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Erklärung zur Störaktion am 9. November in Wien

11. November 2003

Distanzierung der AIK

Am 9. November störte eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten eine anlässlich des Gedenkens an das Novemberpogrom angesetzte Veranstaltung unter dem Titel „Gegen Antisemitismus. Solidarität mit Israel.“ Um möglichen Verleumdungen zuvorzukommen: Die AIK hat zu diesem Zeitpunkt an der traditionellen Gedenkfeier für die Opfer des nationalsozialistischen Massenmordes am ehemaligen Aspangbahnhof teilgenommen. Wir haben von der Aktion weder im vorhinein etwas gewusst, noch ist uns bis dato eine Erklärung der Verantwortlichen bekannt. Wir haben mit der gesamten Sache nicht das Geringste zu tun. Dennoch möchten wir einige grundsätzliche Punkte klarstellen. Vorausschickend: Wir denken, dass an diesem 9. November der Sache des demokratischen und antiimperialistischen Widerstandes gegen das Imperium Schaden zugefügt wurde.

1. Der 9. November ist der Jahrestag der „Reichskristallnacht“, damit der Tag des Gedenkens an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. Das steht nicht im Gegensatz zur Solidarität mit den Palästinensern, es gilt die demokratische Kontinuität der antifaschistisch-antiimperialistischen Solidarität herauszustellen.
Ebenso halten wir das Stören einer Gedenkveranstaltung für falsch, auch wenn das Gedenken für zionistische Zwecke missbraucht wird („Solidarität mit Israel“). Es ist klar, dass bei vielen TeilnehmerInnen nicht die Sympathie für die Politik des Staates Israel, sondern das Gedenken an die NS-Verbrechen Grund für den Besuch der Veranstaltung war. Die an der Störaktion Beteiligten haben einen inakzeptablen Mangel an Respekt für die Opfer des Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht.

2. Hier geht es um einen wesentlichen Kern antiimperialistischer Positionierung im Konflikt Israel-Palästina. Von zwei Seiten wurde immer wieder die Gleichsetzung des Judentums mit Israel und der israelischen Politik betrieben. Von Antisemiten und vom Zionismus. (So wurde auch von den VeranstalterInnen in der Zirkusgasse das Gedenken an die Opfer des NS-Terrors mit der Unterstützung für die israelische Politik vermischt.) Von linken Antiimperialistinnen und Antiimperialisten, genauso wie von der palästinensischen Linken, wurde diese Gleichsetzung immer auf das Schärfste zurückgewiesen. Wir sehen in Palästina keinen ethnischen oder religiösen Konflikt zwischen „Juden“ und „Arabern“, sondern einen Konflikt zwischen Unterdrückern und Unterdrückten, zwischen Arm und Reich. Man kann auch von einem nationalen Konflikt sprechen, aber nur wenn zuvor klar gestellt ist, dass Nation als politische, nicht als ethnische oder gar rassische, Kategorie verstanden wird. Die Solidarität mit Palästina ist der Kampf gegen kolonialistische und rassistische Unterdrückung. Sie muss notwendigerweise ergänzt werden mit dem Kampf gegen den Antisemitismus in Europa, einer anderen Form rassistischer Unterdrückung.
Heute ist die oben genannte Frontstellung zwischen „Juden“ und „Arabern“ nur zu oft traurige Realität. Aber alle unsere Aktionen müssen in einem Geist gehalten sein, der es möglich macht, dieses Verhältnis aufzubrechen, nicht zu bestätigen. Wir müssen bei jeder Aktion klarmachen, dass sich der Protest gegen die israelische und US-amerikanische Politik nicht gegen Jüdinnen und Juden richtet. Eine Störaktion gegen eine Gedenkveranstaltung anlässlich des Novemberpogroms entspricht diesem Geist nicht.

Wien, 10. November 2003

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