Bemerkungen
Seit einigen Wochen kämpfen iranische Studenten für demokratische Rechte und mehr Freiheiten. Die Regierung hat mit Repression geantwortet, hat auch Journalisten und Intelektuelle verhaftet. Wir verurteilen diese Repression und drücken unsere ehrliche, wenn auch kritische, Solidarität mit der iranischen Studentenbewegung aus. Ehrlich, weil wir ihre demokratischen Forderungen teilen, kritisch, weil sie in Gefahr laufen den Plänen des weißen Hauses in die Hände zu spielen, das den Iran wieder in die amerikanische Einflusszone zurückholen möchte.
Es gibt keinen Zweifel daran, dass der Iran sich im Fadenkreuz von George Bush befindet, der ihn als „Schurkenstaat“ und Teil der „Achse des Boesen“ bezeichnet hat. Im Februar hat er im Rahmen der „state of the nation“ Rede dargelegt: „Die Bürger des Iran riskieren das Leben, wenn sie von Freiheit und Demokratie sprechen. Die Vereinigten Staaten unterstützen sie in ihrem Wunsch nach Freiheit. Auf einem aus dem Golf heimkehrenden Flugzeugträger wurde erklaert: Jedes jenseits des Gesetzes stehende Regime, das Kontakte zu Terroristen hat, oder versucht Massenvernichtungswaffen zu erwerben, ist eine grosse Gefahr für die zivilisierte Welt. Wir werden solche Pläne durchkreuzen.“
Wenig später hat Donald Rumsfeld in der Washington Post vom 26. Mai erklärt: „Wenn man zur Aktion schreiten muss um das iranische Regime während eines Volksaufstandes zu stürzen … dann sind wir dazu bereit. Vorallem wenn nicht bis Dienstag wirksame Maßnahmen gegen die Al Quaida Leute ergriffen werden, die sich auf iranischem Territorium aufhalten.“ Wir glauben keinesfalls, dass Zehntausende iranische Studenten Marionetten Gorge Bushs oder Agenten der CIA wären, dennoch ist es klar, dass dem Weissen Haus ihre Aktionen nicht ungelegen kommen, hoffend dass die Kämpfe um demokratische Rechte die Möglichkeit einer direkten, vielleicht bewaffneten, Intervention eröffnen.
Die Solidarität mit der demokratischen Bewegung im Iran ist wichtig, aber es ist entscheidend nicht in das Geheul der Wölfe einzustimmen und die Arbeit des Weissen Hauses zu tun. Das gilt sowohl dafür, jede ausländische Einmischung zurückzuweisen, als auch die Charakterisierung des Irans als „religioesen Faschismus“ zurückzuweisen, die oft in der Linken betrieben wird. Politisch hat diese Charakterisierung nur einen einzigen Sinn: Gegen den Faschismus müsse man, wie im Zweiten Weltkrieg, mit allen andern Kräften zusammenarbeiten … letztlich auch mit den USA.
Der grosse Sieg der USA im Irak hat auch in Europa Opfer gekostet. Darunter die Antiimperialistische Tradition, das Spezielle in das Allgemeine einzuordnen, alle Widersprüche zu erkennen, aber auch zu wissen welche von ihnen Zentral sind. Das hat mit den Kräften der iranischen Opposition im ersten Moment gar nichts zu tun, aber Fakt ist, dass das Regime in Teheran eine Bremse für den militaerischen Expansionismus der USA darstellt und daher angegriffen wird. Das allein ist ausreichend um sich in der konkreten Situation, in der es immer stärkerem Druck von seiten der USA ausgesetzt ist, auf seine Seite zu stellen, um den Iran zu verteidigen.
Man muss die Schlacht um Demokratie im Iran unterstützen, aber es ist die Solidarität für ein Volk dass einen harten und opferreichen Kampf gegen die USA und den Schah geführt hat. Wer den Kampf um Demokratie führt, muss auch offen sagen, dass der erste Feind der amerikanische Imperialismus ist, muss den Rückzug der amerikanischen Truppen von den Grenzen fordern, muss die Solidarität der Unterdrückten fordern, nicht jene des Imperiums.
Natürlich fehlen uns wichtige Informationen, natürlich ist es Propaganda, wenn uns die Medien der Massendesinformation erzählen, dass es die Studenten gar nicht erwarten können, sich in die Arme des Westens zu werfen. Bis jetzt ist aber aus der Universität von Teheran noch keine klare und eindeutige Linie zu uns durchgedrungen, was angesichts der allgemein zugespitzten Lage im Nahen und Mittleren Osten, wichtig, auch für die Linke im Westen wichtig zu wissen wäre.