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Siedlerattacke in Salem/Nablus

4. Oktober 2004

von Hannan No-Shi, 3.10.2004

Sail Mustafa Ahdad, ein 47-jähriger Taxifahrer aus Salem bei Nablus wurde vor drei Tagen von einem Siedler aus der nahe gelegenen Siedlung Alon More getötet. Der folgende Bericht gibt wieder, was einer der Augenzeugen miterlebt und uns heute geschildert hat.

„Sail Mustafa Ahdad ist ein angesehener und geschätzter Mann aus unserem Dorf. Er war verheiratet und hat 6 Kinder, zwei sind blind. Er war Taxifahrer und verdiente so sein Geld, um seine Familie zu ernähren. Er ist nie aufgefallen durch politische Aktivitäten, Extremismus oder Teilnahme am gewaltsamen Widerstand gegen die Besatzung.
Vor drei Tagen fuhr ich mit ihm und vier anderen Fahrgästen von Nablus in Richtung Beit Dajan. Auf dem Weg mussten wir an einer Stelle eine Strasse befahren, die oft von Siedlern benutzt wird, aber keine „klassische“ Siedlerstrasse ist. Wir sahen schon aus der Ferne ein rotes Auto am Strassenrand, dessen Fahrer neben seinem Fahrzeug stand – ein Siedler. Da die Gegend absolut öd und unbewohnt ist, besprach ich mich kurz mit dem Fahrer und er entschied, den Siedler zu fragen, ob dieser vielleicht Hilfe brauche. Er fuhr langsam heran und als wir ca 4 Meter von dem Mann entfernt waren, kurbelte Sail sein Fenster herunter. Das nächste, was passierte war, dass der Siedler aus ca. 2 Metern Entfernung auf Sail schoss. Die Kugel durchdrang seinen linken Arm und bohrte sich in seine Herzgegend. Er lebte noch einen Augenblick, während dies geschah, hatte er noch seinen Fuss auf dem Gaspedal, das Auto fuhr also noch langsam weiter. Es gelang mir, das Auto zum Stehen zu bringen. Wir waren alle aufgebracht, ich verliess das Auto und sprach den Siedler an. Ich bat ihn, einen Krankenwagen zu bestellen, der Mann müsse sonst sterben und er hätte sicherlich ein Handy. Alles was der Mann zu mir sagte war: „Ich hoffe, das er sterben wird. Das war meine Absicht und seine Bestimmung.“ Er stieg dann in sein Auto und fuhr weg. Gleich danach kam ein Siedlerkleinbus, der, wie der Mann, in Richtung Siedlung unterwegs war. Ich nötigte den Fahrer anzuhalten, doch es gelang mir nicht wirklich – der Widerspruch seiner Fahrgäste war zu gross.
Im Endeffekt haben wir dann Sail auf den Beifahrersitz geschafft und ich habe das Taxi zum checkpoint gefahren. Die Soldaten dort nötigten uns noch, den inzwischen Verstorbenen in ein anderes Taxi zu schaffen. Ich fuhr ihn dann ins Krankenhaus nach Nablus.“

Die Fortsetzung schilderte uns ein anderer in der Runde anwesender Mann.

„Wir haben natürlich sofort die israelische Polizei informiert, eine halbe Stunde später wird er verhaftet, nicht ohne sich vorher noch rasiert und umgezogen zu haben. Er leugnete zu Beginn, auch nur annähernd in die Tat verwickelt gewesen zu sein. Da aber alle fünf Augenzeugen einstimmig widersprachen, gestand er- dies nachdem man ihn an den Tatort zurückgeführt hatte und er sich dort auffällig verhielt. Er gab aber sogleich an, dass er von dem Taxifahrer bedroht worden war und in Selbstverteidigung gehandelt habe. Der Fahrer hätte ihn sonst getötet.
Die Polizei nahm ihn daraufhin mit zur Polizeistation in Ariel, liess ihn aber kurz darauf frei. Erstens glaubten sie seiner Version der Notwehr, zweitens stünde ein jüdischer Feiertag an und man respektiere mit diesem Akt seine Religiösität.
Arabische Abgeordnete der israelischen Knesset – dem Parlament – legten Widerspruch gegen seine Freilassung ein. Es gibt nun eine Anhörung am Montag (4.10.2004), derzeit ist der Mann unter Hausarrest. Sein Name ist übrigens Yaschur Yitzhar, er ist allen hier bekannt für seine extreme Brutalität und die hohe Zahl seiner Gewaltverbrechen gegen die Dorfbewohner. Er arbeitet in Israel für eine zionistische Organisation und hat unter anderem die deutsche Staatsbürgerschaft. Unter anderem besitzt er ausserdem die Erlaubnis, eine besondere M-16-Waffe zu tragen, die ausschliesslich für geplante Angriffe und nicht zur Selbstverteidigung benutzt werden. Das Geschoss, welches er benutzte, ist das bekannte und grundsätzlich tödlich wirkende Dumm-Dumm-Geschoss. Es tritt mit einem kleinen Radius in den Körper ein und explodiert dann innerlich.“

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