiten Frühstück gibt es Coca-Cola. Ein Luxus hier im Camp. Der Begriff „Imperialistenbrause“ ist den Genossen hier auch bekannt. Diskussionen, ob es „links“ ist Cola zu trinken gibt es nicht. Unser Feindbild ist konkreter. Die Kämpfer differenzieren aber auch hierbei. Das Lied vom „Hermano soldado“ (Bruder Soldat) wird oft und gern gesungen. Eine Aufforderung an die einfachen Soldaten der kolumbianischen Armee den Kampf gegen das Volk einzustellen. Sie ergeben sich auch meistens, wenn ihre Vorgesetzten außer Gefecht gesetzt werden. Verachtung trifft das kolumbianische Offizierskorps, darunter besonders die-jenigen, die in den USA ausgebildet wurden. Abgrundtiefer Hass gegenüber den Paramilitärs. Viele Angehörige der Einheit hatten Angehörige, die von Paramilitärs ermordet wurden. Bei ihren Erzählungen wünsche ich mir manche Mitglieder meiner (Heimat)Partei hierher. Welche sich immer „ganz toll“ finden, wenn sie „jegliche Gewalt“ ablehnen. Ganz ohne Gewalt wird es wohl nicht gehen, wenn wir die Gewalt für immer aus der menschlichen Gesellschaft verbannen wollen. Das begreift hier jeder.
Es gibt auch lustige Begebenheiten. Ich entdecke ein Krokodil im Fluss. Informiere die Wachhabende, Patricia, von meiner Beobachtung. Das Krokodil könnte sich ja unserer Bade- und Waschstelle nähern. Sie reagiert gelassen. „Das Tier ist menschenscheu, ist 2 m lang und wiegt nur 40 kg. Die Affen am Fluss sind viel gefährlicher.“ Die kleinen Affen, frage ich ungläubig. „Es gibt noch andere.“ Sie zeigt mit den Armen die Ausmaße an. Na prima, denke ich. Im Badezimmer Krokodile und auf dem Weg dorthin ein Treffen mit King-Kong nicht unwahrscheinlich. Aber es ist schmeichelhaft, dass sie mir zutraut mit dem Krokodil fertig zu werden.
Die Ausbildung lastet mich voll aus. Abends denke ich oft daran, was 100 oder schon 50 meiner ehemaligen Berufskollegen hier ausrichten könnten. Können doch nicht alle „angekommen“ sein? Der „comandante“ garantiert den ungestörten Ablauf der Ausbildung. Bin aber etwas sauer. Könnte sich ruhig mal blicken lassen. Sicher ist er viel beschäftigt und hat eine hohe Verantwortung. Meistens ist er zur Aufgabenerfüllung weit außerhalb des Lagers. Er ist trotzdem sehr gut informiert. Durch den Kompaniechef und die Aussagen seiner täglich wechselnden Begleitmannschaften. Zur Ausbildung befragt antworten alle übereinstimmend: „Muy bien!“
„Dolmetscher“ und ich machen uns Gedanken über „die Nachhaltigkeit“ der Ausbildung. Wir erwirken eine „Audienz“ bei unseren „comandante“. Ich schätze die Ausbildung ein, mache Vorschläge zur Verallgemeinerung und kritisiere was uns hemmt. Der „comandante“ ist nicht nur ein höflicher sondern auch ein aufmerksamer Mensch. Er hört interessiert zu, macht sich zwei Heftseiten Notizen. Er gibt uns in allen Punkten recht. Fordert uns auf alle Vorschläge schriftlich niederzulegen. Sie werden Thema einer Sekretariatssitzung sein. Als wir den „comandante“ verlassen haben, sage ich zu „Dolmetscher“: „Ich glaube, hier haben wir was gekonnt!“
Letzter Tag im Camp. Der „comandante“ verabschiedet mich vor der angetretenen Einheit. Ich sage auch noch ein paar Worte. Anschließend erfolgt die Diensteinteilung der Kompanie. In den verbleibenden zwei Stunden packe ich meinen Rucksack, gebe Uniform und Ausrüs-tung ab und gehe noch mal baden. Mein Fahrzeug kommt pünktlich zum Lagertor. Plötzlich sind alle wieder da, außer die Posten. Der „comandante“, „Dolmetscher“, die Kämpfer. Händeschütteln, Umarmungen. Der „comandante“: „Genosse, du hast in Kolumbien viele Freunde gewonnen!“ Sehr oft die Frage der Genossen „Wann kommst du wieder?“ oder einfach die Aufforderung „Komm wieder!“
Schlussfolgerungen und Aufgaben:
1. Die FARC-EP ist eine kommunistisch geführte militär-politische Organisation, die ei-nen erfolgreichen Kampf führt. Sie zeigt, dass der Kampf gegen die neoliberale Ent-wicklung in der Welt nicht nur notwendig, sondern auch mit Erfolg möglich ist. Dies gilt es verstärkt zu propagieren.
2. Die FARC-EP hält für jede Art internationalistischer Unterstützung die Türen weit ge-öffnet. Aufgabe ist es eine Solidaritätsbewegung, ähnlich wie zu Zeiten des Vietnam-Krieges, zu organisieren.
3. Zur Realisierung der in Punkt 1 und 2 genannten Aufgaben ist es zweckmäßig ein ständiges Spendenkonto einzurichten. (z.B.: Unser „plan colombia“)
„Compa“
Anmerkung des Autors:
Dieser Bericht ist aus verschiedensten Gründen nicht vollständig. Orts- und Zeitangaben werden bewusst vermieden. Wo ich es für notwendig hielt, habe ich Namen verändert bzw. mit einem Pseudonym versehen. Manche Dinge habe ich nur umschrieben. Mir ist klar, dass meine eigene Identität über kurz oder lang bekannt werden wird. Wir wollen es unseren Gegnern aber nicht zu einfach machen
„Compa“