19.4.2002: Antiimperialistische Kräfte als Hauptfaktor der Mobilisierung
Am Freitag, 19. April versammelten sich rund 1.000 Demonstration im Zentrum von Wien unter der Losung „Stoppt den Krieg gegen die Palästinenserinnen und Palästinenser“, sowie für den Abzug der israelischen Besatzungstruppen und für das palästinensische Selbstbestimmungsrecht. Der Demonstrationszug zur US-Botschaft schwoll in der Folge weiter an, dessen Teilnehmer meist aus arabischen und islamischen Ländern stammten.
Die Redebeiträge waren von den wesentlichen Komponenten der Mobilisierung geprägt: Die verschiedenen Gruppierungen der arabischen Linken prangerten kämpferisch das israelische Massaker an und forderten die Unterstützung der Intifada bis zum Sieg. Die antiimperialistischen Kräfte einschließlich jener aus der Türkei wiesen auf den aggressiven Charakter des Zionismus hin. Das Massaker von Dschenin sei nur der jüngste Ausdruck der langen Reihe des israelischen Terrors gegen die Palästinenser, der in der Nakba, in der katastrophalen Vertreibung von 1948, seinen Ausgang nahm. Die „Antiimperialistische Koordination“ erklärte die Unwilligkeit Israels zum Frieden mit seiner Funktion als strategischem Werkzeug des Westens gegen die arabischen Massen und schlussfolgerte die Aktualität der historischen Forderung der palästinensischen Befreiungsbewegung nach einem säkularen, demokratischen, antiimperialistischen Staat in ganz Palästina für Juden und Araber. Die Gruppe „Linkswende“, die ebenfalls zur Unterstützung der Intifada und des Selbstbestimmungsrechts für das palästinensische Volk aufrief, forderte die Palästina-Solidaritätsbewegung in den Rahmen der Anti-Globalisierungsbewegung und des antikapitalistischen Kampfes hier in Europa und Österreich zu stellen und wies als nächsten Schritt auf den Ersten Mai hin. Die „Friedensbewegung“ und die „Frauen in Schwarz“ betonten den Abzug der Besatzungstruppen aus Gaza und dem Westjordanland als notwenige Voraussetzung für den Frieden in Rahmen zweier Staaten. Eröffnet wurde die Auftaktkundgebung ein Vertreter der Palästinensischen Gemeinde in Österreich. Als Gastrednerin trat die bekannte ägyptische Schauspielerin Ilham Shahin auf, die ihrer Freunde darüber Ausdruck verlieh, dass es auch in Europa Solidarität mit der palästinensischen Sache gäbe.
Der Demonstration waren wochenlange Vorbereitungstreffen im Rahmen der Plattform „Stoppt den Krieg“ vorausgegangen, die ursprünglich gegen die amerikanische Aggression gegen den Irak gegründet worden war. Zwar gelang es dank intensiver Bemühungen einige Organisationen der traditionellen Linken als Unterzeichner der Plattform zu gewinnen, wie beispielsweise die KPÖ. Doch mobilisiert haben diese so gut wie nicht. Während die KP-nahe Zeitung „Volksstimme“ der israelischen, für den Abzug eintretenden Opposition, sowie auch offen zionistischen Positionen breiten Raum gibt, fand sie es nicht einmal der Mühe wert die Demonstration anzukündigen, noch – trotz mehrfacher Intervention – palästinensische Stimmen zu veröffentlichen. Dieses Verhalten ist paradigmatisch für die ganze Linke.
Ebenfalls Probleme gab mit den konservativen islamischen Kräften (es gibt deren auch fortschrittlichere, die aber in letzter Zeit aus den Institutionen gedrängt worden zu sein scheinen). Erst Anfang April veröffentlichte der Präsident der offiziell anerkannten Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, eine gemeinsame Erklärung mit Ariel Muzicant, dem Präsidenten der israelitischen Kultusgemeinde, in der er praktisch die westlich-israelische Sicht des Konflikts übernahm: „Sie (die Organisationen der Unterzeichner, d. Verf.) appellieren an die Konfliktparteien trotz der schwierigen Situation das sinnlose Töten einzustellen und die Sprache der Gewalt ein für allemal zu beenden.“ Die Gewalt und nicht die Besatzung sei also das Problem, daher sei auch der Widerstand sinnlos! Beim Versuch der Anpassung ist also jede Unterstützung für die unterdrückten Palästinenser auf der Strecke geblieben. Bei zahllosen Verhandlungen mit Vertretern der genannten islamischen Organisationen konnten sich diese trotz gegenteiliger Beteuerungen letztendlich nicht zu einer Unterstützung durchringen. Selbst das Angebot eines Redebeitrags schlugen sie aus, um als Zaungäste zu verbleiben. Immer wieder wurden auch in den Wiener Moscheen Gerüchte verbreitet, die die Absage der Mobilisierungen oder die Zurschaustellung von serbischen Fahnen (?!) kolportierten.
Insofern als im wesentlichen die antiimperialistischen Kräfte der arabischen und österreichischen Linken die Demonstration organisiert und geführt haben, war sie nicht nur inhaltlich, sondern auch hinsichtlich der Beteiligung ein Erfolg.
Die Unterstützer (alfabetisch):
1. Aktion Frieden für Palästina
2. Anatolischer Kulturverein in Wien
3. Antiimperialistische Koordination
4. Arabic Organisation for Human Rights Österreich
5. Arabischer Palästina-Klub
6. Arabisches Kulturzentrum
7. ArbeiterInnenstandpunkt
8. Autonome Palästina-Gruppe
9. Bewegung für Soziale Befreiung
10. Frauen in Schwarz
11. Gemeinsam gegen Rassismus
12. Generalunion Palästinensischer Studenten in Österreich
13. Internationale Leninistische Strömung
14. Internationales Solidaritätsforum
15. Irakische Gemeinde Österreich
16. Kommunistische Jugend Österreich
17. Kommunistische Partei Österreich
18. Linkswende
19. Orient-Forum
20. Palästinensische Gemeinde Österreich
21. Prison Watch International Wien
22. Revolutionär Kommunistische Liga
23. Sedunia
24. Sozialistische Alternative
25. Sozialistische Linkspartei
26. Universalismusgruppe
27. Verein Arabischer Frauen
28. Vereinigung Palästinensischer Ärzte und Apotheker in Österreich
29. Wiener Friedensbewegung