Hintergrundbericht
Yaum Al-Ardh – Day of Land – Journà©e de la Terre
Am 30. März 1976 riefen die fortschrittlichen arabischen Kräfte in Israel zu einem Generalstreik gegen die permanente Beschlagnahme palästinensischen Territoriums auf. Diese Politik wird von der israelischen Regierung systematisch gegen die arabische Bevölkerung gerichtet. Ihr Ziel: Den Arabern soll durch die ständigen Konfiskationen die Lebensgrundlage entzogen werden, jegliche Entwicklung oder auch nur Ausdehnung der arabischen Städte und Dörfer in Galiläa und Negev soll im Keim erstickt werden.
Den Leuten war die politische Tendenz klar, und auf die Brutalität, mit der diese Maßnahmen durchgesetzt wurden, antworteten sie mit Streiks und Kämpfen, die sich auf die besetzten Gebiete, auf das Westjordanland und den Gaza-Streifen, ausdehnten, wo der erste massive Volksaufstand ausbrach.
Da entstand das erste Mal der Begriff „Intifada“.Der 30.März wurde zum „Tag des Bodens“. Das ist ein zentraler politischer Termin des palästinensischen Widerstands, an dem die Palästinenser das Recht auf ihr eigenes Land, auf Rückgabe des gestohlenen Eigentums, und schließlich den Kampf um Rückkehr, Freiheit und Gleichberechtigung im eigenen Land zum Ausdruck bringen.
Zum geschichtlichen Hintergrund:
Nach dem Krieg von 1948, in dem die seit der Besetzung Palästinas durch die Briten im Jahre 1917 eingewanderten Juden den Staat Israel auf 75% des palästinensischen Territoriums gründeten und dabei eine Million Palästinenser in die Nachbargebiete vertrieben, verblieben etwa noch 70.000 Palästinenser im Lande. Sie sollten später „Die Araber Israels“ heißen.
Die Araber, die von den Massenvertreibungen verschont worden waren, befanden sich hauptsächlich sich in Galiläa, der Negev-Wüste und in den Dörfern des sogenannten Dreiecks zwischen Tulkarem und Natania, das erst bei den Waffenstillstandsverhandlungen mit Jordanien an Israel übergeben wurde. Von primärer strategischer Bedeutung war für Israel die Säuberung des Küstengebiets zwischen Jaffa und Haifa und des Gebiets zwischen Jaffa und Jerusalem. Dort wurden sämtliche arabischen Städte und Dörfer evakuiert und zum Teil zerstört. Die restlichen Araber blieben auf isolierte Ortschaften verteilt und bildeten für die Zionisten keine „demographische Gefahr“ , sie konnten als billige Arbeitskräfte dienen.
Zwischen 1948 und 1966 galten für die Araber in Israel Militärgesetze, ihre Bewegungsfreiheit war erheblich eingeschränkt. Die ihnen gebliebenen Ländereien wurden ihnen Schritt für Schritt und mit allen erdenklichen Mitteln weggenommen. Sie waren nun praktisch rechtlos und mußten sich als Arbeiter in der israelischen Industrie, am Bau und Landwirtschaft verdingen. Unter ständiger Vertreibungsgefahr und am Rand der Gesellschaft dahinexistierend, kämpften sie ums bloße Überleben im neuen Staat, der auf ihrem Land gegründet worden war, in dem sie aber wie Fremde behandelt werden.
Die Besetzung des Westjordanlands und des Gazastreifen im Krieg des Jahres 1967 hatte erneuten Widerstand gegen die israelische Landraub- und Expansionspolitik zur Folge, und dieser Widerstand dehnte sich auf die 1967 besetzten Gebiete aus. Dort gewannen die palästinensischen Guerillaorganisationen zunehmend an Boden, die Forderungen der arabischen Bevölkerung in Israel wurden bis Ende der Siebzigerjahre in erster Linie von der israelischen Kommunistischen Partei getragen.
Nach einer langen Phase der Neuorganisation und Propaganda gelang es arabischen Aktivisten, am 30.März 1976 die Angstmauer durchzubrechen und einen Generalstreik in allen arabischen Ortschaften in Israel aufzurufen. Direkter Anlaß dazu war das Vorhaben der israelischen Regierung, ein Gebiet von der Ausdehnung von 5000 Donum [1 Donum = 1000 m2] zwischen den Dörfern Skhnin und Arrabeh zu beschlagnahmen. Kurz davor hatte die Regierung Rabin ein Projekt zur „Judaisierung“ Galiläas initiiert.
Der Streik war von Massendemonstrationen begleitet, die von der Polizei brutal niedergeschlagen wurden. Am Abend des 30. März gab es unter den Palästinensern 6 Tote, 96 Verletzte und 300 Verhaftete. Der arabische Bürgermeister von Nazareth, Tawfiq Ziad, wurde verprügelt und verhaftet. Die Demonstrationen breiteten sich auf das Westjordanland und Gaza aus und dauerten zwei Monate lang. In dieser Periode schlug die israelische Armee mit voller Brutalität zu, es wurden Dutzende Palästinenser getötet, darunter Lina Nabilsi, ein elfjähriges Mädchen. Sie wurde zum Symbol der ersten Intifada.