Interview mit F.Z.Haseena, Frauenwohlfahrskomitee Karnataka
F. Z. Haseena, 22, ist Aktivistin des Karnataka Vimochan Ranga (Frauenwohlfahrskomitee Karnataka) in Bangalore, eine der zahllosen muslimischen Selbsthilfeorganisationen. In diesem südlichen Gliedstaat zählen die Muslime rund 30%, die Dalits (Unberührbare) 20%.
Welches Ziel hat Ihre Gruppe?
Das Massaker von Gujarat hat der Gemeinschaft der Muslime einen schweren Schock versetzt. Und die Gefahr ist keineswegs gebannt. Im Gegenteil, auch in Karnataka kann es jederzeit zu einem solchen Blutbad kommen. Dagegen helfen keine individuellen Lösungen, wie es uns die NGOs weismachen wollen, sondern nur kollektiver Widerstand.
Warum dann gerade eine Frauenorganisation?
Unsere Gemeinschaft und insbesondere die Frauen sind verängstigt und politisch passiv. Auch gilt es unsere eigenen Probleme als Frauen anzusprechen. So wollten uns die etablierten muslimischen Organisationen aus Bangalore, die das World Social Forum (WSF) unterstützen, nicht alleine hier her reisen lassen, schon gar nicht zu Mumbai Resistance (MR). Sie sagten, wir müssten in den von ihnen bereitgestellten Unterkünften essen und nächtigen. Es sei unmoralisch, dass wir in den gleichen Großzelten mit Männern untergebracht werden.
Warum nehmen Sie am MR und nicht am WSF teil?
Die andere Seite besteht vor allem aus NGOs, die uns von der Selbstverteidigung abhalten wollen. Doch wir können nicht zulassen, dass der Brahmanismus schlachtet. Wir brauchen eine kämpfende Bewegung, eine wirkliche Revolution. Im MR sind solche Kräfte versammelt.
Die Organisatoren von MR gelten als radikale Kommunisten. Wollen Sie eine kommunistische Revolution?
Ich weiß nicht was ich unter Kommunismus verstehen soll. Wir wollen auf jeden Fall die multinationalen Konzerne verjagen, für alle religiösen Gemeinschaften gleiche Rechte und einen säkularen Staat und vor allem soziale Gerechtigkeit. Das bedeutet für uns Islam.
Versuchen Sie Dalits vom Islam zu überzeugen?
Nein, aber viele Dalits sind gegen das Kastensystem und sie interessieren sich sehr für die islamische Gleichheit. Dalits, denen das Privileg einer Ausbildung zuteil wurde, konvertieren jedoch häufig zum Buddismus, so wie es ihr historischer Anführer, Ambedkar, propagierte.
Willi Langthaler
Bombay, Mitte Januar 2004