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Der irakische Widerstand im Zentrum

21. August 2003

Das Antiimperialistische Lager in Assisi als Sammelpunkt des Antiamerikanismus

Soviel versprechend die Friedensbewegung schien, die sich vor allem in Europa gegen den neuerlichen US-Krieg formierte, kann man heute sagen, dass sie an ihren politischen Schwäche zugrunde ging. Die Millionen, die auf die Straße gingen, hatten all ihre Hoffnungen auf die diplomatische Opposition Frankreichs und Deutschlands gesetzt. Doch angesichts der Übermacht der amerikanischen Militärmaschine und des schnellen Zusammenbruchs des irakischen Staatsapparates, zog das „alte Europa“ den Schwanz ein. Die seither verabschiedeten UN-Resolutionen stellen den Vereinigten Staaten zwar keinen Blankoscheck aus, aber sie sprechen den Besatzern das Recht zu eine Übergangsregierung zu bilden. Folgerichtig begrüßte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dann auch den „Übergangsrat“, der dem US-Besatzungsregime als Fassade dienen soll.

Man war geneigt anzunehmen, dass, nachdem die ersten Bomben gefallen sein würden, sich die Demonstrationen intensivieren würden. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall. Europa hatte sich als unfähig erwiesen, den amerikanischen Kriegstreibern etwas entgegenzusetzen. Ihrer Hoffungen beraubt, bleiben die Kriegsgegner zu hause vor dem Fernseher. Sie meinten nichts mehr ausrichten zu können. Sie hatten auf das fasche Pferd gesetzt.

Als Antiimperialisten nahmen wir an der Anti-Kriegsbewegung teil, jedoch nicht ohne auf eine gänzlich andere Orientierung zu drängen. Unsere Eckpfeiler dabei: Einerseits stellen für uns das irakische Volk und die arabischen Massen die Hauptkraft des Widerstands. Andererseits konnten wir im Krieg nicht neutral sein, sondern stellen uns bedingungslos auf die Seite des Iraks – ungeachtet unserer Opposition zum Regime Saddam Husseins und seiner Unfähigkeit das Land zu verteidigen.

Die Entwicklung bestätigte die antiimperialistische Linie: Einerseits bedingte die schnelle Niederlage des Iraks den Zusammenbruch der Friedensbewegung und den weiteren Niedergang der aller fortschrittlichen Bewegungen weltweit. Ein längerer Widerstand seitens des Baath-Regimes hätte den gegenteiligen Effekt gehabt – die Interessenvertretung des irakischen Volkes musste also die Unterstützung des baathistischen Militärs gegen die Aggressoren mit einschließen. Andererseits belegte die schnelle Entwicklung des irakischen Widerstands, die entscheidende Bedeutung des Volkswiderstandes. Das Propagandageschrei, dass die USA als Befreier darzustellen versuchte, blieb des Aggressoren unter den Eindruck der Schüsse des Widerstands im Mund stecken. Nicht nur im Irak, sondern weltweit war klar, dass die USA den Irak zu unterwerfen und in ihr Weltreich einzugliedern versuchten. Selbst wer die amerikanischen Propaganda von einer Welt des Frieden, Demokratie und Prosperität – wie sie Clinton versprochen hatte – einmal ernst genommen haben mag, musste es jetzt wie Schuppen von den Augen fallen. Wer elementare demokratische Ziele verfolgt, muss sich nun, will er nicht inkonsequent sein, gegen die Okkupation aussprechen und die Seite des Widerstands beziehen. Dabei handelt es sich um eine Partisanenbewegung, die die Unterstützung der Bevölkerung genießt. Die Behauptung, dass es sich um „ewiggestrige Saddam-Anhänger und Al-Quaida-Terroristen“ ohne Unterstützung im Volk handelte, ist billige Propaganda. Denn sonst wären die überlegenen Besatzer iher schon Herr geworden. Tatsächlich bewegt sich aber die Guerilla wie ein Fisch im Wasser, während die US-Soldateska gemeinhin als Feinde betrachtet wird.

Zur Entwicklung des irakischen Widerstands wird Awni Al Kalamji von der Patriotischen Opposition, die gerade dabei ist mit allen gegen die Besatzung kämpfenden Kräften Gespräche über eine breite „Nationale Widerstands- und Befreiungsfront“ zu führen, sprechen. Jihad Hussein, ein arabischer Fedahin, der an der Schlacht um Bagdad teilnahm, wird vom Verrat der Armeeführung und von Initialperiode des Widerstands berichten.

Wir haben der Friedens- und Antiglobalisierungsbewegung den Vorschlag einer Kampagne „10 Euro für den irakischen Widerstand“ gemacht. In Assisi wird diese Kampagne gemeinsam mit Vertretern des irakischen Widerstands und antiimperialistischer arabischer Organisationen besprochen und geplant werden. Sie soll in der nächsten Periode das Zentrum der internationalen antiimperialistischen Bewegung bilden.

Schwerpunkt Nahost

Überhaupt steht wieder der antiimperialistische Kampf im Vorderen Orient im Zentrum unserer Aufmerksamkeit. Dass der palästinensische Kampf gegen die zionistische Okkupation mit jedem irakischen gegen die amerikanische Besatzung zusammenhängt, liegt auf der Hand. Delegationen der wichtigsten revolutionären Organisationen, der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) und „Abna el Balad“ (Söhne des Volkes) werden ihren Kampf vorstellen und ihre Ablehnung der „Road Map“ begründen. Des weiteren haben sich Delegationen aus Marokko, Tunesien und dem Libanon angekündigt.

Wie bereits die Jahre zuvor wird der Debatte mit und über den politischen Islam, sowie dem westlichen Kreuzzug gegen ihn, breiter Raum gewidmet.

Nepal und die Philippinen

Auch heuer wieder wird eine Delegation der philippinischen Bayan in Assisi anwesend sein. Das Archipel ist wegen seiner strategischen Lage wieder in Zentrum der Aufmerksamkeit der USA gerückt, die dort rund 6.000 Truppen stationiert haben. Bayan unterstützt das Selbstbestimmungsrecht der islamischen Moro-Bevölkerung und wird über die Zusammenarbeit mit der Befreiungsbewegung berichten.

Erstmals wird auch ein Vertreter der nepalesischen Maoisten, die seit 1996 einen Volkskrieg gegen die Monarchie führen, anwesend sein. Neben einem Bericht über die Situation im Land und ihre Konzeption einer demokratischen Konstituante, gibt die nepalesische Teilnahme auch Anlass in Form einer Podiumsdiskussion kritisch Bilanz über die maoistische Bewegung weltweit zu ziehen.

Lateinamerika

Ebenfalls zum ersten Mal nimmt mit Mario Maestri ein Vertreter der revolutionären Bewegung Brasiliens, dem weitaus größten Land Lateinamerikas, teil. Der unabhängige Professor analysiert die Lage nach der Machtübernahme der Arbeiterpartei Lulas. Obwohl die PT als Inspirator und Förderer der Antiglobalisierungsbewegung gilt – Porto Alegre, wo das Weltsozialforum stattfand wird von der PT verwaltet – zieht sie nun ein mit den Auflagen des IWF konformes Austeritätsprogramm durch. Die brasilianische Linke scheint angesichts dieser Entwicklung, die nicht ohne Auswirkungen auf die seit dem 11. September 2001 in die Krise geratene Antiglobalisierungsbewegung bleiben kann, wie gelähmt.

Neben Vertretern der verschiedenen Strömungen der kolumbianischen Volksbewegung werden heuer auch Teilnehmer der bolivarianischen Bewegung in Venezuela anwesend sein. Sosehr ihr radikaler Flügel, zu dem sich die „Nationale Bewegung für Union der Unabhängigen Kräfte“ zählen, den Präsidenten Hugo Chavez gegen die von den USA unterstützte Oligarchie, verteidigt, so sehr will er doch weiter fortschreiten. Die Genossen fordern, den Kompromiss mit den reaktionären Putschisten aufzukündigen, diese frontal anzugreifen, sie aus dem Staat zu säubern und ihren Besitz zu enteignen – das heißt revolutionäre Maßnahmen zu ergreifen, die aus den chilenischen Ereignissen von 1973 die Lehren ziehen und den Gegner zu vernichten bevor dieser die Gelegenheit bekommt, dies seinerseits zu tun. Nur so kann der Übergang zu einer auf die Volksmassen gestützten antikapitalistischen und antiimperialistischen Staatsmacht eingeleitet werden.

Schwarze Liste terroristischer Organisationen

Im Gefolge des von Bush ausgerufnen Terrorkrieges gegen all jene, die nicht bereit sind sich dem amerikanischen Reich zu unterwerfen, hat auch die Europäische Union die wichtigsten Befreiungsbewegungen der Welt, inklusive des palästinensischen Widerstands gegen die israelische Besatzung, zu Terrororganisationen erklärt – viele von diesen sind Teil des Antiimperialistischen Lagers oder kooperieren mit uns. Damit wird nicht nur das in der UN-Charta verbriefte Recht auf bewaffneten Widerstand gegen fremde Besatzung mit Füßen getreten, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Kriminalisierung der Solidaritätsbewegung gemacht.

Zur Verteidigung der politischen Grundrechte und zur Unterstützung der Befreiungsbewegungen organisierte das Antiimperialistische Lager gemeinsam mit der DHKC, der PFLP, Batasuna, Bayan und anderen am 26. Oktober 2002 eine Protestdemonstration gegen die Schwarze Liste der EU in Brüssel.

Da viele der verfolgten Organisationen in Assisi anwesend sein werden, schlagen wir ein Internationales Tribunal gegen die Schwarze Liste vor, dessen Grundlinien am Antiimperialistischen Lager diskutiert werden sollen. Die Gegenwehr gegen die Hetzkampagne und Verfolgung der europäischen Muslime wird ebenfalls thematisiert werden.

Antiamerikanismus

Das was in den „Dritten Welt“ selbstverständlich erscheint und keiner Diskussion mehr bedarf, ist in Europa heiß umstritten: der Antiamerikanismus als konkrete Formulierung des Antiimperialismus. Nach dem Krieg gegen den Irak muss auch dem letzten Zweifler klar geworden sein, dass die USA dabei sind ein amerikanischen globales Imperium zu errichten. Das Imperium americanum ist die konkrete Form, die der imperialistische Kapitalismus heute annimmt. Die europäischen herrschenden Klassen – gewollt oder wider Willen, das ist sekundär – sind fest darin eingebunden. Unser Vorschlag an die antiimperialistischen Kräfte der Welt besteht darin, eine breite antiamerikanische Bewegung zu gründen, die den Antiimperialismus konkretisiert. Nur in dem wir die amerikanische Weltherrschaft brechen, stoßen wir das verschlossene Tor zur demokratischen Volksmacht und zum Sozialismus wider auf.

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