Im Rahmen eines zweitägigen Kongresses an der Technischen Universität Wien „Gegen den Krieg gegen den Irak“ diskutierten rund 150 …‚Teilnehmer, darunter Vertreter der türkischen, palästinensischen, iranischen und irakischen Gemeinden in Österreich sowie österreichische Intellektuelle und Künstler, die durch die US-Aggression entstandene politische Situation im Irak und auf internationaler Ebene sowie Möglichkeiten und Strategien einer Anti-Kriegs Bewegung.
Die Organisatoren der „Internationalen Studierenden und Lehrenden gegen den Krieg“ zielten auf eine breite und offene Debatte unter Kriegsgegner, betroffenen der arabischen Gemeinden und Antiimperialisten, die die völkerrechtlichen Grundlagen als politischen Minimalkonsens verankert: die Verurteilung der Aggression als Angriffskrieg – wie ihn die US-Sicherheitsdoktrin als permanente Strategie proklamiert – sowie die Solidarität und Verteidigung des Irak, entsprechend dem laut UN-Charter legitimem Selbstverteidigungsrechtes gegen eine bewaffnete Aggression.
Der Kongress wurde von Vertretern der patriotischen Opposition des Irak eröffnet, darunter deren Vorsitzender Abd Al Jabbar Al Kubaysi und Ahmed Karim von der patriotischen Strömung der irakischen kommunistischen Bewegung. Beide unterstrichen den Widerstand des Irak gegen die Invasoren, ein deutliches Zeichen der breiten Ablehnung der kolonialistischen US-Intervention durch das irakische Volk, unabhängig seiner Einstellung zum Regime von Saddam Hussein. Besonders aus den Nachbarländer kehrten Tausende Iraker in ihre Heimat zurück, unter ihnen auch viele politische Flüchtlinge, die nun jedoch die Verteidigung ihres Landes ans wichtigste Aufgabe sähen, so Al Kubaysi.
In einer Diskussion über das „US-Imperium und den Antiamerikanismus“ setzten sich verschiedene Vertreter linker Gruppen, selbst von US-Angriffen betroffener Länder wie Jugoslawien und Afghanistan sowie Wissenschaftler mit dem Vorwurf des Antiamerikanismus an die Anti-Kriegs-Bewegung auseinander. Hannes Hofbauer zeigte einleitend die Koinzidenz der US-amerikanischen Achse des Bösen und jener Länder auf, die ihren Außenhandel auf Euro umzustellen gedenken. Willi Langthaler von der Antiimperialistischen Koordination unterstrich die progressiven und demokratischen Elemente in der antiamerikanischen Einstellung unter der einfachen Bevölkerung, während der US-amerikanische Liberalismus hinter dem Mythos der „Befreiung Europas vom Faschismus und Kommunismus“ seine kolonialistische Vorherrschaft und politische Hegemonie als einziger Hüter der Demokratie gegen jeden Totalitarismus zu bewahren versucht.
Die Debatte über Möglichkeiten und aufgaben der Anti-Kriegs Bewegung in Österreich machte deutlich, dass die US-Aggression zwar einen tiefen Bruch in der internationale Macht-Architektur verursachte, dass jedoch im Westen und besonders in Österreich ein antagonistischer Protest gegen den US-Imperialismus erst seine erste Schritte macht und noch weitgehend von Illusionen einer Humanisierung des Status Quo zur Eindämmung gewaltsamer Explosion geprägt ist.
Zuletzt zeigte Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch Arabische Beziehungen die zwölfjährige Geschichte der Aggression gegen den Irak anhand des UN-Embargos auf, das ebenso auf einen völkerrechtlich illegalen Sturz der irakischen Regierung gerichtet war und eine humanitäre Katastrophe verursachte.
Der Kongress verabschiedete per Akklamation eine Resolution in der der völkerrechtswidrige Charakter der Aggression festgehalten und die österreichische Regierung zu einer öffentlichen Verurteilung des Angriffskrieges der USA aufgefordert wird. Die Solidarität der Kriegsgegner gelte den Angegriffenen und ihrer völkerrechtlich legitimen Gegenwehr.
Wir, die Initiator/innen, Proponent/innen und Teilnehmer/innen des Kongresses gegen Krieg und Embargo gegen den Irak, verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der USA und ihrer Verbündeten gegen den Irak. Dieser Krieg ist nicht nur die Fortsetzung einer seit 12 Jahren andauernden ständigen militärischen, wirtschaftlichen, politischen und medialen Aggressionspolitik gegen den Irak, sondern auch ein gefährlicher Präzedenzfall für eine neue imperial-koloniale Form internationaler Machtpolitik unter US-amerikanischer Hegemonie, die die Grundlagen einer demokratischen, auf Selbstbestimmung und politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gleichberechtigung basierenden Solidarität zwischen den Völkern durch die neo-imperialistische Doktrin des präventiven, globalen und permanenten Krieges ersetzt.
Aufgrund unserer demokratische Überzeugung, dass nur die auf nationaler Selbstbestimmung und demokratischer Volkssouveränität ruhende Freiheit der Völker ein friedliches Zusammenleben ermöglicht, erklären wir unsere Solidarität mit dem Irak und rufen auf:
1) Wir fordern daher den sofortigen Abzug aller fremden Truppen von irakischem Territorium und das Recht auf Selbstbestimmung für das irakische Volk. Dies schließt die Beibehaltung der Nationalisierung der Ölreserven sowie die Respektierung einer eigenständigen nationalen, regionalen und internationalen Politik ein.
2) Wir fordern die europäischen Regierungen auf den Luftraum insbesondere für die B-52 Bomber zu sperren, die für Flächenbombardierungen im gezielten Krieg gegen die irakische Zivilbevölkerung eingesetzt werden.
3) Die österreichische Regierung soll den Krieg als völkerrechtswidrige Aggression verurteilen und sich in den internationalen Gremien für eine dementsprechende Verurteilung einsetzen. Die Position der österreichischen Regierung im Nationalen Sicherheitsrat, sich nicht gegen den eindeutig gegen das Völkerrecht verstoßenden Angriffskrieg gegen de Irak zu stellen und „in der Mitte zu stehen“ (Außenministerin Ferrero Waldner) legitimiert in opportunistischer Weise das militaristische Faustrecht US-amerikanischer Weltpolitik.
4) Das internationale Völkerrecht, welches sich wesentlich auf die Souveränität der Nationen stützt, muss eingehalten werden,. Die unilateralistischen Ansprüche der USA auf die alleinige Kontrolle und Herrschaft über die Völker mit militärischen Mitteln muss von allen demokratischen und sozialen Kräften zurückgewiesen werden.
5) Als Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner in Österreich werden wir alle Mittel des politischen und öffentlichen Druckes dafür einsetzen, der illegalen Invasion und Besetzung des Irak Einhalt zu gebieten, gegen die sich das Land und seine Bevölkerung in Ausübung des nach Artikel 51 der UN-Charter legitimen Recht auf Selbstverteidigung gegen eine bewaffnete Aggression zur Wehr setzen.
6) Weder Österreich, die EU noch die UNO dürfen der Aggression nachträgliche Legitimation verleihen. Das bedeutet, dass jede Form eines nach dem Krieg eingesetzten Besatzungsregimes abzulehnen ist, sei es eine Militärverwaltung der angloamerikanischen Besatzungstruppen, sei es unter Schirmherrschaft der UNO oder einer anderen internationalen Institution, denn auch letzteres würde die Kriegs- und Besatzungspolitik bestätigen. Es obliegt einzig dem irakischen Volk frei, souverän und ohne ausländischen Druck über sein politisches, wirtschaftliches und kulturelles Regierungs- und Gesellschaftssystem zu entscheiden.
Wien, 29. März 2003