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Road Map – Fortsetzung der räuberischen Politik mit diplomatischen Mitteln

6. August 2003

vom Palästina Solidaritätsbündnis Hamburg

Einleitung:

Die Road Map stellt einen neuen Versuch dar, den palästinensischen Widerstand politisch/diplomatisch zu zersetzen, nachdem dieser militärisch von Israel trotz seiner gesamten Kriegsmaschinerie nicht zu besiegen und das Diktat von Oslo gescheitert ist. Hinzu kommt die äußerst angespannte Situation der israelischen Wirtschaft, die durch Sparmaßnahmen immer stärkeren Protest in der israelischen Gesellschaft hervorbringt.
Für die USA soll die Road Map Teil einer grundsätzlichen Umstrukturierung der gesamten arabischen Region sein und den Mobilisierungspunkt Palästina endgültig verschwinden lassen aus dem arabischen Bewusstsein und dem der Weltöffentlichkeit.
Die Road Map sieht drei Phasen vor: Phase 1 soll die Voraussetzungen für die Errichtung eines palästinensischen Staates schaffen, Phase 2 sieht den Übergang zur Schaffung eines palästinensischen Staates und Phase 3 schließlich die Festlegung seines endgültigen Status vor. Danach soll der Konflikt von der internationalen Tagesordnung verschwunden sein und auch die von Israel missachteten UNO-Resolutionen keine Rolle mehr spielen.
Im Folgenden soll die Road Map in ihren Einzelheiten untersucht werden, inwieweit sie auf die wichtigsten Fragen der Palästinenser eine Antwort gibt oder die als Ergebnis von Oslo geschaffene Bantustanisierung Palästinas nur weiter zementieren soll.
Die Wichtigsten Fragen für die PalästinenserInnen sind:

Die Besatzung
Die Siedlungen
Jerusalem
Eigene Staatlichkeit
Die Gefangenen
Die Flüchtlinge

1 – Die Road Map kriminalisiert pauschal den palästinensischen Widerstand und rechtfertigt die israelische Besatzung: Der palästinensische Widerstand wird insgesamt in seiner ganzen Breite als „Terrorismus und Gewalt“ diffamiert. Von den Palästinensern wird die sofortige und bedingungslose Beendigung der Gewalt und Terrorismus verlangt, als Voraussetzung für ihren „Staat“. Dies verstößt gegen internationales Recht, das den Widerstand gegen ein Besatzungsregime ausdrücklich erlaubt. Israel soll sich dafür aus den besetzten Gebieten nur soweit zurückziehen, bis der Status Quo von vor dem 28.September 2000 wiederhergestellt ist (das Gebiet unter palästinensischer Verwaltung entspräche dann 40 % von Westbank und Gaza). Darüber hinaus soll Israel weiter das Recht behalten, Palästinenser zu liquidieren, und es wird der israelischen Regierung zugestanden „unterstützende Maßnahmen“ zur „Bekämpfung des Terrors“ durchzuführen, . So sieht Israel z.B. die Liqidationen von palästinensischen Aktivisten nicht als Verstöße gegen die Road Map, sondern sagt: „Wir tun das, was Abbas nicht tun kann oder nicht tut.“
Israel behält sich weiter das Recht vor, Land zu beschlagnahmen und Häuser der Palästinenser zu zerstören. Das soll aber nicht mehr eine „Strafmaßnahme sein“ kann aber als notwendig erachtet werden „für die eigene Sicherheit“ oder als Umweltmaßnahme deklariert werden.
Israel wird in den Reden von Bush und Sharon bei der Akaba Konferenz mit Abbas einhellig als,, Jüdischer Staat“ bezeichnet, womit die Benachteiligung und Ungleichbehandlung der 1,2 Millionen Palästinenser, die in Israel leben, legitimiert werden.

2- Siedlungen
Die Siedlungen werden in der Road Map in „legal“ und „illegal“ aufgeteilt. Illegale Siedlungen sind demnach diejenigen, die in Sharons Amtszeit gebaut wurden. Das bedeutet – entgegen der UNO- Sicherheitsrat-Beschlüsse – die Legalisierung der anderen vielen Siedlungen die seit 1967 gebaut wurden sind. In späteren Verhandlungen soll es dann heißen, die Palästinenser hätten diese Siedlungen als israelisch und damit als völkerrechtlich legal anerkannt.
In Phase 2 wird davon gesprochen die „seit März 2000 errichtete Außenposten abzubauen“ und nicht die Siedlungen generell. Dabei wird mal von „Außenposten“ und mal von „Siedlungen“ gesprochen

3- Jerusalem
Die von Israel geschlossenen palästinensischen Einrichtungen in Jerusalem, sollen nicht alle wieder geöffnet werden. Erwähnt wird lediglich die „Handelskammer und andere Einrichtungen“ und nicht „die anderen“ (Zweideutige Formulierungen wie bei UN-Res.242, in der mal der Rückzug „aus besetzten“ und dann „aus den besetzten Gebieten“ gefordert wird)
Eine Lösung der Frage Jerusalems soll durch „Verhandlungen“ erreicht werden. Was das bedeutet, ist klar: nämlich dass die Stadt ein Verhandlungsobjekt und nicht als besetzt und widerrechtlich annektiert eingestuft werden soll, sondern als „umstritten.“

4- Der palästinensische Staat
In der Road Map kann dieser Staat in Phase 1 „nur erreicht werden“ „wenn Gewalt und Terrorismus ein Ende haben, wenn das palästinensische Volk eine Führung hat, die entschieden gegen den Terrorismus vorgeht sowie willens und fähig ist, eine funktionierende, auf Toleranz und Freiheit gegründete Demokratie aufzubauen, wenn Israel bereit ist, das Notwendigste zu tun, um die Errichtung eines demokratischen palästinensischen Staates zu ermöglichen.“
* dieser Staat ist in Phase 1 und nach Erfüllung der israelischen und Quartett-Bedingungen mit provisorischen Grenzen vorgesehen
*er wird „territoriale Kontinuität haben (wie sieht es mit der geographischen Verbindung aus: über Brücken, Tunnels……?)
* erst in Phase 2, nach dem das Quartett einstimmig erklärt hat, dass die Voraussetzungen erfüllt sind, soll dieser Staat mit Souveränitätsmerkmalen versehen werden.

Das Quartett vermied genau festzulegen:
1- Was sind diese Souveränitätsmerkmale?
2- Wie sieht diese territoriale Kontinuität aus?
3- Was passiert, wenn ein Quartettsmitglied der Ansicht ist, die Palästinenser haben ihre Verpflichtungen in Phase 1 nicht erfüllt?

Diese Fragen sind besonders wichtig, da die bisherige israelische Praxis darauf hindeutet, dass Israel „symbolische Souveränität“ vorschlagen kann, und die geografische Kontinuität durch Tunnel, Brücken oder Straßen mit Mauern auf beiden Straßenseiten gewährleistet wid.

Die israelische Verhandlungspraxis ist den Mitgliedern des Quartetts bekannt. Die Vermeidung von genauer Sprache und klaren Landkarten deutet darauf hin, dass die Mitglieder diese israelische Praxis gutheißen oder zumindest akzeptieren.
Die USA haben (im Auftrag Israels) ein Vetorecht in Sachen Übergang von Phase 1 zu Phase 2. Die Palästinenser sind strengen Bedingungen unterworfen, von Israel wird nur die Bereitschaft erbeten. Somit haben die Israelis praktisch auch ein Vetorecht.

5- Flüchtlinge
Die Road Map spricht von einer „gerechten und realistischen“ Lösung dieser Frage. Aber was ist realistisch und was ist gerecht?
Die Road Map sieht kein Rückkehrrecht vor, da der „jüdische Charakter“ des Staates dadurch angeblich bedroht wäre, obwohl dieses Recht international verbrieft ist, u.a. im Uno-Sicherheitsratbeschluss 194. Von einer gerechten Lösung kann also gar keine Rede sein.

6- Die palästinensischen Gefangenen werden überhaupt nicht erwähnt, obwohl sie laut Oslo-Abkommen von 1993 längst aus israelischer Haft, hätten entlassen werden sollen. Über 7000 palästinensische Gefangene werden zur Zeit vom israelischen Staat festgehalten.
Alle oben aufgeführten Fragen werden mit der Road Map nicht gerecht gelöst.

Sämtliche Lösungsvorschläge sind vielmehr im Interesse Israels:

Israels Kontrolle bleibt erhalten
 über mehr als 41 % der West Bank
 über die Ressourcen (Wasser als Beispiel),
 über die Grenzen eines zu gründenden Staates
Verstöße der Road Map gegen Internationales Recht, in dem die bisherigen UNO-Resolutionen umgangen und ignoriert werden:
 A- Jerusalem wird nicht als besetze Stadt betrachtet und ihre Annektierung durch Israel nachträglich legitimiert – gegen die UNO-Beschlüsse und internationale Prinzipien, Krieg dürfe nicht als Grund für Landgewinne genutzt werden!

 B- So ähnlich verhält es sich mit der Frage der Siedlungen, die in legale und illegale geteilt werden.
Dies setzt die israelische Politik über das internationale Recht.
Die Sorge um den „jüdischen Charakter“ des Staates Israel wird höher gewertet als das internationale Recht und als die Beschlüsse des Sicherheitsrats.

 C- Das Recht auf Widerstand gegen die Besatzer, welches international verbrieft ist, wird einfach annulliert und der Widerstand gegen Besatzung wird als Terror und Gewalt abgetan.

 D- Das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser, das auch international verbrieft ist, wird außer acht gelassen

 E- Das Recht auf die Staatlichkeit, die Bildung eines selbständigen und souveränen Staates wird außer Kraft gesetzt

 F- Auch die Nichteinmischung in die innere Angelegenheit eines Volkes wird ad absurdum geführt.
Das Quartett bewertet die Forschritte der Parteien bei der Umsetzung des Planes und bilanziert deren Umsetzung
„Das Quartett wird regelmäßig auf hoher Ebene zusammentreffen, um die Fortschritte der Parteien bei der Umsetzung des Plans zu bilanzieren.“
„Unter Rückgriff auf bestehende Mechanismen und Ressourcen vor Ort beginnen Vertreter des Quartetts mit der informellen Überwachungstätigkeit und erörtern mit den Parteien die Einrichtung eines förmlichen Überwachungsmechanismus sowie dessen Umsetzung.“
Sprachliche Ausdrücke für die Einseitigkeit des Plans:
Es fällt auf, dass ständig in dem Text die Rede davon ist „palästinensischen Terror und die Gewalt“ zu beenden. Dazu müssen sich die Palästinenser „umgehend“ und bedingungslos „verpflichten“, während Israel „unterstützt“ und das internationale Quartett „überwacht“. Hingegen ist kaum ein einziges Mal die israelische Besatzung erwähnt, geschweige denn dass dieser Zustand als Ursache des Problems benannt wird. Vielmehr ist ständig von dem „Konflikt“ die Rede, als ob es eine symmetrische Beziehung gebe zwischen den beiden Konfliktparteien. Das Hauptproblem wird sogar den Palästinensern unterstellt, als ob es nicht eine über 50-jährige Geschichte ihrer Vertreibung und Besatzung geben würde.
Einschätzung
Sehr wahrscheinlich wird die Umsetzung der Road Map auf die erste Phase konzentrieren. Bei der Durchführung der ersten Phase ist für Israel das Wichtigste, dass der palästinensische Widerstand verteufelt und insgesamt ohne Unterschiede als Terror und Gewalt gebrandmarkt wird, mit dem Ziel der Zerschlagung des Widerstandes, was evtl. zu einem Bürgerkrieg führen könnte unter den Palästinensern. Damit hätte die Road Map ihren Zweck für Israel erfüllt. Das internationale Klima soll dann geeignet sein, die Palästina-Frage endgültig – wie Israel hofft – zu beenden.
Die Verhandlungen über die Inhalte der Zweiten und Dritten Phase werden sich in die Länge ziehen, ähnlich wie bei den Verhandlungen um die Umsetzung des Oslo-Abkommens.
Die Palästinenser sollen danach zerstritten und schwach, die Bevölkerung ohnmächtig, apathisch und wütend auf die Widerstandsorganisationen sein. Die arabischen Regierungen sollen keinen Widerspruch erheben können und wollen, aus Angst selber zum Ziel von Repressionen durch die USA und Israel zu werden. Die geplante Errichtung einer Pro-US-Regierung in Irak soll eine Zusammenarbeit dieser Regierung mit Israel und anderen Pro-US- arabischen Staaten mit sich bringen.
Diese Visionen von USA und Israel werden aber nicht aufgehen und ebenso wie die vielen anderen Versuche zuvor am Widerstand des palästinensischen Volkes scheitern. Dieses hat nicht zuletzt durch die Erfahrungen von Oslo und der aktuellen Intifada gelernt, sich nicht ein weiteres Mal für dumm verkaufen zu lassen.

Palästina Solidaritätsbündnis Hamburg
Treffen: Jeden Dienstag um 19.30 Uhr im B5-Cafe – Brigittenstr. 5 (St.Pauli) – PalAK.HH@hamburg.de

31.Juli 2003

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