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Rote Sonne am Himalaja

24. September 2004

In einer Zeit, in der auf der ganzen Welt die bewaffnete kommunistische Bewegung sehr geschwächt ist, werden nepalesische Maoisten Tag für Tag stärker. Man schätzt, dass die Maoisten zehn- bis fünfzehntausend Kämpfer und eine unbekannte Anzahl von Aktivisten in den Städten haben. Ihre Stärke liegt im einfachen Volk, es ist ein Volksbefreiungskampf.


Aufstand in Nepal

Die Maoisten haben 40% des Landes völlig unter ihrer Kontrolle. Am 13. Februar 1996 beendeten sie die parlamentarische Mitwirkung und kündigten den bewaffneten Befreiungskampf an. Die Ursache dafür ist die jahrzehntelang hinter der monarchistischen Fassade herrschende Ausbeutung und Gewalt, große wirtschaftliche und soziale Probleme sowie die Korruption der Politiker und Beamten.
Nepal gehört zu den ärmsten Staaten der Welt. Mehr als die Hälfte der 24 Millionen Nepalesen sind Analphabeten. Es gibt etwa sechzig Ethnien und siebzig verschiedene Sprachen. Siebzig Prozent der Bevölkerung werden vom brahmanisch beherrschten Kastensystem nicht als gleichwertig anerkannt. Auch die Führungskader der Maoisten sind vorwiegend Brahmanen.
Im Süden entlang der Grenze zu Indien liegt die fruchtbare Tiefebene mit den Ländereien der halbfeudalen Großgrundbesitzer, die von Pachtbäuerinnen und -bauern und LandarbeiterInnen bestellt werden. 72% der Nepalesen leben unter der Armutsgrenze. An der Nordgrenze zu China ragen bis über achttausend Meter die schneebedeckten Berge des Himalajas hoch. Dort gibt es in 95% der Dörfer nicht genug oder kaum Schulen und Krankenhäuser.
In Teilen von Nepal wie Rolpa, Rukum, Jajarkot, Salian, Kalikot, Daikel, Dolpa hat die CPN (Maoisten) starken Einfluss im Volk. In den Jahren 2001–2002 haben sie die ersten Volksregierungen in Armenvierteln einberufen, in denen es schon vom Volk verwaltete Gefängnisse und Volksgerichte gibt. Die Volksarmee hat Tag für Tag mehr Dörfer errungen.
In diesem reaktionären Regime, diesem Agenten des Imperialismus, sieht man zum ersten Mal eine riesige Ratlosigkeit im königlichen Palast. Es ist daher klar, dass der König und seine Mitherrscher immer mehr Unterstützung von den US-Amerikanern bekommen. Offiziell hat die USA in den letzten Jahren mehr als dreihundert gut ausgebildete Offiziere (wir nehmen an, dass inoffiziell die Anzahl noch viel größer ist) entsendet um die instabile nepalesische Armee militärisch besser auszubilden.
In Rolpa, einer Provinz von Nepal unter starkem maoistischen Einfluss, wo es vor 1998 39 Polizeidienststellen gab, sind nach den Jahren 2000 –2001 nur noch insgesamt acht übrig geblieben, in der Provinz Rukum von 29 noch sechs und in der Provinz Jajarkot von 15 nur fünf. Um die Maoisten zu entwurzeln patrouillierten die Polizisten früher täglich. Aber nun drehen sie nur noch mit ihren Flugzeugen Runden über den Bergen.
Im Jahre 2002 kam es zur Flucht von 61 Polizisten aus einem Militärlager. Viele Militärbeamte haben Haftstrafen bekommen, weil sie nicht im Süden Nepals stationiert sein wollten. Auf der anderen Seite vergrößert sich die maoistische Bewegung. Die Leiter bekommen oft Schwierigkeiten, da viele unter 18-jährige sich der Bewegung anschließen wollen, diese aber darüber informiert werden müssen, dass sie nicht mitkämpfen dürfen. Manchmal treten auch Polizisten und Armeebeamten zu den Maoisten über. Der Aufstand der Maoisten bildet einen Eckpunkt des Problemdreiecks, das die Monarchie in eine Krise gestürzt hat, aus der von König Gyanendra und seinen Vertretern kein Ausweg mehr gefunden wird.
Was an den Vorposten passiert
Um die alten Herrschaftssysteme umzustürzen bilden die Maoisten im Süden des Landes in den Dörfern Volkskomitees, in denen höchstens fünf bis sieben Personen vertreten sind. Als Mitglieder von solchen Komitees werden zwei Arbeiter, zwei oder drei arme Bauern und noch ein oder zwei Leute aus der herrschenden Klasse genommen. Im Jahre 2001-2002 haben neben den Maoisten auch die United Marxist Leninist Party und die Nepalesische Kongresspartei an den Wahlen für solche Volkskomitees teilgenommen, was die Zusammenarbeit der CPN (Maoisten) mit den anderen Parteien beweist. Als ein Zeichen einer demokratischen Volksmacht am Land fördern die Volkskomitees die Schulbildung, sie organisieren Ärzte, medizinische Versorgung, kulturelle Veranstaltungen. Es gibt auch Komitees, die sich mit sozialer Grundversorgung, einem Volkslohn beschäftigen. Der von Privaten besessene Boden wird unter den armen Bauern verteilt. Neben den Männern bekommen auch Frauen Boden, sowie Frauen insgesamt mehr Rechte erhalten. Die Bauern werden zur kollektiven Bebauung der Böden ermuntert. Auch für die Volksarmee wurde eine kleine Heimindustrie gebaut. In den letzen Jahren haben die Guerillamitglieder selbst Straßen und Schulen errichtet.
Ein Mobilbankwesen wurde ins Leben gerufen, das es einfachen Menschen ermöglicht, niedrig verzinste Kredite zu bekommen. Eine Frauenorganisation (One Family One Production) hilft den Frauen mit etwas Neuem anzufangen. Eine Jahrhunderte lang gewachsene feudale Kultur fordert die Maoisten heraus. Vergewaltigungen und religiöse Blindheit sind geringer geworden. Der 1. Mai, der 8. März (der Internationale Frauentag), Marx´, Lenins und Maos Geburtstage werden gefeiert. Arme, obdachlose junge Leute nehmen in neuen demokratischen Einrichtungen teil, in der Volksarmee, den Industrien, aber auch als politische Aktivisten und finden eine Überlebenschance. Die aus den Dörfern vertriebenen Menschen kommen nach Hause zurück und fangen mit einem neuen Leben an. Tag für Tag gestärkt, ist für das Volk die CPN (Maoisten) die aller größte Hoffnung um die Monarchie zu vertreiben.
Die wachsende revolutionäre Befreiungsbewegung in Nepal macht Indien ernsthafte Sorgen. Linke Separatisten und andere Bewaffnete wie der naxalitische Volkskrieg, den die Mao…­is…­ten als Modell hernehmen, kämpfen und kündigen immer wieder neue Anschläge auf Regime-Politiker an. Am 10. September 2004 bat der nepalesische Präsident Ser Bahadur Deuba bei seinem Staatsbesuch in Indien den indischen Präsidenten Monmohon Singh um Militärhilfe. Auch China beschuldigt die Rebellen in Nepal den Namen Maos zu entehren. Diese werfen wiederum der chinesischen Führung vor, Maos Ideale verraten zu haben. Einen Teil ihrer Ausrüstung beziehen die Rebellen über die nördliche Grenze Chinas. China versichert aber, keine Kontakte zu ihnen zu unterhalten. Allerdings bezeichnet China die Maoisten lediglich als „regierungsfeindliche Gruppe“, während sie in Nepal und Indien nach offiziellem Sprachgebrauch „Terroristen“ genannt werden. Von offizieller Seite heißt es, chinesische und nepalesische Truppen würden die Maoisten gemeinsam bekämpfen.
Auch die USA unterstützen die Bekämpfung der Maoisten, unter anderem mit heftiger Propaganda gegen den Volksaufstand.
Der Guerillaführer Prachanda erklärte, dass China, die USA und Indien alle Eigeninteressen in Nepal haben. Er unterstrich auch, dass die Guerilla zu Verhandlungen mit der Regierung bereit sei, was aber von dieser hintertrieben wird.
Ab 18. August 2004 kündigten die Maoisten eine Blockade Katmandus an, die etwa eine Woche dauerte. Maoisten forderten die Freilassung inhaftierter Kampfgenossen, Informationen über Verschwundene und eine Untersuchung über die angebliche Ermordung von gefangenen Rebellen. Wegen des Generalstreiks blieb Katmandu eine Woche lang völlig vom Rest des Landes abgetrennt. Aber einer der Hauptgründe für die Beendigung des Generalstreiks durch die CPN (Mao…­isten) ist, dass durch die Blockade der Lebensmittelspreis sehr stark angestiegen ist und die arme Bevölkerung Schwierigkeiten bekam.
Die Blockade zeigt die Stärke der CPN, die seit den letzen Jahren zur größten Guerillamacht in Südasien geworden ist. Heute ist die CPN (Mao…­isten) sowohl militärisch als auch in ihren legalen Aktivitäten besser organisiert denn je. Ob diese Stärke ausreicht, um den Volkskampf zu gewinnen, ist nicht klar. Jedenfalls wird es dem Regime seinerseits nicht gelingen, die Guerilla zu besiegen. Die Bevölkerung Nepals jedenfalls setzt ihre Hoffungen auf eine bessere Zukunft in Gleichheit auf den Volkskampf.

Alin Kalam

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