Editorial
„“Nicht alle Geiselnahmen erfolgen durch den Widerstand“ Mit diesen Worten bekräftigt Awni al-Kalemji, Sprecher der Irakischen Patriotischen Allianz, am 12. September die Position des irakischen Widerstandes zu den jüngsten Ereignissen im Irak. Der Irak ist ein einziges Schlachtfeld und viele, die dorthin als Touristen, Journalisten oder auch Mitarbeiter humanitärer Organisationen kommen, dienen tatsächlich den Besatzern. Doch der irakische Widerstand, so Kalemji, steht gegen jede Aktion, die der Befreiung des Iraks von der Besatzung nicht dient. Die kürzlich entführten italienischen Mitarbeiterinnen einer NGO haben nichts mit der Besatzung zu tun, der irakische Widerstand fordert daher ihre Freilassung.
Doch Kalemji betont weiter, dass mehrere Tausend Menschen im Irak mit den Besatzern gekommen und damit beschäftigt seien, Aktionen im Namen des Widerstandes auszuführen um diesen zu diskreditieren: Sie greifen zivile Ziele an und entführen Menschen, die mit der Besatzung nichts zu tun haben.
Die Entführung der italienischen Aktivistinnen sowie jene der französischen Journalisten sind zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses ungeklärt. Wer auch immer die Entführer sein mögen – und Vertreter des Widerstandes betonen, dass diese Aktionen nicht den Interessen des Widerstandes dienen – die Ereignisse weisen in erster Linie auf eine Tatsache hin: Anstatt Frieden und Stabilität zu schaffen hat der imperialistische Feldzug den Irak in ein Inferno verwandelt. Anstatt der Demokratie und den Menschenrechte zum Durchbruch zu verhelfen hat er dem Land die Diktatur der militärischen Besatzung und des Chaos gebracht. Wenn sich in diesem Chaos nicht nur Widerstandsformen herausbilden, die zwischen Freund und Feind, zwischen moralisch legitim oder verwerflich, zwischen politisch sinnvoll oder kontraproduktiv unterscheiden können, sondern auch solche, die ihrem Hass auf den Westen unterschiedslos freien Lauf lassen, dann liegt die Verantwortung dafür zuallererst bei den Besatzern und bei jenen, die die Besatzung gut heißen.
Die Antwort der Bevölkerung in den Industriestaaten kann daher nur die Solidarisierung mit dem legitimen irakischen Widerstand und der Kampf für einen sofortigen Truppenabzug und die volle Souveränität des Irak sein.
Margarethe Berger