Site-Logo
Site Navigation

GARA von Schließung bedroht

9. Juli 2003

Initiative für Pressefreiheit

Die baskische Tageszeitung GARA ist akut von der Schließung bedroht. Am Wochenende ist das Ultimatum verstrichen, dass die spanische Sozialversicherung der Zeiung für die Zahlung von 5,1.Millionen Euro gestellt hatte. Es handelt sich um Schulden der vor fünf Jahren zu unrecht geschlossenen Tageszeitung EGIN.
Die Schulden sind zum Teil erst durch die Schließung entstanden. Die Sozailversicherung behauptet, der GARA sei der Nachfolger des EGIN, wobei es keinen Betriebsübergange geben konnte, weil dessen Verlag noch immer unter juristischer Aufsicht vom Ermittlungsrichter Garzà³n steht. Garzà³n hat die Verlagswerte nicht zur Deckung der Schulden herangezogen. Es handelt sich offensichtlich um einen Vorwand, um erneut ein unliebsames Medium aus dem Weg zu räumen.

So ist der Stand: Die Sirene heult

Es gibt Momente, in denen wir uns treffen, um uns gemeinsam zu freuen, in anderen, um unseren Schmerz zu teilen. Es gibt Momente, in denen wir uns treffen, um unsere Besorgnis zu teilen. Das ist einer von diesen Momenten. Die Üblichen versuchen die (Tagezeitung) GARA zu schließen. Erneut lassen sie uns kaum sagen, dass wir die sind, die wir sind, wie es die bekannten Verse des Dichters Gabriel Celaya aussagen, die von Paco Ibáñez besungen werden.

Von seiner Geburt an wurde GARA mit Argusaugen von der MACHT beobachtet. Die besonders aus Madrid die Abweichenden überwacht, Verzerrungen der offiziellen Version derer, die dem System nicht zugewandt sind.

Die MACHT die uns in unserem Unglück trifft, ist Kohärent zu einer langen und gefestigten Tradition, die aus der fernen Vergangenheit aufsteigt und aus der sie sich noch immer nährt. Sie glaubt, die Zeit ist gekommen, um Ordnung in der Welt der Gedanken zu schaffen, der Ideen und der Vorstellungen.

GARA ist nicht nur eine unbequeme Zeitung für die MACHT. Sie ist mehr: Sie ist eine unkontrollierbare Zeitung, die sich mit der Substanz dieser MACHT beschäftigt, was die als Gefahr auffasst, als ob es sich um eine radioaktive Substanz handele. So wird alles behandelt, was sich mit der Selbstbestimmung des Baskenlandes beschäftigt und alles, was mit der Dritten Welt ausgerichtet ist, der Positionierung gegen die Aggressionen der Mächtigen, die Anklage eines unbarmherzigen Kapitalismus, also dem, war man gemeinhin als fortschrittlich links bezeichnet, gegen Reaktionäre aller Art.

Im Laufe der Zeit, seit Gutenberg die Druckerpresse erfand, hat die MACHT, wo auch immer sie sich befand, im mächtigen Königreich oder im kleinsten Herzogtum, dem geschriebenen Wort misstraut. Sie hat sofort verstanden, dass durch die geschriebenen Worte ein trojanisches Pferd in die Herrschaft und die Dogmen eindringt, dessen Bauch voll mit Gedanken ist, mit Kritiken, mit Hoffnung und mit Rebellion, welche die etablierte Ordnung in Ruinen verwandeln könnte.

Es war der Pabst, der sofort die Gefahr erkannte und von Beginn an den Publikationen eiserne Kontrollen auferlegte. Der „Imprimi potest“ und der „Nihil obstat“ mit denen noch immer religiöse Bücher signiert werden, ist ein Überbleibsel von einer systematischen Kontrolle jedweder Publikation. Die weltlichen Prinzipien, die hervorragenden Schüler, lernten sofort die Lektion und wendeten sie an. Im 16. Jahrhundert war die Kontrolle der Inquisition derart extrem, dass den Buchhändlern aufgezwungen wurde, unter Androhung von harten Strafen, Listen von allen Klienten zu führen, auch wenn sie nur ein einziges Buch kauften, mit Datum des Kaufs, Titel des Werks und seines Autors.

Diese Situation vermehrt sich und multipliziert sich mit dem auftauchenden Phänomen der periodischen Presse um ein vielfaches.

Die Mächtigen haben aber auch die Pros und Contras dieses Phänomens bemerkt und das Problem gelöst, in dem sie die Publikationen monopolisierten. Im 17. Jahrhundert geben die Stuarts in England und die Bourbonen in Frankreich ihre eigenen Zeitungen heraus. Sie sind die Gründer dessen, was man Presse nennt. Ab diesem Moment entwickelt sich im 18. Jahrhundert ein stiller Krieg zwischen den gekrönten Monarchen und den Philosophen und Revolutionären um den Zugang zur freien Presse. Mit der Ausrufung der amerikanischen Unabhängigkeit und der Revolution in Frankreich wird in besonderer Form das Recht auf die Pressefreiheit proklamiert.

Seither wird die Pressefreiheit mit der Freiheit der Völker assoziiert.

Trotz der Deklaration dieser Prinzipien, als wäre es etwas naturgesetzliches, beargwöhnen die konstituierten MÄCHTE die freie Presse.

Derzeit werden viele Zeitungen publiziert, aber nicht alle verdienen die Bezeichnung freie Presse. Vor allem die nicht, die sich darauf spezialisiert haben, den MÄCHTEN zu schmeicheln, oder was das gleiche ist, eine Selbstzensur anwenden, um das System nicht zu kritisieren. Oder die Kritik nur so oberflächlich und wohlerzogen zu formulieren, dass sie mehr einem zärtlichen Tadel gleicht als einer wirklichen Anklage.

GARA hat sich in seinem kurzen Leben verdient, zur freien Presse zu gehören. Nur aus diesem Grund ist sie für die MACHT unerwünscht. Nur aus diesem Grund ist ihre Existenz in Gefahr, mit ihr die Stimme und das Wort einem bedeutenden Teils der baskischen Gesellschaft. GARA braucht seine mehr als 130.000 Leser und die brauchen den GARA. Man braucht sich gegenseitig. In der aktuellen Krise, ohne die Unterstützung der Leser, ist GARA nichts. Mit ihr ist sie alles und mehr, es bedeutet gemeinsam ein historisches Projekt zu teilen.

Donostia-San Sebastián den 5. Juli 2003

Initiative für die Pressefreiheit

Thema
Archiv