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Nieder mit dem Amerikanismus!

30. März 2003

Beitrag für das Antiimperialistische Sommerlager

Die USA und ihre Verbündeten sind dabei, dem Irak ein Flammeninferno zu bereiten. Der Krieg markiert einen neuen Höhepunkt des Genozids gegen die Nachkommen der Demiurgen menschlicher Zivilisation. In ihrem Allmachtsdelirium bemühen die USA sich nicht einmal darum ihre Intentionen zu verschleiern. Die Glaubwürdigkeit ihrer Argumente, etwa dass die Wahrung der Menschenrechte oder der Demokratie ihre Aggression rechtfertigen würde, ist längst dahin, denn es waren die USA, die einerseits das menschenverachtende Embargo gegen den Irak betrieben haben, und andererseits diktatorische Marionettenregime in der gesamten Region unterstützen. Ihr wichtigstes Anliegen scheint es zu sein ihr Monopol auf den Besitz und die Verwendung von Massenvernichtungswaffen zu erhalten. Um ihre Vorherrschaft zu verewigen schrecken sie auch nicht davor zurück mit deren Einsatz zu drohen. Die Geschichte hat gezeigt, dass sie tatsächlich bereit sind das zu tun. Für die breiten Massen wird es immer einfacher hinter dem Schleier der „nationalen Sicherheit“ reine imperialistische Interessen zu erkennen.
Die Aggression gegen den Irak ist Teil eines „permanenten, vorbeugenden und globalen Krieges gegen Terrorismus“, so wie er nach dem 11. September 2001 angekündigt wurde. Der Angriff auf die Symbole des amerikanischen Imperiums kennzeichnet einen Wendepunkt. Nur zehn Jahre nach dem verkündeten Ende der Geschichte – gemeint war die Unvergänglichkeit der globalen US-Macht – wurde dem Mythos der Unverwundbarkeit ein vernichtender Schlag versetzt. Die Geschichte hat nun im Gegenteil eine Beschleunigung erfahren. Die Neue Weltordnung sah als Pax Americana ihren Anfang nach dem Golfkrieg. Sie versprach Frieden, Demokratie und Prosperität. Doch schon bald wurde aus der Neuen Weltordnung eine Weltunordnung. Soziales Elend und Ungerechtigkeit, das die Mehrheit der Weltbevölkerung in einem nie da gewesenen Ausmaß zu erleiden hat, führt überall zum Aufbrechen neuer Widersprüche, Kriege und Rebellionen. Während des Krieges gegen Jugoslawien, das sich dem Osteuropa auferlegten imperialistischen Diktat nicht beugen wollte, war der Imperialismus noch in der Lage, breiten Widerstand im Keim zu ersticken. Der Krieg fand unter dem Deckmantel humanitärer Ziele statt und die Intelligentsia war zu sehr von der Ideologie des Postmodernismus vergiftet um seinen tatsächlichen Charakter zu durchschauen. Doch der Ausbruch der palästinensischen Intifada versetzte dieser Traumwelt den entscheidenden Schlag. Sie machte einerseits den brutalen kolonialen Charakter der Apartheid-Realität sichtbar, und bewies andererseits, dass der Widerstand wieder auferstanden war. Um seine in zunehmenden Maße erschütterte und unterminierte Vorherrschaft zu verteidigen, muss das amerikanische Imperium auf globale militärische Tyrannei zurückgreifen. Es zögert nicht Terrorismus und Genozid gegen alle jene Kräfte einzusetzen, die nicht bereit sind sich unterzuordnen. Trotz ihrer unbestreitbaren militärischen Überlegenheit wird jeder Krieg, den die USA durchführen, die Widerstände in ihrem System verschärfen. Der Angriff auf Afghanistan hat das gezeigt. Das Attentat auf das World Trade Center war nur der spektakulärste Ausdruck dieses asymmetrischen Charakters des Konfliktes.
Die antiimperialistischen Kräfte finden sich zusammen, nicht nur um eine Allianz gegen die USA zu bilden, sondern auch gegen deren Verbündete in den herrschenden Klassen Europas, die weder willens noch in der Lage waren, den Willen der großen Mehrheit der europäischen Bevölkerung – den Krieg gegen den Irak zu verhindern – umzusetzen. Zwar regte sich von Seiten Frankreichs und Deutschlands Opposition, doch ernsthafte Schritte wie beispielsweise die Schließung der US-Militäreinrichtungen in Europa wurden nicht einmal in Erwägung gezogen. Die europäischen Bourgeoisien ordnen sich weiterhin den USA unter. Denn sie wissen, dass nur ihr großer Bruder die imperialistische Ausbeutung fortsetzen kann, von der sie leben. Die Tatsache, dass ihnen ein Teil der neokolonialen Beute versprochen wurde, macht sie so unterwürfig, dass sie in der Anwendung der liberalen Dogmen gegen die Massen selbst ihre Meister auf der anderen Seite des Atlantiks übertreffen.
Doch wir kämpfen nicht nur gegen die militärische, politische und wirtschaftliche Vorherrschaft der USA. Wir kämpfen gegen ein gesamtes System kultureller und ideologischer Hegemonie, das, trotz des Einflussverlustes im Süden, nach wie vor in den westlichen Ländern fest im Sattel sitzt. Der American way of life gründet sich auf entfesselten Individualismus, Konsumismus und Hedonismus, während er bewusst der großen Mehrheit der Weltbevölkerung die elementarsten sozialen Rechte vorenthält. Radikaler, wilder Liberalismus behauptet, dass nur durch die Förderung des persönlichen Egoismus und somit der Kräfte des Marktes die Rettung der Menschheit erreicht werden kann. Die ehemalige Rechte, die sich offen auf den Sozialdarwinismus und das Recht des Stärkeren beruft, hat sich mit der ehemaligen Linken zusammengeschlossen, die mit ihrer postmodernen Willkürlichkeit und ihrem Relativismus jedweden universellen Ansatz, eine Vorbedingung für politisches Handeln, ausschließt. Jeder Versuch eines kollektiven Eingriffs in die menschliche Gesellschaft mit dem Ziel den Lauf der Geschichte zu verändern wird als totalitär verdammt. Das menschliche Streben nach Solidarität und Gemeinschaftlichkeit wird an seinen Wurzeln unterdrückt. Die zurückbleibende Leere wird einerseits durch einen Kult der Technologie und Wissenschaft, andererseits durch das Anwachsen der esoterischen Bewegung und ihren Botschaften des individuellen Heils ausgefüllt. Dass wissenschaftlicher Anspruch und Irrationalismus sich nicht ausschließen, sondern im Gegenteil einander komplementär sind, beweist die Raelianer-Sekte. Ein Grundelement des Imperialismus war immer die unerschütterliche Überzeugung von der zivilisatorischen Mission des Westens, die dem totalitären Barbaren jedweder Provenienz mit Feuer und Schwert aufgezwungen werden muss. Mit der Intensivierung des Konfliktes und der Deklaration eines neuen Kreuzzuges hat sich der kulturelle Chauvinismus in offenen Rassismus der auserwählten Völker verwandelt. Der von Bush vertretene protestantische Fundamentalismus, der den Reichen mit Gottes Segen das Recht auf Ausbeutung gibt und sie in eine globale Oberkaste verwandelt, ist die Quintessenz des Amerikanismus.
Da die Herrscher des amerikanischen Imperiums weder gewillt noch in der Lage sind, die abgrundtiefe soziale Ungleichheit, die es in diesem Ausmaß in der Geschichte noch nie gegeben hat, einzudämmen, beschleunigen sie die Spirale von Kriegen und Rebellionen. Denn es sind diese sozialen Ungleichheiten, die letztlich die Grundlage der explosiven Widersprüche darstellen. Weder das Römische Reich noch das Dritte Reich waren in der Lage die Widersprüche ihres globalen Machtanspruchs zu überwinden und waren letztendlich dem Untergang geweiht. Auch Amerika ist dem Untergang geweiht – doch die Frage ist, zu welchem Preis und ob die Menschheit wieder aus diesem apokalyptischen Szenario wird auferstehen können.
Das Schicksal der Menschheit hängt also von der Fähigkeit der Antiimperialisten, alle oppositionellen, Widerstand leistenden und das amerikanische Imperium in Frage stellenden Kräfte in einer breiten Front zu vereinigen, gerade so wie das gegen den Nazismus nötig war. Innerhalb dieser Front müssen und werden die Verdammten dieser Erde, die Milliarden von „misà©rables“ die treibende Kraft sein und eine führende Rolle spielen. Wir müssen ihre reiche kulturelle Vielfalt nicht nur respektieren sondern auch gegen den amerikanischen Uniformismus und Totalitarismus verteidigen. Die zivilisatorische Mission des Westen ist ein für alle Mal gescheitert – auch in seiner marxistischen Variante. Jetzt liegt der Ball bei den „Unzivilisierten“, die Zivilisation vor ihrem Untergang zu bewahren.
Um das von der Französischen Revolution formulierte angeschlagene Projekt von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit im heraufziehenden Sturm dennoch zu verteidigen, müssen wir festhalten, dass individuelle Freiheit – die wir als unveräußerlich betrachten – nur durch die Aufhebung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen erreicht werden kann. Demokratie impliziert nicht nur soziale Gleichheit, sondern auch gleiche Rechte für alle Menschen ungeachtet ihrer ethnischen und nationalen Provenienz und den Respekt der nationalen Souveränität. Erfüllung und Wohlfahrt sind gerechte ethische Ziele, solange sie nicht auf maßlose Akkumulation von Reichtümern basieren. Wir müssen erklären, dass Vergesellschaftung möglich ist, ohne in Armut zu enden. Wissenschaft und Entwicklung sind notwendig, aber jedweder Technologiefetisch muss zurückgewiesen und das Gleichgewicht mit dem Ökosystem erhalten werden. Der kollektive Wille aller Völker, ausgedrückt in Politik, muss die Wirtschaft und die Entwicklung der Gesellschaft im Allgemeinen antreiben.
Um die Katastrophe hinter uns zu lassen, in die der US- Imperialismus die Menschheit hinabgeworfen hat, muss nicht nur der Imperialismus selbst bezwungen, sondern auch der Kapitalismus als solcher überwunden werden. Antiimperialistische Politik muss als Kampf für die soziale Revolution auf Grundlage von Massenaktionen konzipiert werden, die von den Widerstand leistenden Kulturen ihren Ausgang nehmen. Das Ziel muss es letztendlich sein, die Grundlage einer neuen menschlichen Gemeinschaft zu schaffen. Wenn wir mit dem einzigen zivilisatorischen Projekt, das diesen Namen verdient, fortfahren wollen, dann müssen wir eine moderne Formulierung für Ziele finden, die so alt wie die menschliche Zivilisation selbst sind: soziale Gleichheit, Volksdemokratie und menschliche Emanzipation als kollektiver Prozess.

Antiimperialistische Koordination

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