junge Welt vom 25.09.2004
Vor vier Jahren begann die palästinensische Intifada. Soli-Demonstrationen erinnern daran – Ein Gespräch mit Thomas Zmrzly von Initiativ e. V., einem antiimperialistischen Verein mit Sitz in Duisburg
Interview: Markus Bernhardt
F: Gemeinsam mit diversen internationalistischen Gruppen rufen Sie für den 25. September, den vierten Jahrestag der palästinensischen Intifada, zu einem Aktionstag in Köln auf. Was genau ist geplant?
Wir werden mit Palästinenserinnen und Palästinensern gegen die israelische und US-amerikanische Besatzungspolitik auf die Straße gehen. Die Demonstration wird am „Amerikahaus“ vorbeiführen – das ist die Kölner Vertretung des US-Generalkonsulats in Nordrhein-Westfalen. Hierbei ist es uns wichtig, den Zusammenhang zwischen israelischer Unterdrückungspolitik und US-amerikanischer Aggression zu thematisieren: Israel intensiviert im Windschatten des US-Krieges „gegen den Terror“ die Vertreibungspolitik gegen die palästinensische Bevölkerung.
F: Im Kölner Aufruf stellen Sie die Besatzung in Palästina mit der des Iraks auf eine Stufe. Ist das nicht an den Haaren herbeigezogen?
Alles andere als das. Die von den USA im Irak eingesetzten Taktiken zur kollektiven Bestrafung wie Zerstörung von Häusern und die Inhaftierung und Folter von Verwandten und Bekannten sind auch die Mittel der israelischen Politik in Palästina. Bei der Befragung irakischer Gefangener wird das US-Militär von israelischen Geheimdienstexperten „beraten“. US-Offizielle dürfen in israelischen Panzern an Razzien teilnehmen, um die israelische Aufstandsbekämpfung zu studieren. Entscheidender ist jedoch: Die USA und Israel haben kongruente Interessen im Nahen und Mittleren Osten – außerhalb der USA hat kein anderes Land so zum Irak-Krieg gedrängt wie Israel. Über 1 000 US-amerikanische Soldaten wurden in Israel bei Manövern ausgebildet. Auch ist es alles andere als ein Zufall, daß die Ausübung politischen und militärischen Drucks auf Länder wie den Libanon, Syrien und den Iran koordiniert stattfindet. Daß es bisher zu keinen neuen Kriegen gekommen ist, ist auf die massiven Schwierigkeiten zurückzuführen, mit denen die USA im Irak konfrontiert sind: Das irakische Volk, das sich der Besatzung widersetzt, hält derzeit die größte Militärmaschinerie der Welt auf und bremst damit weitere gemeinsame Kriegsabsichten der USA und Israels. Es wäre absurd, den Zusammenhang zwischen US-amerikanischer und israelischer Kriegs- und Besatzungspolitik zu leugnen.
F: Sie fordern von der Bundesregierung und der EU „Sanktionen gegen die israelische Apartheidpolitik“. Ist das angesichts der deutschen Geschichte nicht problematisch?
Warum sollte die deutsche Geschichte verbieten, ein völkerrechtswidriges und rassistisches Bauwerk wie die Apartheidmauer mit ökonomischen Sanktionen zu belegen? Gerade aufgrund der militaristischen und verbrecherischen Vergangenheit Deutschlands fordern wir den sofortigen Stopp aller deutschen Rüstungsexporte nach Israel sowie ökonomische Maßnahmen, um von antiarabischem Rassismus geprägte Völkerrechtsbrüche an den Pranger zu stellen.
F: Fürchten Sie nicht die Unterstützung extrem rechter Gruppen, die sich in der jüngsten Vergangenheit des öfteren mit Palästina solidarisiert haben?
Auf die Gefahr hin, Eulen nach Athen zu tragen: Der 25. September ist eine internationalistische Manifestation und damit von vornherein ein Aktion gegen Imperialisten, Rassisten und Faschisten.