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Das „Münchner Bündnis gegen die Sicherheitskonferenz“ verbietet das Tragen von Nationalfahnen

20. Februar 2004

von Initiativ e.V.

Vor dem Hintergrund der Einschüchterungsversuche gegen uns auf der Demonstration am 07.02.04 in München und des „Bündnisbeschlusses“, welches das Tragen von Nationalfahnen verbietet, fordern wir das Bündnis auf, sich von den Einschüchterungsversuchen zu distanzieren und sein Verhältnis zu den Befreiungskämpfen im Irak und Palästina zu diskutieren. Eine Protestdemonstration gegen die Kriegspolitik, die Symbole nationaler Befreiungsbewegungen verbietet, ist für uns inhaltlich nicht tragbar. Wir fordern das Bündnis auf, diesen Beschluss umgehend zu widerrufen, um damit allen Teilen des antiimperialistischen Widerstandes die Möglichkeit zu geben, Teil des Bündnisses zu werden.

Die „antinationale Linke“ erklärt ihre Kapitulation vor den aktuellen Entwicklungen zur Ideologie. Der „Konsensbeschluss“ des Münchner Aktionsbündnisses gegen die NATO-Sicherheitskonferenz, auf der Protestdemonstration am 07.02.04 das Tragen von Nationalfahnen zu unterbinden, ist Ausdruck der aktuellen desolaten Lage der Linken in diesem Land. Sie ist Ausdruck einer durch und durch opportunistischen Haltung hinsichtlich der Kämpfe der unterdrückten Völker für nationale Selbstbestimmung, die ihre Wurzel in der Auseinandersetzung mit bürgerlichen Strömungen innerhalb der zerfallenen Linken nach 1989 in der BRD hat. Eine Linke, die die USA kritisieren möchte, dabei jedoch in der Abstraktion verharrt, indem der konkrete Bezug auf Befreiungskämpfe durch das Tragen von Fahnen dieser verboten wird, kann keine Perspektive entwickeln. Kategorisch wird die Notwendigkeit, sozial und politisch fortschrittliche Inhalte mit der Nation in der „3. Welt“ zu verbinden, abgelehnt. Das Zeitalter der Nation, als Möglichkeit zur Formulierung fortschrittlicher Inhalte, wird ganz in eurozentristischer Manier mit Bezug auf Marx auf das vorletzte Jahrhundert datiert.

Es werden die Deformationen des deutschen Nationalbewusstseins während der deutschen Nationalstaatsbildung auf alle Nationen der Welt übertragen und der antiimperialistische Widerstand, der mit der Bildung revolutionärer Staaten wie Kuba, Vietnam etc. einen Ausdruck fand, negiert und als „reaktionär“ diffamiert. Im Hinblick auf die Demonstration sollte anscheinend mit der Entscheidung über die Nationalfahnenfrage eine Auseinandersetzung mit dem reaktionärsten Teil dieser Strömungen, den sogenannten „Antideutschen“, aus dem Weg gegangen werden. Aber nicht nur das: Das Bündnis hat durch das Verbot von Nationalfahnen keine eigene Position zu den aktuellen Auseinandersetzungen im Irak und Palästina bezogen. Der so in München artikulierte „Widerstand“ einer deutschen Linken hatte keinen Bezug auf die Kämpfe der Länder des Trikonts und verkam zu einem zivilgesellschaftlichen Happening ohne jegliche revolutionäre Perspektive. Gewollt oder ungewollt: eine Linke, die das Vokabular der Besatzer übernimmt, den Widerstand im Irak oder Palästina als „terroristisch“ zu diffamieren und ihm jede Fortschrittlichkeit abzusprechen, eine Linke, die keine Position bezieht auf der Seite der Schwächeren und Unterdrückten, sondern vielmehr – wenn überhaupt – in Äquidistanz verharrt, findet sich auf der Seite der Stärkeren wieder.

Stein des Anstoßes der meist verbal ausgetragenen Auseinandersetzung war unsere mitgebrachte Irakfahne mit dem Schriftzug „Allah ist Groß“. Obwohl wir immer wieder betonten, dass diese nach der Besetzung des Iraks durch die USA nicht ein Symbol der Baathpartei sei, sondern vielmehr das Symbol des gesamten Volkswiderstandes im Irak, wurde dies von den Ordnern konsequenterweise ignoriert. Vielmehr wurden unsere Äußerungen hinsichtlich unserer politischen Unterstützung zur Bildung einer breiten politischen Front gegen die Besatzung, die alle Teile der politischen Kräfte im Irak – einschließlich arabisch-nationalistischer und islamischer Kräfte – einzuschließen hätte, immer wieder mit dem Vorwurf beantwortet wir würden ein Bündnis mit Faschisten suchen. Was das eine mit dem anderen zu tun hat, blieben die Ordner des Bündnisses in der Auseinandersetzung schuldig. Inhaltliche Auseinandersetzungen wurden immer wieder mit dem Hinweis auf den Beschluss des Bündnisses zur Nationalfahnenfrage beendet. Jedoch hinderte dies die Organisatoren nicht daran, die Jugendorganisation der Stoßtruppe des deutschen Imperialismus, der SPD, mit einer EU-Fahne in der Demonstration mitlaufen zu lassen. Mehr noch: Das Ganze führte selbst dazu, das Tragen der Fahnen der UDSSR oder Kubas unterbinden zu wollen.

Der so in München geäußerte „Protest“ gegen die Pläne des Imperialismus unter Führung der USA, die neoliberale Globalisierung flächendeckend mit militärischen Interventionen in der ganzen Welt abzusichern, kann vor diesem Hintergrund nur ein sehr abstrakter bleiben, der die entscheidende
Voraussetzung für eine Alternative gegen die herrschenden Verhältnisse negiert: das Selbstbestimmungsrecht der Nationen, das Recht einer Nation eine gesellschaftliche Alternative zu formulieren, auf ihrem Staatsgebiet umzusetzen und zu verteidigen. Vor dem Hintergrund des Krieges der USA gegen die sozialen und nationalen Bewegungen, der mit der Besetzung Jugoslawiens, Afghanistans und des Irak seinen vorläufigen Höhepunkt fand und der Millionen von Menschen im Vorfeld des Krieges auf die Straße brachte, ist es nun, nachdem diese Proteste nichts verhindern konnten, nur konsequent, den Widerstand gegen die Besatzung zu unterstützen. Auch wenn das einschließen sollte, mit Kräften Bündnisse zu schließen, die nicht mit allen unseren Vorstellungen übereinstimmen, so kann die internationale Linke nur Einfluss auf die kommenden Entwicklungen nehmen, wenn sie Teil dieser Bewegung gegen den imperialistischen Krieg wird und nicht wie ein Schulmeister außen vor bleibt.

Wir möchten uns bei den Genossinnen und Genossen der ILPS bedanken, dass sie uns in ihrem Block haben mitlaufen lassen und sich uns gegenüber solidarisch verhielten.

Es lebe die antiimperialistische Solidarität!

Es lebe der Widerstand des palästinensischen und irakischen Volkes!

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