von Peter Nowak, 24. September 2003
In Spanien ist seit 5. September der al-Dschasira-Reporter Taisir Aluni
in Haft genommen worden
Seit dem 5. September ist der Al-Dschasira Reporter Taisir Aluniin Spanien inhaftiert. Er wird von dem bekannten spanischen Ermittlungsrichter Baltasar Garzon beschuldigt, Mitglied des islamistischen Terrornetzwerkes al-Qaida zu sein und für die Organisation Geld gesammelt und Botengänge gemacht zu haben.
Sogar zu Bin Laden persönlich soll Aluni Kontakt gehabt haben. Das ist nun wahrlich nicht zu bestreiten. Schließlich wurde Aluni, spanischer Bürger aus Syrien, der bis 2000 für die spanische Nachrichtenagentur EFE gearbeitet hatte, durch ein Interview mit Bin Laden nach den Anschlägen vom 11.September 2001 weltbekannt. Die Popularität des aus Syrien stammenden Journalisten wuchs vor allem im arabischen Raum, als er während des Afghanistan-Krieges als einziger ausländischer Reporter aus Kabul und während des Irakkrieges aus Bagdad berichtete. Dabei legte er sich auch mit dem Hussein-Regime an, was dem Sender eine später zurückgenommene Ausweisung [1]. Trotzdem wurde er von den USA immer als Feindsender angesehen ( Zensur im Internet [2]) und auch so behandelt ( Bombenzensur oder „Kollateralschaden“? [3].
Aluni wollte in Spanien ein Korrespondentenbüro von Al-Dschasira einrichten, als er verhaftet wurde. Er bestreitet die Vorwürfe vehement und betont, dass seine inkriminierten Kontakte lediglich in seiner Funktion als Journalist erfolgt sind. Seine Festnahme blieb auch in Journalistenkreisen ohne große Resonanz. Lediglich die Vereinigung arabischer Journalisten protestierte [4] und forderte Alunis Freilassung. Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen [5], deren Anspruch es ist, weltweit für die Pressefreiheit einzutreten, verhielt sich passiv.
„Wir haben Vertrauen in die spanische Justiz, Spanien ist ein demokratischer Staat“, erklärte RGO-Pressesprecherin Soria Blatmann. Kein Wunder, ist doch laut einem Bericht [6] der TAZ, der für Alunis Festnahme verantwortliche Richter Garzon Ehrenpräsident der RGO-Unterorganisation Damocles [7], einem Netzwerk von Anwälten, Journalisten und Richtern, das das Ziel verfolgt, Verbrechen an Journalisten aufzuklären und die Täter zu bestrafen.
Garzon wurde für seine auch von vielen lateinamerikanischen Menschenrechtsgruppen anerkannten [8] Verdienste bei der Aufarbeitung von Verbrechen der chilenischen und argentinischen Militärjunta geehrt. Gleichzeitig wird Garzon von Menschenrechtlern allerdings auch für das Vorgehen gegen unabhängige Zeitungen im Baskenland heftig kritisiert [9]. Die Medien werden von ihm als Unterstützer der ETA angeklagt und geschlossen. Wobei die Beweise oft so dünn sind wie bei Aluni. Ihm werden Kontakt zu 6 Arabern vorgeworfen, die Anfang 2003 als mutmaßliche al-Qaida Mitglieder verhaftet wurden. Damals wurde voll mundig von einem großen Schlag gegen den internationalen Terrorismus gesprochen. Doch zwei Monate später waren die Männer wieder frei, weil sich der Verdacht nicht erhärten ließ.
Garzon stellte vor kurzem Anklage [10] gegen bin Laden und weitere 34 angebliche al-Qaida-Mitglieder wegen der Anschläge vom 11.9. 2001. Wegen ihrer angeblichen Verbindung zu Aluni ließ Garzon letzte Woche fünf arabische Männer verhaften [11], von denen vier unter dem Verdacht der Unterstützung von al-Qaida auf unbestimmte Zeit zur weiteren Befragung eingesperrt wurden. Sie hätten zwar keine „direkten Verbindungen“ zu schweren Vergehen, aber sie müssten sie als Unterstützer „neutralisiert“ werden. Sie sollen 1994 eine muslimische Gruppe unter der Leitung von Imad Eddim Barakat Yarkas bzw. Abu Dahdah gegründet haben, der u.a. in Kontakt mit Atta gestanden haben soll.
Links:
[1] http://www.welt.de/data/2003/04/04/64184.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/14479/1.html
[3] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/14562/1.html
[4] http://www.welt.de/data/2003/09/15/168627.html
[5] http://www.reporter-ohne-grenzen.de/
[6] http://www.taz.de/pt/2003/09/22/a0179.nf/text
[7] http://www.damocles.org/
[8] http://www.nobelgarzon.org/
[9] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/14235/1.html
[10] http://www.elmundo.es/elmundo/2003/09/17/espana/1063799916.html
[11] http://www.elmundo.es/elmundo/2003/09/18/espana/1063876669.html