Termine der Buchpräsentationen
Ralf Streck (Hg.)
Tondar – Geschichte und Widerstand politischer Gefangener
360 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Glossar, fünf Karten.
Pahl-Rugenstein Verlag, ISBN 3-89144-348-X, 14,90 EUR
„Tondar“ ist iranisch und bedeutet „Donner“. Im Iranischen ist es ein geflügeltes Wort und steht für Widerstand und Unruhe. Widerstand und Unruhe gegen die alltägliche Repression, gegen ein Gefängnissystem, das darauf abzielt, die Würde eines jeden politischen Gefangenen zu vernichten und ihm seine Persönlichkeit zu nehmen.
Es werden die Geschichte, der Widerstand und die aktuelle Situation von Gefangenen in der Türkei, in Kurdistan, im Baskenland und im Iran beschrieben. Die AutorInnen dieses Buches kommen alle aus sehr unterschiedlichen Ländern und Bewegungen. Einige von ihnen saßen bereits im Knast, teilweise sogar in Isolationshaft. Schnell wird deutlich, dass es oft die gleichen Methoden sind, mit denen Widerstand gegen Unterdrückung und der Kampf für eine bessere Welt konfrontiert sind.
In dem Beitrag Geschichte der Gefangenenwiderstände in Türkei/Kurdistan seit dem Militärputsch 1980 stellt Heiko Bugaj die verschiedenen Etappen des Widerstandes der Gefangenen in den türkischen Gefängnissen dar. Auf die Fragen, die sich mit dem Gefangenenwiderstand in den türkischen Gefängnissen ergeben, insbesondere die Widerstandsform „Hungerstreik und Todesfasten“, soll das Interview mit Seyit Ali Ugur eine mögliche Antwort geben.
Den größten Teil des Buches nimmt die Situation im Baskenland ein. Der Artikel Baskische Gefangene – Schlüssel auf dem Weg zum Frieden von Ralf Streck ist eine Übersicht über die Geschichte der linken Unabhängigkeitsbewegung. Nahezu alle ihre Organisationen wurden verboten. Derzeit sind fast 700 politische Gefangene auf die Gefängnisse verteilt. Systematische Folter in Spanien – Interview mit Nekane Txapartegi stellt die Folterpraxis des spanischen Staates exemplarisch am Fall einer ehemaligen Stadträtin von Herri Batasuna dar.
Der letzte Teil des Buches – Iran – ist von ehemaligen Gefangenen geschrieben. Es wird die Unterdrückung durch das islamische Recht und der islamischen Republik beschrieben, und der Widerstand, den der zwei Millionen Personen umfassende Repressionsapparat hervorruft.
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Ab kommenden Freitag stellen wir das Buch auf diversen Veranstaltungen auf
einer Rundreise vor. Folgende Veranstaltungen haben den Schwerpunkt „Baskenland“:
Karlsruhe: Freitag den 21.11. in Karlsruhe um 20 Uhr im kulturhaus mikado,
Kanalweg 52, www.mikadokultur.de
Nürnberg: Samstag den 22.11. Linke Literaturmesse um 16 Uhr, K4
Kulturzentrum im Künstlerhaus (Weißer Saal), Königstr. 93,
Dresden: Montag den 24.11. AZ Conni, um 21.00 Uhr, Rudolf-Leonhard-Str. 39
Berlin: Dienstag den 25.11. um 19 Uhr im IKAD, Skalitzer Str. 34
Potsam: Mittwoch den 26.11.
Rüsselsheim: Samstag den 29.11 um 21 Uhr im Infoladen/Neues Cafà©, Waldstr.52
Worum geht es bei diesen Veranstaltungen?
„Tondar“ ist iranisch und bedeutet „Donner“ und steht für Widerstand und Unruhe. Es ist deshalb der Titel eines Buchs, das über die Geschichte den Widerstand der Gefangenen im Rahmen der allgemeinen Situation im Baskenland, der Türkei/Kurdistan und dem Iran erzählt.
Schwerpunkt des Buchs, und auch seiner Vorstellung auf der Veranstaltung, sind die Entwicklungen in Euskal Herria – dem Baskenland: Geteilt in vier Provinzen in Spanien und drei in Frankreich, aber vereint durch eine eigene Kultur und die älteste Sprache Europas, welche die Basken seit Jahrhunderten verteidigen. Die Hoffnung nach dem Tod des Diktators Franco 1975 eine Lösung für den Konflikt zu finden, sind gescheitert. Die Spirale der Repression und der Gewalt dreht sich unvermindert weiter.
Viele legale Organisationen der linken Unabhängigkeitsbewegung, die für ein freies, vereintes und sozialistisches Baskenland eintreten, sind von Spanien unter dem Vorwand verboten worden, sie gehörten der Untergrundorganisation ETA an. Beweise gibt es dafür nicht, weshalb wie beim Verbot der Partei „Batasuna“ im März zuvor extra ein neues Parteiengesetz und ein Sondergericht geschaffen werden mussten. Als deren angebliche Nachfolger wurden vor den Wahlen im Mai mehr als 200 Wählerlisten annulliert und so bis zu 20 Prozent der Basken die Repräsentanz in den Institutionen geraubt. Selbst die moderaten baskischen Parteien werden aus Madrid nun angegriffen, denn auch sie stellen die begrenzte Autonomie inzwischen in Frage, weil sie in 25 Jahren nicht umgesetzt wurde.
Verboten wurden auch der Rat von weit über 1000 Bürgermeistern und Gemeinderäten, Organisationen von Jugendlichen, Gruppen zur Unterstützung von Gefangenen etc. Getroffen hat es in nur fünf Jahren auch zwei Zeitungen, ein Radio und eine Zeitschrift. Dass die im Februar verhaftete Journalisten der einzigen baskischsprachigen Tageszeitung „Euskaldunon Egunkaria“ nach der fünftägigen Kontaktsperre in den Händen der Guardia Civil Folter angezeigt haben, markiert eine neue Qualität.
Heute sitzen etwa 700 Basken aus politischen Gründen hinter Gittern, das sind wesentlich mehr als in der Franco-Diktatur und sagt viel über die aktuelle Situation aus. Sie sind gegen geltendes Strafrecht über ganz Spanien und Frankreich verteilt, um sie voneinander und ihren Familien zu isolieren, was eine Doppelbestrafung bedeutet. Am Wochenende legen die Familien oft 2000 Kilometer für kurze Besuche zurück, 13 Angehörige haben auf den Straßen ihr Leben gelassen, viele wurden bei Unfällen verletzt.
Auch die EU beteiligt sich aktiv an der Politik Madrids. Ohne Prüfung werden baskische Organisationen auf die EU-Liste „terroristischer Organisationen“ gesetzt. Dabei arbeiten sie, wie Batasuna, weiter legal im französischen Teil des Landes und die Partei hat weiter einen Abgeordneten im Europaparlament. Auch die Auslieferungen an Spanien nehmen zu, obwohl den Betroffenen dort Folter droht, wie die Kommissionen für Menschenrechte der UNO, der EU und Amnesty International jedes Jahr anprangern.
Darunter waren auch Deutsche: Die Berlinerin Gaby Kanze wurde von der Schweiz an Spanien überstellt, obwohl das Ermittlungsverfahren, wegen Unterstützung der ETA, in Deutschland mangels Beweisen eingestellt worden war. Sie wartet seit einem Jahr auf ihren Prozess. Frankreich lieferte die Frankfurterin Petra Elser aus, die nach zwei Jahren im Gefängnis frei gesprochen wurde. Anfang November wurde der Baske Paulo Elkoro von Deutschland an Spanien ausgeliefert, obwohl belastende Aussagen auch bei ihm nur unter Folter gemacht worden sind und danach widerrufen wurden. Er hatte noch im September einen vierwöchigen Hungerstreik im Gefängnis von München-Stadelheim durchgeführt.
Seit dem Tod des Diktators ist es Spanien immer besser gelungen, seine Methoden der Unterdrückung, und die Angriffe auf die baskische Sprache mit dem Mantel der Terrorbekämpfung zu verdecken. Die massiven Proteste gegen eine Politik aus Madrid, die Versuche zu seiner Beilegung von baskischer Seite und die Ziele der Unabhängigkeitsbewegung fallen aus dem internationalen Diskurs weitgehend heraus. Es wird ein verzerrtes Bild gezeichnet, das mit der Realität nur wenig zu tun hat. Im Rahmen der Vorstellung des Buchs wird Ralf Streck im Schwerpunkt über seine Erfahrungen berichten, die er im Baskenland gesammelt hat.
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Die folgenden Veranstaltungen haben den Schwerpunkt „Iran“ und „Baskenland“
Duisburg: Donnerstag den 27.11. um 19.00 Uhr im Jugend- und Kulturverein, Kaiser-Wilhelm-Str. 284, Duisburg-Marxloh
Köln: Freitag den 28.11. um 19 Uhr, Alte Feuerwache Köln, Melchiorstr. 3,
50670 Köln
Nach der islamischen Revolution im Iran im Jahre 1979 ist die Situation im Iran geprägt von massiver Repression. Im Jahre 1981 kommt es zu einer ersten großen Verhaftungswelle. Tausende Menschen werden als „Krieger gegen Gott“ oder „Verderbensstifter auf Erden“ eingekerkert, gefoltert und erschossen. Die Gefängnisse sind schnell voll, so dass sogar Kinos, Kauf- und Krankenhäuser als Gefängnisse und für Erstverhöre benutzt werden. Nach dem Ende des Iran-Irak-Krieges 1988 werden in den Gefängnissen „Revolutionsgerichte“ eingerichtet. Nach Kurzprozessen händigen die Wärter den Gefangenen Testamente aus und führen sie gruppenweise in die Gefängnishöfe. Dort werden sie erhängt. Schätzungsweise wurde in ein paar Wochen ein Drittel der männliche Gefangenen auf diese Weise hingerichtet. Die genaue Zahl ist bis heute unbekannt. Entgegen der Meinung internationaler Medien, dass unter Mohammed Khatami ein „Demokratisierungsprozess“ im Iran eingetreten sei, hat sich die Situation wenig verändert. Massive Arbeitslosigkeit und das Leben am Existenzminimum für viele Menschen im Iran rufen immer wieder gesellschaftliche Proteste hervor. Genauso gehen Studenten und Intellektuelle auf die Straße. All diese Proteste werden blutig niedergeschlagen, und Intellektuelle durch sogenannte „Kettenmorde“ umgebracht. Ein ehemaliger politischer Gefangener und Mitautor des Buches berichtet über die Geschichte der politischen Gefangenen im Iran und seine eigenen Erfahrungen im Knast.
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Das Buch wird auf den Veranstaltungen erhältlich sein oder ist zu beziehen
beim Verlag oder unter: Initiativ e.V., Postfach 11 05 23, 47145 Duisburg