Aufruf gegen den drohenden Krieg gegen den Irak
Liebe Freundinnen und Freunde,
hiermit legen wir euch unseren Aufruf gegen den drohenden Irakkrieg vor und bitten zu diskutieren, ob ihr diesen Aufruf als Gruppe oder Organisation mit eurer Unterschrift unterstützt.
Schickt eure Rückmeldung oder auch Nachfragen an: antiimperialista@gmx.net
Nähere Infos auf unserer
Webseite: www.internationalismus.info
Dieser Aufruf soll verbreitet werden als Aufruf zur geplanten bundesweiten Demonstration gegen den Irakkrieg am 26. Oktober 2002 in Berlin, als Aufruf zu regionalen Antikriegsaktionen und als Antikriegsflugblatt.
Solidarische Grüße
Bernd Klagge, Bonn – Dimitri Tsalos, Köln – Thomas Zmyrzli, Duisburg – Willi Langthaler, Wien
Antiimperialistische Koordination Wien
Arabische Eltern-Union e.V (AEU), Kultur- und Beratungszentrum, Deutschland
DHKC International
Internationalismusgruppe Bonn
JungdemokratInnen/Junge Linke NRW
Red Community NRW
red action nürnberg
RKL Thüringen
SKJ Srbija
Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) (Stand: 7. Oktober 2002)
Email: antiimperialista@gmx.net
Webseite: www.internationalismus.info
Stoppt den Krieg gegen den Irak!
Bedingungslose Aufhebung aller Sanktionen!
Schluss mit den Bombardierungen!
Die USA und Großbritannien forcieren derzeit ihre Planungen für einen neuen Krieg gegen den Irak. Bereits Anfang September diesen Jahres flogen alliierte Kampfjets die größten Luftangriffe seit 1998 gegen Luftabwehranlagen südwestlich von Bagdad. Nachdem der US-Geheimdienst CIA Anfang September eingestehen musste, dass keine Verbindung zwischen Bagdad und dem Al-Qaida-Netzwerk besteht, heißt es nun, dass vom Irak eine Bedrohung mit nuklearen Waffen ausgehe. Doch der dafür zitierte Bericht des Internationalen Instituts für Strategische Studien besagt, dass Bagdad heute in allen militärischen Bereichen weitaus schwächer ist als vor dem Golfkrieg 1991. Ein anderer Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde, auf den sich der US-Präsident beruft, existiert nach Aussage der Atomenergiebehörde in Wien überhaupt nicht.
Auch die Frage der UN-Waffeninspektoren gilt als Argument für einen Angriff auf den Irak. Doch der Irak hat die Unscom-Inspektoren im Dezember 1998 nicht des Landes verwiesen. Vielmehr hat Unscom-Chef Butler kurz vor Abschluss der Inspektion den Abzug der 92 Inspektoren angeordnet. Einen Tag später begannen die USA und Großbritannien, den Irak für vier Tage massiv zu bombardieren. Der Irak war dennoch bereit, Inspektoren ins Land zu lassen. Doch die Führung in Bagdad forderte einem klaren Zeitplan und Kriterien, wann Fortschritte bei den Inspektionen auch die Lockerung oder die Aufhebung der Sanktionen zur Folge haben. Außerdem verlangte Bagdad Garantien, dass Waffeninspektoren ihren Aufenthalt nicht wieder zu Spionagezwecken missbrauchen und dass der Irak nicht trotz Kooperation mit der Uno militärisch angegriffen wird. Wie berechtigt die Forderungen des Iraks sind, belegt US-Vizepräsident Cheney, der Ende August für einen Militärschlag plädierte, egal ob der Irak Inspektoren zulässt oder nicht.
US-Präsident Bush stellte am 12. September dem UN-Sicherheitsrat ein Ultimatum, um eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zu erzwingen und daraus das Recht auf ein militärisches Vorgehen gegen den Irak abzuleiten. In dieser Situation hat sich der Irak bereit erklärt, die Inspektoren auch ohne Klärung der bisherigen Einwände ins Land zu lassen. Doch die Kriegsgefahr bleibt. Die USA behalten sich vor, auch ohne UN-Resolution und ohne Rücksicht auf Inspektionen anzugreifen.
Zur Rechtfertigung eines Angriffs gegen den Irak werden Tatsachen verdreht und es wird gezielt gelogen. Diese Strategie lässt sich bereits für den Irakkrieg 1991 belegen. Den offiziellen Angaben ist grundsätzlich nicht zu trauen, vor allem wenn in Kürze eine neue Schreckensmeldung über den Irak aus dem Hut gezaubert wird.
Die Geschichte des Konfliktes:
Vor zwölf Jahren, im August 1990, verhängte der UN-Sicherheitsrat weit reichende Sanktionen gegen den Irak, nachdem dieser wenige Tage zuvor Kuwait besetzt hatte. Nach der iranischen Revolution von 1979 hatte der Westen den Irak aufgerüstet und in einen Krieg mit dem Iran verwickelt, in dessen Verlauf auch die kurdische Bevölkerung im Nordirak durch das irakische Militär massakriert wurde. Allein der Westen profitierte von diesem ersten Golfkrieg 1980 bis 1988. Gut zwei Jahre nach dem Ende des Krieges wurde die Besetzung Kuwaits für die USA zum willkommenen Anlass, militärisch in die arabische Region zu intervenieren.
Unter Führung der USA wurden 1991 in einer Luft- und Bodenoffensive 150 000 Irakis getötet. Iraks zivile Infrastruktur wurde in diesem zweiten Golfkrieg größtenteils zerstört. Bis heute werden in so genannten Kontrollflügen im Nord- und Südirak regelmäßig militärische, aber auch zivile Einrichtungen bombardiert. Nach irakischen Angaben sind dabei bislang mehr als 1400 Menschen ums Leben gekommen. Die seit über zwölf Jahren geltenden Sanktionen bringen Hungersnot, Krankheit und Tod für die gesamte irakische Bevölkerung. In direkter Folge dieser Sanktionen sind nach UN-Angaben bis heute mehr als eine Millionen Menschen gestorben.
Der Krieg, die Bombardierungen und die Sanktionen sind ein Verbrechen am irakischen Volk und stellen systematische Menschenrechtsverletzungen dar. Die Sanktionen müssen bedingungslos aufgehoben und die Bombardierungen gestoppt werden. Ein neuer Krieg muss verhindert werden!
Die Interessenslage der westlichen Länder:
Die USA sind seit langem mit einer Verschärfung der Widersprüche ihrer imperialen Weltherrschaft konfrontiert. Insbesondere nach dem 11. September 2001 reagieren sie darauf mit der Erklärung des permanenten Krieges gegen alle Kräfte, die nicht bereit sind, sich unterzuordnen. Für diese Kräfte erfanden sie den Begriff der Achse des Bösen, dessen Netz sich gemäß US-Verteidigungsminister Rumsfeld über 60 Staaten erstrecke. Um den wachsenden Widerstand niederzuhalten und die globale Dominanz aufrecht zu erhalten, können sich die USA nur auf offene militärische Gewalt stützen. Nicht gegen den Irak zuzuschlagen, bedeutet in dieser Logik einen Glaubwürdigkeitsverlust, den die vermeintlichen Weltenlenker in Washington nicht hinzunehmen bereit sind.
Der Irak gilt neben Saudi-Arabien als das Land mit den größten Erdölvorräten. Die von den USA geplante Installation einer US-freundlichen Führung in Bagdad würde die dominierende Stellung Saudi-Arabiens auf dem Ölmarkt und die Macht der OPEC schwächen und die Abhängigkeit der USA entschieden verringern. Darüber hinaus könnten die USA mit einem Krieg gegen den Irak ihre militärische Präsenz im arabischen Raum erheblich ausweiten. Mit ihren bereits im Afghanistan-Krieg stationierten US-Soldaten in Afghanistan, Pakistan, Kirgisien, Usbekistan und Georgien wäre das eine hervorragende Ausgangsbasis für die Verteilungskämpfe im arabischen und zentralasiatischen Raum. Nicht zuletzt verbindet sich mit einem erfolgreichen Krieg gegen den Irak die Hoffnung, mit den dann absehbaren Profiten aus dem Erdölgeschäft den desolaten wirtschaftlichen Zustand der USA zumindest teilweise zu sanieren.
Deutschland, Frankreich, Russland und China setzen derzeit auf Diplomatie und auf die Uno anstatt auf einen Krieg zum Sturz der irakischen Führung. Der deutsche Außenminister sprach sich Ende August gegen eine Militärintervention selbst mit UN-Mandat aus und fordert die konsequente Fortsetzung der Sanktionen. Gleichzeitig setzt Deutschland darauf, alte Handelsbeziehungen zum Irak wieder aufzunehmen, während Frankreich, Russland und China bereits Erdöl-Lieferverträge mit dem Irak für die Phase nach den Sanktionen abgeschlossen haben.
Doch diese Widersprüche zwischen USA und Großbritannien einerseits und Deutschland und Frankreich andererseits dürfen nicht überbewertet werden. Sobald ein Krieg unausweichlich scheint und ein Erfolg der USA wahrscheinlich ist, werden die westeuropäischen Staaten sich in die Kriegsfront einreihen. Wie schon 1991 ist im Falle eines Krieges gegen den Irak vorhersehbar, dass Deutschland zumindest mit finanzieller und logistischer Unterstützung versuchen wird, seinen Einfluss geltend zu machen. Keinem geht es um einen gerechten Frieden – weder im Irak noch in Afghanistan. Allen geht es um die Kontrolle über die erdölreichste Region auf der Erde und um die damit verbundenen Profite beim Aufbau der Infrastruktur und in der Erdölindustrie.
Ein Krieg gegen den Irak und die vom UN-Sicherheitsrat zu verantwortenden Sanktionen treffen die breite Masse der irakischen Bevölkerung. Der Irak hat ein auch im Völkerrecht verankertes Recht auf Selbstverteidigung sowohl gegen die regelmäßigen Bombardierungen als auch gegen den drohenden Angriffskrieg. Demokratische Alternativen im Irak werden erst dann eine Chance haben, wenn die Sanktionen aufgehoben und der Krieg und die sonstigen Formen der imperialistischen Intervention gegen das Land beendet sind.
Den Menschen in der arabischen Welt ist klar, dass die Politik des Westens darauf abzielt, ihr Recht auf Selbstbestimmung noch weiter einzuschränken und sie um den Reichtum ihrer Region zu berauben, der eigentlich ihnen zusteht. Ihr Protest und Widerstand gegen die imperialistische Einmischung ist gerechtfertigt. Deshalb muss die Friedensbewegung auch eine Bewegung der internationalen Solidarität mit diesem Widerstand sein.
Wir fordern von der deutschen Bundesregierung,
– die Sanktionen gegen den Irak nicht länger zu beachten,
– sich in keiner Weise an einem Krieg gegen den Irak zu beteiligen,
– die deutschen Panzerverbände aus Kuwait, die Awacs-Aufklärungsflugzeuge aus der Türkei und die Marineverbände aus der Golfregion und vom Horn von Afrika zurückzuziehen,
– den USA die Nutzung der US-Stützpunkte in Ramstein, Spangdahlem und des Frankfurter Flughafens zu untersagen, die Überflugrechte zu verweigern und auch jede andere militärische, finanzielle und logistische Unterstützung für den Irak-Krieg abzulehnen,
– sich an der Beseitigung der Umweltschäden, beispielsweise durch die Uranmunition aus dem Golfkrieg 1991, zu beteiligen.