Site-Logo
Site Navigation

Teurer Sprit und Blut für Öl – cui bono?

30. August 2004

Der bejubelte Raub der OMV

In Nadjaf wird gekämpft gegen die Besatzer. Dieselben Besatzer patroullieren in Sadr City und beschossen Falludja mit Raketen. Die Kinder des Irak werfen Steine gegen Kugeln, Frauen spucken den Soldaten nach und einfache Demonstranten schreien ihre Wut in das Knattern der amerikanischen MG…‘s. Immer wieder kommt es zu Angriffen auf Förderanlagen, Raffinerien und Pipelines, die jenes Öl hervorholen, erstverarbeiten und transportieren, um dessentwillen die USA ihren Krieg nicht zuletzt begonnen hatten. Nicht nur Saddam Hussein wurde dadurch enteignet, sondern das ganze irakische Volk, wie die hohen Zivilopfer, die explodierende Armut, die zerstörten Überreste der einstigen Versorgungseinrichtungen und der Reichtum der wenigen gekauften Kollaborateure unwiderlegbar zeigen. Die Quelle des Wohlstands gehört wieder den Wenigen.
In Österreich herrscht die flimmernde Langeweile des Sommerloches. Es wird in den Urlaub gefahren, wenn auch ein bisschen bescheidener wohl als früher, stiegen doch die Ausgaben und die Kosten konstinuierlich in den letzten Jahren, sanken doch die Löhne und verschwanden schließlich unmerklich all die Garantien, Sicherheiten und Mechanismen des Sozialstaats in einem Meer aus neoliberaler Rhetorik, während immer mehr Menschen an den Rand gedrängt werden und über Deutschland Hartz 4 hereinbricht. Aber die Österreicher und Österreicherinnen sind sie schon gewohnt, die insistierenden Parolen vom „Verantwortung-Übernehmen“ und von „Schlankheitskur des Staates“, von „Reformverweigerern“ und „Ewig-Gestrigen“, von „Innovation“, „Management“, „marktorientierter Unternehmensführung“ und dem angeblichen „Verantwortungsbewusstein der Privatwirtschaft“. Sie erfuhren am eigenen Leib die „historische Umgestaltungsmission“ eines Wolfgang Schüssel und die enthemmte Raub- und Profitgier eines Karl-Heinz Grasser ebenso wie die „Finanzethik“ eines Vranitzky oder die verwöhnte Scheinmoralität von Van der Bellen. Raunend wird die breite Masse beschworen, den „Gürtel enger zu schnallen“, und mittlerweile ist er schon fest zugezogen, der Gürtel. Das Pensionssystem wurde zerschlagen, bei Bahn, Post und Kommunikation auf Teufel komm raus privatisiert, es stiegen Mieten und Energiekosten, Gesundheit und Bildung wurden zum teuren Gut, Sozialleistungen zur Mangelware und Armutserscheinungen en vogue, zur Belohnung gab´s virtuelle Zuckerl wie das schönrednerische „Nulldefizit“. Bei den von der Masse der hierzulande lebenden Menschen geschöpften Werten handelt es sich um riesige Summen und eine gewaltige nationale Leistung, denn auf ihrem Rücken trug sie alle Lasten der Globalisierung auf österreichisch, alle Lasten einer EU der Konzerne. Murrend bezahlten die ÖsterreicherInnen immer mehr für Zigaretten und für Sprit, jene beiden Posten, die sie als signifikant und besonders schmerzhaft empfinden.
Spürbar wird der neue Wind, der uns ins Gesicht bläst, eben gerade an den Preisen für Benzin, Diesel und Heizöl, die auf neue Höhen kletterten und Auswirkungen auf alle Bereiche der Gesellschaft haben, auf alle Sektoren der Wirtschaft. Jede Erhöhung wird allein getragen …. von den Verbrauchern! Wieso aber zahlen wir diesen hohen Preis? Wegen des hohen Ölpreises, lautet die Rechtfertigung der Mineralölkonzerne, allen voran die OMV, der irakische Widerstand mache Anschläge, ein „unberechenbarer Präsident“(1) regiere in Venezuela, die trügen Schuld, denn sie verunsicherten die Börse. Zum einen nützt der hohe Ölpreis allerdings zuvorderst den USA, in deren Kassen die Einkünfte der ölproduzierenden Scheich-Regime fließen und auf diese Weise Leistungsbilanzdefizit und kriegerische Imperiumsbildung der Vereinigten Staaten finanzieren. Zum anderen aber sind die Begründungen der OMV und der anderen Konzerne vor allem eine einfache Lüge, denn es liegt im Ermessen der Ölfirmen, einen Preis festzusetzen, verfügen sie doch über riesige Lagerbestände, die sie unabhängig halten vom schwankenden Ölpreis.
Gerade als all die Urlaubsreisenden an den Tankstellen über ihre in den Tank fließenden Verluste fluchten, veröffentlichte die OMV ihr Halbjahresergebnis 2004. Stolz verkündeten sie einen Nettogewinn von 315 Millionen Euro und einen Umsatz von 4,5 Milliarden Euro, der sie ihre erklärte Firmenstrategie, nämlich „die Verdoppelung der Unternehmensgröße aus eigener Kraft bei Erhaltung der Rentabilität auf das eingesetzte Kapital von 13 %“ bis 2008 (2), wieder ein Stück nähergebracht hat. Es waren die abgesparten Euros und Cents der Österreicher und ÖsterreicherInnen, die diesen unvorstellbaren Profit eines Managerkonzerns bildeten, der im Übrigen einer jener Erdölfirmen ist, die im Sudan besonders aktiv waren und eingegriffen haben und so die jetzt mit Interventionsforderungen verknüpfte „humanitäre Katastrophe“ zu einem großen Teil mitverursacht. Fast empörender noch als die Tatsache eines solchen verbrecherischen Profits an sich ist aber die Art und Weise, wie er präsentiert wurde. Die OMV, längst ein reiner Ausbeuterkonzern, mit dem die Republik Österreich durch 37 Prozent Aktienanteil und einige ihrer ausgesuchtesten Partei-Manager verbandelt ist, wurde von Presse und Fernsehen hochgejubelt. Gleichsam als handelte es sich um einen österreichischen Sieg bei der Fußball-WM schlug dem Konzern frenetischer Applaus für das „fulminante erste Halbjahr“(3) entgegen und dickes Lob für seine „gelungene unternehmerische Leistung“ und „die Liberalisierung als große Errungenschaft“(4). Dieser direkt vom österreichischen Volk finanzierte Gewinn in harter Währung wird einfach zum ideellen Gewinn an Prestige für das österreichische Volk umgemodelt und offenbart so überdeutlich den großangelegten neoliberalen Betrug: „Alles durch das Volk, nichts für das Volk.“ So lange jedoch sich kein dritter Pol auf der politischen Bühne etabliert hat, der einer mediengesteuerten Konsensbildung die Wirklichkeit der globalisierten Ausbeutung entgegenzuhalten vermag, so lange ein gigantischer Raub wie jener der OMV nicht als Raub benannt, sondern als Gewinn bejubelt wird, so lange wird auch dieser Betrug weitergehen. So lange werden die höhnischen „Werte“ der OMV: „beweglich“ – „…‚Mehr bewegen…‘ bedeutet für uns Unternehmenswachstum, Produkt-Innovationen und unternehmerisches Denken und Handeln jedes Einzelnen“ – erfolgreich – „Erfolg heißt ertragreiches Wachstum“ – europäisch – „Wir fördern weltoffenes und tolerantes Denken und Handeln sowie die Einhaltung universeller Werte“ – für mich da – „Wir handeln serviceorientiert und verantwortungsbewusst gegenüber Kunden, Aktionären, Mitarbeitern, Umwelt und Gesellschaft“ (5) – als bare Münze gelten. Es ist an uns, die Stimme zu erheben und die Rückgabe dieses Abermillionen-Profits an jene zu fordern, denen er geraubt wurde: an die in Österreich lebenden Menschen. Diese sollten aber nicht zögern ihn an das irakische Volk weiterzugeben. Denn dieses kämpft gegen die US-Besatzer, deren Logik nach wie vor im Irak gilt und zugleich die Logik der Herrschenden weltweit ist: „Gebt uns euer Blut und wir nehmen euer Öl!“ Es ist Zeit, diese Logik zu stürzen!

(1) Michael Knigge: Der Tank ist noch nicht leer. http://www.dw-world.de/german/0,3367,1503_A_1280530_1_A,00.html

(2) OMV: corporate mission statement. http://www.omv.com/smgr/portal/jsp/index.jsp?p_site=AT Wachstumsstrategie 2008.

(3) OMV: Mit Ölpreis stieg der Gewinn. 18.08.2004. http://www.nachrichten.at/wirtschaft/293265?PHPSESSID=5e25bf58fd71c80862182839de5933b8

(4) Leitl gegen Haupts Kartellbeschwerde bei EU. http://derstandard.at/?url=/?id=165402

(5) OMV: corporate mission statement.

Thema
Archiv