12. Oktober 2004, von Hanan No-Shi
Der Tag verlief alles andere als friedlich. Die Bilanz sind 4 verhaftete und nach einigen Stunden wieder freigelassene Internationale, 4 verhaftete und noch nicht wieder freigelassene Palästinenser, 2 ganz schön verprügelte Internationale, viele frustrierte Menschen um mich herum, viele aggressive Soldaten, die uns nun alle kennen und noch kein Kontakt mit Siedlern.
Es ist ziemlich viel schief gegangen heute, viele der Aktivisten wissen nicht wirklich, wie sie sich verhalten sollen, zwei – die mit mir waren – sind schwerhörig und ich bin ein paar mal fast vom Baum gefallen, als ich ihnen die ständig wechselnden Situationen erklären wollte. Das war besonders frustrierend für mich, als wir nach einem in unserer Gegend ruhigen Tag letzendlich von Soldaten gefunden wurden, mit denen ich auch recht ruhig verhandeln konnte. Die 2 Familien, die wir begleiteten, konnten in Ruhe ihre Oliven einpacken und mitnehmen. Aber dann… Wir bekamen die Erlaubnis, alle schnell ins Dorf zurückzugehen, machten uns mit drei Soldaten, die uns eskortierten, auf den Weg. Auf halbem Weg wurden wir von einem Jeep und drei weiteren Soldaten empfangen, alle sollten sich hinsetzen, Hände auf den Rücken. Recht schnell wählten sie dann die drei jungen Männer aus den Familien aus, fesselte sie und führten sie ab. Ich sprang hinzu, sah mich dann aber zwei weiteren Jeeps inklusive Inhalt gegenüber – unter anderem auch dem verrückten Siedler von gestern. Es waren also ca. 12 Soldaten um mich herum – und die zwei unschlüssigen schwerhörigen beiden Herrschaften waren sichtlich überfordert. Ich versuchte, wenigstens verbal zu intervenieren, bis zum Jeep liessen sie mich gar nicht durch. Doch ich stiess auf eine Mauer zynischen Schweigens, Grinsens und leeren Antworten. Alles ging wahnsinnig schnell und war chaotisch, die Soldaten waren sehr aggressiv mit den Palästinensern und aßen nebenbei und machten Witze.
Auch die Verhaftung der 4 aus unserer Gruppe war absolut überflüssig und vermeidbar, wenn die einfach gewusst hätten, wie sie sich hätten verhalten können. Sie kooperierten bereitwillig an Stellen, an denen das absolut falsch war, manche waren leider auch durch ihre Angst gelähmt.
Zwei von uns versuchten zwischen diesen beiden Vorkomnissen, einen Jeep zu blocken, in dem ein verhafteter alter Palästinenser sass. Sie versuchten ca. 30 Minuten seine Freilassung zu erzwingen, wurden dabei ziemlich übel behandelt. Im Endeffekt waren sie nicht erfolgreich. Die beiden beobachteten übrigens auch aus der Ferne die Aktion, während der die drei Palästinenser verhaftet wurden, als die Soldaten dies bemerkten, schossen sie einen Tränengasgranate auf sie. So konnten sie die weiteren Vorgaenge erst einmal für eine Weile nicht verfolgen…
Die Gegend, in der wir den Familien auch heute halfen, liegt zwischen Siedlerstrasse und Siedlung; es ist ihnen nicht gestattet, dort zu pflücken. Wohlgemerkt ist das Land, um das es geht, seit Jahrzehnten im Besitz der palästinensischen Familien, die benachbarte Siedlung und die Strasse sind noch jung, der Bau dieser beiden ist völkerrrechtlich verboten – die Enteignung und das Pflückverbot ebenso. Die Palästinenser werden also bestraft für ein Verbrechen, das keines ist, während die, die eines begehen, andere dessen bezichtigen…
Die Palästinenser erwartet nun eine unbestimmt lange Haftdauer und sicherlich keine freundliche Behandlung.
Wir haben Kontakt mit Knessetmitgliedern aufgenommen, die sich für ihre Freilassung einsetzen wollen, bis jetzt noch nicht erfolgreich…