Wien, 27. Juni
Wien, 27. Juni 2004
12h Stephansplatz
Der Vidovdan gilt als der Tag der serbischen Nation. Der St.-Veits-Tag kündet von der Unterwerfung des serbischen Volkes unter Fremdherrschaft und dem damit einhergehenden Leiden aber gleichzeitig auch vom ungebrochenen Widerstand und der Wiederauferstehung. Die serbische Niederlage am Amselfeld am 28. Juni 1389 begründet dieses immer wiederkehrende Motiv, das vielfach geschichtsmächtig wurde, wie beispielsweise beim Anschlag auf den österreichischen Thronfolger in Sarajewo am 28. Juni 1914. In der Verteidigung Jugoslawiens und Serbiens gegen die Nato-Aggression spielte der Vidovdan-Mythos abermals eine wichtige Rolle.
Der Vidovdan wie der Kosovo sind Zentralelemente des serbischen Nationalmythos. Sie bilden die Geschichte nicht direkt ab, sondern interpretieren sie und versuchen ihr eine Richtung zu geben, manchmal auch unter Deformation der historischen Realität. Das gilt aber nicht nur für den serbischen Gründungsmythos, sondern praktisch für jeden Nationalmythos, so auch für den amerikanischen von Freiheit und Demokratie, der angeblich auf der sakrosankten US-Verfassung beruht.
Für diese Mythen gibt es ein Spektrum von Interpretationsmöglichkeiten, die unterschiedlichen Charakter haben können. Was die serbische Nation betrifft, so ist in diesem Mythos jedenfalls der unbeugsame Kampf gegen fremde Imperien enthalten, die sie zu unterwerfen suchen. Das beginnt mit dem Osmanischen Reich, geht über die Donaumonarchie und Nazideutschland bis hin zum American Empire und hat damit einen demokratisch-antiimperialistischen Zug. Gegen eine mögliche chauvinistische Auslegung kämpfen wir hingegen an.
In diesem antiimperialistischen Sinn rufen wir zum Vidovdan 2004 auf, als Symbol des fortgesetzten Widerstands der armen Klassen des serbischen Volkes gegen den imperialen Kapitalismus, der seine Globalisierung nur mehr mit Hilfe des permanenten Krieges durchsetzen kann. Unser Protest richtet sich gleichermaßen gegen seine lokalen Profiteure und Erfüllungsgehilfen, wie sie zuallererst von der mafiösen Djindjic-Clique repräsentiert werden.
Nato raus aus dem Balkan!
Kein Beitritt der Balkanländer zur EU!
Föderative Vereinigung als einzig mögliche Form der nationalen Selbstbestimmung!
Zusatz der AIK:
So sehr das Amselfeld-Motiv zur Mobilisierung gegen den die Herrschaftsansprüche des Westens dienen kann, so wenig ist es allerdings geeignet, den historischen nationalen Konflikt im Kosovo zu lösen, den die Nato für ihre Zwecke instrumentalisierte. Langfristig ist das nur über eine gegenseitige Anerkennung der nationalen Ansprüche der Serben und Albaner möglich, über eine binationale Einheit im Rahmen einer größeren Föderation, deren erster Versuch Jugoslawien war.
Dies ist nur gegen die Interessen des Westens möglich, der den Balkan wirtschaftlich, politisch und militärisch beherrschen will. Solange der albanische Nationalismus mit dem imperialistischen Westen im Bündnis steht, bleibt er Hindernis und Feind einer jeden Völkerverständigung.