Demonstration, 22. Dezember, Wien
Solidaritätsdemonstration für die politischen Gefangenen und ihre Angehörigen in der Türkei:
WANN? 22.12.2001, 14.00 Uhr
WO? Europaplatz (Westbahnhof)
Seit dem 20. Oktober 2000 führen die politischen Gefangenen und einige ihrer Angehörigen ein Todesfasten gegen die neu eingeführten Isolationsgefängnisse vom Typ F und die menschenunwürdigen Bedingungen in der Türkei durch. Die Antwort der türkischen Regierung auf die legitimen Forderungen waren zahlreiche Massaker.
Vom 19 – 22. Dezember 2000 stürmten türkische Spezialeinheiten, zusammengesetzt aus Polizei und Militär, 20 Gefängnisse in denen sich politische Gefangene am 60. Tag ihres Todesfastenwiderstandes befanden. Bei diesen, bis zu vier Tagen dauernden Kämpfen, wurden seitens der Sicherheitskräfte Brand- und Gasbomben, Flammenwerfer, automatische Waffen und verschiedenste chemische Kampfstoffe eingesetzt. Insgesamt wurden 28 Gefangene bei diesem Angriff ermordet. Die darauf folgende Autopsie hat ergeben, dass die Ermordeten Brandwunden von chemischen Waffen unbekannter Art aufwiesen, welche Löcher in die Haut brannten, jedoch die Kleidung unversehrt ließen. Die Überlebenden dieses Massakers wurden entweder in die F Typ Gefängnisse oder in Militärspitäler zur Zwangsernährung transportiert.
Auch außerhalb der Gefängnisse hat die türkische Regierung versucht den Widerstand durch ein Massaker zu beenden. In Kücük Armutlu, einem Stadtteil von Istanbul, haben sich kurzfristig entlassene Gefangene und Angehörige zusammengeschlossen, um gemeinsam ein Todesfasten zur Unterstützung der Forderungen der politischen Gefangenen durchzuführen. Daraufhin wurde der Stadtteil von der Polizei umstellt und abgeriegelt. Alle Menschen, die hinein oder hinaus wollten, wurden kontrolliert. Trotz des Versprechens des Istanbuler Polizeichefs, dass die Polizei die dort befindlichen Todesfastenden nicht angreifen werde, kam es zu einem neuerlichen Massaker.
Am 5. und am 11. November 2001 haben Spezialeinheiten aus Polizei und Militär Kücük Armutlu angegriffen. AugenzeugInnen haben berichtet, dass sie dabei mit Räumungspanzern, Flammenwerfern, scharfer Munition und Gasbomben, nach deren Einatmen minutenlanges Erbrechen die Folge war, vorgegangen sind. Vier Menschen wurden von den Sicherheitskräften ermordet. Die überlebenden Todesfastenden wurden verhaftet. Nach anfänglichem Leugnen, musste sogar der Polizeipräsident von Istanbul, aufgrund der Autopsieergebnisse, zugeben, dass scharfe Munition eingesetzt wurde. Weiters wurden bei dem Angriff zahlreiche Wohnhäuser bombardiert und zerstört, sowie der gesamte Stadtteil von der Polizei besetzt. Die örtliche Busstation wurde aus Kücük Armutlu hinaus verlegt, sodass alle EinwohnerInnen beim Hinein- und Hinausgehen zuerst die Polizeisperren passieren müssen. Das Haus einer Familie wurde in eine Polizeistation umgewandelt und die dort lebende Familie auf die Straße gesetzt. Auf zahlreichen Dächern sind Scharfschützen postiert und willkürliche Hausdurchsuchungen an der Tagesordnung. Sowohl AnwältInnen, als auch den Medien ist der Zutritt in das Viertel verboten. Die Situation in Kücük Armutlu gleicht einem Gefängnis.
Auch in der Türkei werden die Anschläge vom 11. September 2001 dazu benutzt, die Repression gegen fortschrittliche Kräfte noch weiter zu verstärken. Nicht nur, dass die Massaker in Kücük Armutlu ohne den geringsten internationalen Protest durchgeführt werden konnten, sondern der türkische Staat verabschiedete weiters neue Gesetzte, die nicht einmal mehr irgendwie Rechtsstaatlichkeit vorgaukeln können. So wurde erst unlängst ein Gesetz beschlossen, nach dem die bloße öffentliche Gutheißung des Todesfastens mit bis zu 20 Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Inzwischen sind über 80 Menschen entweder von Sicherheitskräften ermordet worden, oder an den Folgen ihres Todesfastenwiderstandes gestorben. Die türkische Regierung ist zu keinerlei Verhandlungen bereit. Im Gegenteil, jegliche Form von Widerstand wird mit Massakern beantwortet. Doch der Widerstand der Gefangenen und ihrer Angehörigen geht weiter. Sie sagen, dass sie sich dem Faschismus niemals ergeben haben und auch niemals werden. Es liegt auch an uns wie viele Menschen noch sterben müssen.
Auch wenn die Medien schweigen.
Auch wenn die Europäische Union die türkische Regierung offen unterstützt.
Wir werden nicht schweigen!
Prison Watch International