Teil 2: Weekend in Khan Younis, 15/16. August 2002
Am Donnerstag, den 15. August, ging ein dringender Funkspruch an die zwei sich im Dienst befinden Ambulanzen in Khan Younis. Es wurde von Schuessen nahe einer der Siedlungen, welche Khan Younis vollstaendig umschliessen, berichtet. Ich selbst war in der zweiten Ambulanz, die am Ort des Geschehens ankam. Es war bereits wieder ruhig. Keine Schuesse sondern nur aufgeregte Menschen, die uns entgegenliefen. Wir brachten einen Mann ins naheglegene Nassar-Spital, der eine Schnittwunde am Finger hatte und hyperventilierte. Im Spital war bereits die zweite Ambulanz angekommen, welche ein Kind hingebracht hatte, fuer das aber jede Hilfe bereits zu spaet kam. Es war uns moeglich das Kind zu sehen. Es hatte vor seinem Haus auf der Strasse gespielt, als ein israelischer Scharfschuetze es direkt offensichtlich mit einer M 16 in den Kopf schoss. Das Kind war eingehuellt in einen gruenen Laken, der dunkel von Blut war, das Einschussloch war sehr klein, in der Mitte der Stirn, am Hinterkopf war jedoch der gesamte Schaedelknochen zerschmettert, Hirn war ausgetreten. Das Kind war auf der Stelle tot. Laut Aussagen der Aerzte war das Kind fuenf Jahre alt, er hiess Ayman.
Am naechsten Tag fand das Begraebnis im Zentrum von Khan Younis statt. Der in eine palaestinensische Fahne eingehuellte Leichnam des Kindes wurde vom Haus naher Verwandter zur Moschee getragen, begleitet von Fahnen und Schuessen in die Luft. Nach dem Gebet zog dann ein Demonstrationszug durch die Strassen von Khan Younis, begleitet von Fahnen aller politischen Organisationen. Hamas, Djihad, PFLP, Fatah, und Al Aqsa waren vertreten.
In der darauffolgenden Nacht wurden wieder zwei Palaestinenser in der Naehe von Khan Younis von Israelis erschossen, CNN berichtete darueber, angeblich sollen sie Sprengstoff getragen haben, doch die Informationsquelle von CNN ist die israelische Armee. Vom Tod dieses Kindes wurde, obwohl auslaendische Journalisten bei dem Begraebnis anwesend waren, nirgends ausser in Channel 4 {GB} berichtet.
Doris Arztmann