von Aug und Ohr, Gegeninformationsoffensive
Eine maßlose Drohung hat der Sprecher der Regierung Sharon, Avi Pazner, in Rom ausgestoßen. „Auch wir bereiten uns auf einen nicht-konventionellen, bakteriologischen oder auch nuklearen Krieg vor“ erklärte Pazner in einem Interview mit der römischen Tageszeitung Il Tempo am 27. Oktober 2001 (1). Pazner war vor einigen Jahren Botschafter Israels in Rom, wurde dann nach Paris versetzt und ist jetzt das Sprachrohr der Regierung des Massenmörders Sharon. Zuvor war er bereits Sprecher des Extremisten und Mörders Shamir.
In dem Interview äußerte sich Pazner unter anderem folgendermaßen auf die Fragen der Interviewerin:
Frage: Amerika kämpft gegen einen bakteriologischen Krieg. Muß Israel sich davor ebenso fürchten?
Pazner: Auch wir bereiten uns auf einen nicht-konventionellen, bakteriologischen oder auch nuklearen Krieg vor. Unsere Feinde, die auch die Feinde der Menschheit sind, sind bereit, zu einem jedem denkbaren Mittel zu greifen, um die größtmögliche Anzahl von Israelis zu treffen und zu töten. Wir müssen auf alle Szenarien gefaßt sein, und wir sind es, auch auf die unwahrscheinlichsten und auf Verwüstungen allergrößten Ausmaßes.
Frage: Auch auf einen Nuklearkrieg?
Sie haben´s gesagt.
Nur: wer ihn beginnen wird, das hat Herr Pazner geflissentlich vergessen zu präzisieren. Als Diplomat weiß Pazner, wie er die Sprache oszillieren lassen kann. Auch wir bereiten uns auf einen nuklearen Krieg vor (2) – vordergründig ist der der Gegner gemeint, die Israel vernichten wollen. Es könnte aber auch heißen, daß sie sich auf einen Erstschlag vorbereiten. Und weiters heißt es: Wir müssen auch auf einen Nuklearkrieg gefaßt sein. Explizit wird nirgends behauptet, daß Israel ihn beginnen wird, es wird bloß gesagt, daß auf Israel ein Nuklearkrieg zukommen wird – in den es vielleicht auch einsteigen wird, wird mitsuggeriert.
Das israelische Nuklearpotential ist allerdings seit langem für einen nuklearen Erstschlag eingerichtet. Drei Mal in der Geschichte Israels bereits wurde ein nuklearer Erstschlag in Erwägung gezogen – und dann wieder gestoppt. Wenn Pazner einen neuerlichen nuklearen Anlauf Israels gemeint hat, so gibt es – mit den Worten des manifesto, das dieses Interview sofort weiterverbreitet und kommentiert hat – „keinen Grund, ihm nicht zu glauben.“ (3)
Riesige Nukleardepots befinden sich in Dimona in der Negev-Wüste, Nes Tziona, in der Nähe von Tel Aviv, beherbergt ein riesiges chemisch-bakteriologisches Kriegsarsenal.
Israel führt nicht nur Krieg, es ist Krieg.
(1) OLGA BISERA: A colloquio con l´ex ambasciatore Avi Pazner. („Im Gespräch mit dem ehemaligen Botschafter Avi Pazner“), Il Tempo, 27. 10. 2001 (http://www.iltempo.it/Web/archivio/archivio.htm; „Nazionale/Interni“)
(2) Das Wort combattere (sowohl bekämpfen, als auch Krieg führen) wird in der Frage der Interviewerin eindeutig im Sinn von gegen etwas kämpfen verwendet. Amerika kämpft gegen einen bakteriologischen Krieg, führt nicht etwa einen bakteriologischen Krieg. Es gibt zwar immer häufiger Hypothesen, die gerade auf letzteres hinauslaufen, aber es ist in diesem Kontext nicht anzunehmen, daß es die Absicht des Interviews ist, solche Hypothesen zu propagieren. Dasselbe
combattere wird in der Antwort des Regierungssprechers mit guerra verbunden, was einfach „Krieg führen“ bedeutet. In dem Zusammenhang und in Analogie zur Verwendung des Wortes in der Frage nimmt combattere allerdings die Bedeutung von gegen etwas kämpfen an. Aber das semantische Material an sich, das von Pazner in seiner Antwort verwendet wird, bedeutet Kriegsführung: Auch wir bereiten uns auf die Führung eines nicht-konventionellen, bakteriologischen oder auch nuklearen Krieges vor. Das mag immer noch heißen: Führung durch den Gegner, kann heißen: Führung durch Israel selbst. So gefährlich wie die Politik Israels selbst ist diese oszillierende, und dabei unbarmherzig undeutliche, Sprache.
(3): M. M.: Pronti a usare l`atomica (Bereit zum Einsatz von Atomwaffen), manifesto, 28. 10. 2001
Aug und Ohr
Gegeninformationsinitiative