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„Im Irak entscheidet sich das Schicksal der Dritten Welt“

14. März 2004

Rede von
Nuri al-Muradi, Irakische Kommunistische Partei (Kader), anläßlich einer Solidaritätsdemonstration in Wien

Als Bagdad fiel, haben wir alle getrauert. Doch unsere Trauer hat angesichts der Kraft und Stärke des Widerstandes ein Ende gefunden.
Das irakische Regime war zwischen 1970 und 1990 mit Amerika verbündet. Die USA haben es unterstützt, auch mit chemischen Waffen. Die Verbindung zwischen dem irakischen Präsidenten und den US-Adminstrationen wurde von Rumsfeld und Dick Cheney hergestellt. Cheneys Unternehmen lieferte sogar Giftgastechnologie an den Irak. Angesichts dieser Tatsache beschloss die derzeitige amerikanische Administration die Aussagen Saddam Husseins zu überarbeiten, bevor diese irgendeinem Gericht präsentiert würden, falls Hussein überhaupt jemals einem Gericht überstellt werden sollte.
1990 beschloss die amerikanische Administration, dass Saddam Hussein gegen sie rebelliert hätte. Sie gebrauchte den Versuch des Irak Kuwait zurückzugewinnen als Vorwand und mobilisierte die Armeen von dreißig Staaten, wobei die meisten von ihnen nichts als Söldner waren, die auf die Brotkrumen des amerikanischen Tisches warteten. Der Schlag gegen den Irak wurde ausgeführt und die USA erklärten dies zum Beginn eines neuen Zeitalters der internationalen Beziehungen. Die Merkmale dieses Zeitalters sind einerseits die Vormachtstellung der Machtlogik über die Logik des Dialogs in den internationalen Beziehungen. Zu diesem Zweck wurde die Uno außer Kraft gesetzt, wann immer sie der amerikanischen Kontrolle zu entgleiten drohte, andererseits die permanente Bedrohung der Völker der Dritten Welt, die mit Termini wie „Terrorismus“, „Antisemitismus“, „Fundamentalismus“ oder „Kampf der Kulturen“ gerechtfertigt wird.
Auf Grundlage einer Logik der Gewalt und Bedrohung gegen ungehorsame Länder zwangen die USA dem Irak ein Embargo auf, das 13 Jahre währte und zwei Millionen Kinder und ältere Personen das Leben kostete. Fälle von Krebs und Missbildungen kommen noch immer zu Dutzenden vor und so wird es wohl auch in Zukunft sein, solange das abgereicherte Uran in Iraks Boden bleibt.
Es sollte keinen Zweifel daran geben, dass das Embargo dem Irak aufgezwungen wurde, nicht weil er Massenvernichtungswaffen besaß, sondern weil er diese vernichtet hatte und darauf verzichtete, sie zu verwenden, auch wenn Amerika das Gegenteil behauptet.
Trotz aller Beweise, dass der Irak keine Massenvernichtungswaffen besaß; außer Acht lassend, was die Völker der Welt in Massendemonstrationen mit Millionen von Teilnehmern in fast allen Ländern des Globus forderten; und ungeachtet der UN-Resolutionen, die den Krieg ablehnten, griffen die USA den Irak an. Sie dachten, so wie eine Gruppe von verräterischen Handlangern es ihnen versichert hatte, dass die Iraker sie mit Blumen und Weihrauch begrüßen würden.
Heute liegt im sogenannten freien Irak die Arbeitslosenrate bei achtzig Prozent. Siebzig Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Die Inflation ist hoch. Es herrscht Knappheit an Grundnahrungsmitteln und anderen Basisgütern, sogar an Erdöl, und das im Irak, dem Land des Erdöls. Chaos hat die Sehnen der Gesellschaft durchtrennt und Diebe, Zuhälter und Mädchenhändler sind allgegenwärtig. In den Tagen von Saddam, „dem Diktator“, mussten nur Personen, die in die Politik involviert waren, Angst haben. Heute, nach der sogenannten Befreiung haben nicht nur Politiker, sondern alle Menschen, vor allem Frauen, Angst. Frauen wagen es nicht auf die Straße zu gehen, aus Angst entführt und verkauft zu werden.
Die Amerikaner kamen in Verletzung des Völkerrechts, in Verletzung des Willens des irakischen Volks. Sie kamen als Invasoren. Sie haben unser Land besetzt. Sie haben unsere wissenschaftlichen und Bildungsinsitutionen zerstört, unsere Infrastruktur und alles, was wir im Laufe der Geschichte des modernen irakischen Staates aufgebaut hatten. Sie haben alle Errungenschaften unserer Volks auf sozialem und kulturellem Gebiet zunichte gemacht. Sie haben unser Land um Jahrhunderte zurückgeworfen und sie werden uns noch weiter zurückdrängen, um uns zu kontrollieren. Angesichts dieser Entwicklungen hat das irakische Volk keine andere Wahl als den bewaffneten Kampf.
Was will der Widerstand? Um es einfach auszudrücken – er will die Besatzer vertreiben. Er will die Besatzer auf die eine oder andere Weise aus dem Irak verjagen. Er will verhindern, dass der Feind und Besatzer die irakischen Reichtümer ausbeutet, vor allem das Erdöl, und dass er Nutzen aus den Arbeitsverträgen zieht.
Wer ist der irakische Widerstand? Das gesamte irakische Volk. Beteiligte sind die Ba…‘th-Partei, die Salafi-Islamisten, die Linke, Unabhängige und andere. Und jeder, der sich mit den Irakern für die Befreiung des Irak vereinigen will, ist willkommen. Der amerikanische Militarismus hat uns vor eine Wahl gestellt: Entweder gewinnt er oder die Völker der Welt. Er zögert nicht zu sagen, dass der Irak sein Schlachtfeld im Kampf gegen den Terrorismus ist. Er zögert nicht jeden, der gegen die USA Widerstand leistet, der nicht mit ihren Positionen konform geht, als Terroristen zu betrachten, die ausgemerzt werden müssen. Angesichts dieser Tatsache fürchtet der irakische Widerstand nicht, als „terroristisch“ oder „antisemitisch“ oder sonst wie diffamiert zu werden, und es sollte sich auch niemand anderer, der den Widerstand verteidigt, davor fürchten.
Auf dem Boden des Irak wird heute das Schicksal der Welt – zumindest der Dritten Welt – entschieden. Wenn der irakische Widerstand gewinnt, wird die amerikanische Tyrannei ein für alle Mal beendet sein. Aber wenn die Amerikaner gewinnen, so ist die Hoffnung der Völker der Dritten Welt auf Freiheit und Frieden verloren. In diesem Fall wird Unterdrückung, Ungerechtigkeit und andauernde Sklaverei durch eine Handvoll kapitalistischer Blutsauger festgeschrieben werden. Das ist die Zukunftsperspektive, die Euch, standhafte Menschen, davon überzeugen muss, sich im Kampf gegen den Besatzer auf die Seite des irakischen Volks zu stellen.

Die Rede wurde redaktionell bearbeitet und leicht gekürzt.

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