Eine der letzten „Fatwas“ des israelischen Tourismusministers Rahbaam Zeevi, der von der PFLP als Antwort auf die Ermordung ihres Vorsitzenden hingerichtet wurde, war: „Wir müssen für jeden toten Israeli 50 Palästinenser töten!“ Sharon, der schon ohne Ansporn eine ähnliche Politik verfolgte, tat dies nach der Hinrichtung Zeevis wortwörtlich: In weniger als einer Woche sind 48 Palästinenser, meist Zivilisten, ermordet worden. 6 Städte des Westjordanlands wurden erneut teilbesetzt, Wohnviertel wurden bombardiert, arabische Fahrzeuge angeschossen und weitere Agrarfelder und Olivengärten mit Bulldozern zerstört. Weiters verfolgt die Besatzungsmacht ihre Politik der extralegalen Hinrichtung, der bisher 94 palästinensische politische Aktivisten zum Opfer gefallen sind. Zwischen dem 28. September 2000 und 30. November 2001 sind 845 Palästinenser getötet worden. Wir beschränken uns hier auf dem Vorzeigefall Beit Rima, einem kleinen Dorf (4000 Einwohner) im Westjordanland, das zwischen Ramallah und Nablus liegt. Das Dorf wurde auf der gleichen Weise attackiert, wie vor etwa 45 Jahren das Dorf Qibya von einer israelischen Truppe, die von Sharon geführt war, angegriffen wurde.
Am 24. Oktober nach einer Schreckensnacht, wo die israelische Armee in die arabische Städte Bethlehem, Tulkarem und Abu Dies eindrang und 5 Palästinenser tötete, wurde das Dorf Beit Rima aus der Luft und mit Panzerkanonen für drei Stunden intensiv beschossen. Dann stürmten hunderte Besatzungssoldaten das Dorf, schossen auf die Häuser und sammelten die Dorfbewohner samt Frauen und Kindern im Dorfzentrum. Alle, die versuchten, über die Felder zu flüchten, wurden von den Hubschraubern angeschossen und getötet oder verletzt. Dies geschah unter voller Isolation des Dorfes. Es wurde den Rettungswagen und Journalisten der Eintritt ins Dorf verwehrt. Ein lokaler Arzt bezeugte bei einem telefonischen Gespräch mit der in London erscheinenden arabischen Zeitung Alquds Alarabi, er habe 6 Tote in den Gassen des Dorfes gesehen. Andere sollen in den Olivengärten um dem Dorf gefallen sein. 50 Einwohner wurden verletzt. 20 Jugendliche wurden verhaftet, fünf Häuser besetzt und neun gesprengt und die Felder wurden in Brand gesetzt. Zerstört wurden auch eine Schule und das Rathaus. Ein Sprecher der Besatzungsarmee behauptete später, die Armee habe Informationen erhalten, dass sich die Personen, die Rahbaam Zeevi erschossen hatten, im Dorf verstecken würden. Die Verhaftungen wurden in diesem Zusammenhang dargestellt. Die Besatzungsarmee behauptete auch, dass es sich bei allen Toten um „bewaffnete Terroristen“ handelt.
Unter den Toten waren die fünf Dorfpolizisten. Die Zelle, die den Tourismusminister erschoss, ist laut Berichte der israelischen Zeitung Haaretz nicht in Beit Rima aufgefunden worden. Der Militärführer der Besatzungsarmee, General Isaak Gerschon, teilte der Presseagentur Reuters mit: „Wir verhafteten einen Teil der Zelle, die den Minister tötete“. Ob die Täter unter den Verhafteten waren, wusste der General nicht und begnügte sich mit der Rechtfertigung: „Das ist das Dorf, aus dem die Mörder kamen!“