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Antwort auf den Artikel „Kritik an der Undifferenziertheit linker Gruppen“

8. April 2003

der am 3. April von der APA veröffentlicht wurde

Im Artikel „Kritik an der Undifferenziertheit linker Gruppen“ von Mareike Driller am 3.4. wird wieder einmal der Vorwurf des Antisemitismus gegen einige Gruppen aus dem antiimperialistischen und kommunistischen Bereich (der Ausdruck „K-Gruppen“ ist übrigens seit den 70er Jahren nicht mehr aktuell), darunter die „Antiimperialistische Koordination“ (AIK), erhoben. Dazu ist zu sagen, dass dieser Konflikt in der radikalen Linken bereits seit Jahren ausgetragen wird und sich im Wesentlichen an den sehr verschiedenen Positionen zur Israel/Palästina-Frage entzündet. Der AIK und anderen Gruppen wird von ÖKOLI und Cafe Critique u.a. nachgesagt, sie würden die Vernichtung Israels fordern und damit den Antisemitismus schüren.

Tatsache ist aber vielmehr, dass wir die Umwandlung des Staates Israel, der von einem Apartheidsystem geprägt ist, in einen demokratischen, säkularen und binational definierten (also jüdisch-arabischen) Staat fordern, während sich die ÖKOLI, die auf die Bezeichnung „antinational“ Wert legt, zur „bedingungslosen Solidarität mit Israel“ bekennt. Keineswegs stellen wir die gleichberechtigte jüdische Existenz im Nahen Osten oder sonstwo in Frage. Wir sehen die Erfüllung unserer Forderung als die einzige Möglichkeit, Frieden und Sicherheit für alle dort lebenden Menschen zu erreichen. Diese Position dürfte für AntisemitInnen nicht sonderlich attraktiv sein.

Was den Antiamerikanismus betrifft, mit dem wir in Verbindung gebracht werden, so ist dieser Einschätzung insofern zuzustimmen, als wir den Antiamerikanismus nicht als Hass auf die in Amerika lebenden Menschen begreifen sondern als Gegnerschaft zu einem System, das einen globalen Hegemonialanspruch in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht verfolgt. Die neoliberale, marktfundamentalistische Ausprägung des Kapitalismus in Kombination mit der Fast Food- und Disneyland-Kultur,
sowie die permanente Bereitschaft, überall dort, wo dieses System auf – wie auch immer gearteten – Widerstand trifft, mit bis zu offenem Krieg reichenden Sanktionen zu antworten – das bedeutet für uns Amerikanismus. Daher können wir mit der Bezeichnung „antiamerikanisch“ gut leben.

Die Analyse, das Vorgehen der USA im arabischen Raum diene ausschließlich den Ölgeschäften der amerikanischen Konzerne, ist nicht nur verkürzt, sondern schlicht unrichtig. Vielmehr geht es in erster Linie um die Beherrschung einer weltpolitisch entscheidenden Region zum Zweck der Absicherung geostrategischer Interessen – wobei dann natürlich auch das Erdöl eine entscheidende Rolle spielt.

Unsere Position im Irakkrieg ist die der absoluten Solidarität mit dem Irak und die Hoffnung auf die Niederlage der USA (die im militärischen Sinn sehr unwahrscheinlich ist, in politischer Hinsicht dagegen umso deutlicher wird, je länger die irakische Gegenwehr anhält). Wir waren immer in Opposition zum Baath-Regime. Während so manche, sich „aufgeklärt“ wähnende, VertreterInnen desjenigen Teils der Linken, der sich in den 90er Jahren zur sogenannten Zivilgesellschaft wandelte, dem reaktionären irakischen überfall auf den Iran mehr oder weniger offen applaudierten, haben wir diesen Krieg immer verurteilt. Der Charakter des Baath-Regimes (an dem sich objektiv nichts geändert hat) ist jedoch in der derzeitigen Auseinandersetzung mit den USA von untergeordneter Bedeutung. Eine Position der Äquidistanz, wie sie von Teilen der liberalen „Intelligenz“ gefordert wird, würde nicht nur im gegenständlichen Fall ausschließlich dem Stärkeren, also den USA, nützen. Ein Machtverlust der USA im Nahen Osten hätte überdies wohl auch gewaltige Probleme für die von den USA protegierten Diktaturen und Scheindemokratien im Umkreis (Saudi-Arabien, Türkei, Ägypten, Kuwait, Jordanien) zur Folge. Demokratisierungstendenzen könnten infolgedessen bald auch den Irak erfassen.

Der Vorwurf der Querfrontbildung mit rechten Gruppen entspringt einer äußerst willkürlichen Konstruktion und ist abgesehen davon sehr beliebig anwendbar. Manche, wenn auch eher vereinzelte, Teile der linken Szene befürworten den Krieg nahezu unverhohlen, da dieser ja vorgeblich der Demokratisierung des Irak dient. Sitzen diese deshalb in einem Boot mit der rechtsrechten Bush-Clique? Es ist immer zu hinterfragen, aus welcher Motivation und mit welchen Zielsetzungen jemand eine bestimmte Position
einnimmt. Wenn Personen oder Gruppen aus dem rechtsextremen Bereich in ihrer grauenvollen Ideologie aufgrund der momentanen Weltlage plötzlich antiimperialistische Elemente und ihr Herz für AraberInnen zu entdecken glauben, ist das in erster Linie grotesk, da Menschen aus dem arabischen Raum ja ansonsten zu den bevorzugten Angriffszielen xenophober Figuren zählen. Von einer Protektion arabischer und islamischer Kräfte durch österreichische Rechtsradikale kann keine Rede mehr sein, sobald sich erstere real in Österreich bewegen und nicht nur auf Fernsehbildern auftauchen. Im Übrigen präsentiert sich auch die Rechte zum „Krieg gegen den Terror“ äußerst gespalten, da ein nicht unwesentlicher Teil dieser Szene den 11.9.2001 als Anschlag auf die „weiße Rasse“ wahrgenommen hat und daher jede Art von Gegenschlag befürwortet. Auf keinen Fall können derartige Elemente unsere BündnispartnerInnen sein, egal welche Position sie zu einzelnen Fragen auch immer einnehmen.

Zu Cafe Critique und ÖKOLI ist lediglich zu sagen, dass diese kein Problem damit hatten, am 9.11.2002 (nicht zum ersten Mal) eine Kundgebung gemeinsam mit der österreichischen Sektion der rechtsradikalen israelischen Siedlerorganisation „Bnei Akiva“ abzuhalten und die am selben Tag (der 9.11. ist das Datum der „Reichskristallnacht“) stattfindende linke Gedenkkundgebung am Aspangbahnhof zu boykottieren. Daneben sehen sie ihre Hauptaufgabe offensichtlich im Aufspüren „linker AntisemitInnen“ und hatten ansonsten in den letzten Jahren kaum jemals konkrete Positionen zu relevanten Themen wie der neoliberalen Globalisierung und den damit in Verbindung stehenden Kriegen zu bieten. Als politische AktivistInnen treten sie so gut wie gar nicht in Erscheinung.

Äußerst bedenklich ist allerdings, mit welch offensichtlicher Vorliebe etliche VertreterInnen aus dem „antinationalen“ Eck die Ausdrücke „arabisch“, „extremistisch“, „moslemisch“ und „faschistisch“ in Kombination verwenden und damit nicht gerade einen Beitrag zur Bekämpfung des antiarabischen Rassismus in Europa leisten.

Antiimperialistische Koordination

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